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Außenaufnahme des Tatorts
In diesem Hotel fanden die Tötungen statt.
In diesem Hotel fanden die Tötungen statt.
APA/Max Slovencik

Doppelmord gestanden: Mann muss nicht in Haft

20.01.2025 um 16:48, Marcel Toifl & APA, Red
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Ein Bauarbeiter tötete brutal zwei Kollegen in Wien. Seine paranoide Schizophrenie brachte das Gericht zur Feststellung, der Mann sei schuldunfähig.

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Ein Bauarbeiter, der im Juli 2024 innerhalb einer Woche in einem Hotel in Wien-Alsergrund zwei Arbeitskollegen brutal getötet hatte, ist am Montag von einem Gericht in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen worden. Der Tischler leidet unter einer paranoiden Schizophrenie und hat die Taten unter Einfluss der Krankheit verübt. Er musste sich deshalb nicht wegen Doppelmordes verantworten, da er nicht schuldfähig ist. Die Entscheidung ist bereits rechtskräftig.

Gutachten

Ein von der Anklagebehörde eingeholtes psychiatrisches Gutachten ergab, dass der 35-Jährige zu den Tatzeitpunkten unter dem Einfluss einer nachhaltigen und schwerwiegenden psychischen Störung stand, die schon 2007 ausbrach, und diese maßgeblich für seine Handlungen war. Er hatte die beiden Opfer mit zahlreichen Faustschlägen und Tritten malträtiert und einen der beiden aus einem im vierten Stock gelegenen Fenster gestoßen.

Bedroht gefühlt

Er erklärte, er habe sich von den beiden Männern "bedroht" gefühlt. Diese hätten "der Mafia angehört". Sie seien für Morde in Tschechien verantwortlich, deshalb habe er sie töten müssen, sagte er dem Vorsitzenden des Schwurgerichts Andreas Böhm. Bei seiner Einvernahme bei der Polizei gab der 35-Jährige die Namen mehrerer Männer an, die in Tschechien getötet worden sein sollen – u. a. bei einer Tanzveranstaltung.
Die Exekutive ermittelte daraufhin und kam darauf, dass es diese Tötungsdelikte nicht gab. Ein angebliches Mordopfer lebt noch, ein zweiter Mensch ist bei einem Traktorunfall in Österreich ums Leben gekommen und bei den anderen Namen handelt es sich nicht um reelle Personen.

Falscher Eindruck

Die Angaben, die der Mann während seiner Beschuldigteneinvernahme in Wien machte, und sein Gesamteindruck hatten schon bei den polizeilichen Ermittlern Zweifel an dessen Zurechnungsfähigkeit erweckt. Zwei Wochen vor der ersten Tötung in Wien rief der Mann noch in Tschechien die Polizei, weil er sich bedroht fühlte. Tschechische Beamte brachten ihn in eine Psychiatrie, allerdings wurde er von dort rasch wieder entlassen.

Brutale Tötungen

Der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann stufte den Mann als zurechnungsunfähig, zugleich aber als gefährlich ein. "Was er mit den beiden Opfern gemacht hat, ist an Brutalität kaum zu überbieten", sagte Hofmann. "Es ging ihm darum, diese Person völlig zu zerstören." Der Gutachter bezeichnete den Betroffenen als "schizophrenen Serientäter" und es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass der 35-Jährige in absehbarer Zukunft unter dem Einfluss der Krankheit wieder eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen wird.

Gefährlicher Täter

Hofmann sprach sich deshalb für eine zeitlich unbefristete Unterbringung des Mannes in einem forensisch-therapeutischen Zentrum aus. Derzeit werde er mit einer Depotspritze alle vier Wochen behandelt, doch es brauche "eine entsprechende Zeit, bis die Behandlung greift", so der Sachverständige.

Schläge vor Fenstersturz

Bei dem ersten Todesfall – der 44-Jährige stürzte aus dem Fenster – war man zunächst von einem Unfall bzw. einem Suizid ausgegangen. Seine Leiche wurde rasch in seine Heimat in die Slowakei überstellt. Als im selben Hotel eine Woche später ein zweiter Kollege des Tschechen mit eingeschlagenem Schädel in seinem Zimmer aufgefunden wurde, änderte sich diese Einschätzung der Strafverfolgungsbehörden. Die Leiche des ersten Opfers wurde dann doch obduziert und die Gerichtsmedizin stellte fest, dass der Mann vor seinem Sturz Schläge kassiert hatte.

Für zweite Tat nach Wien

Der 35-Jährige erzählte am Montag vor Gericht, dass er extra für das zweite Tötungsdelikt nach Wien zurückgekehrt ist. Er beschaffte sich am 23. Juli eine Zutrittskarte für das Zimmer des 29-Jährigen und ging dann mit äußerster Brutalität gegen diesen vor.

Er hatte gemeinsam mit den beiden aus der Slowakei stammenden Opfern in derselben Firma gearbeitet, die die Arbeiter in einem Hotel unweit vom Franz-Josefs-Bahnhof untergebracht hatte. Zahlreiche Zeugen hörten bei dem zweiten Tötungsdelikt minutenlang laute Geräusche aus dem Zimmer, doch eingegriffen hat niemand.

Mann geständig

Der 35-Jährige wurde rasch ausgeforscht und bereits einen Tag nach seiner letzten Tat aufgrund eines Europäischen Haftbefehls in Tschechien festgenommen. Wenige Tage später wurde er an die österreichischen Behörden übergeben. Er zeigt sich tatsachengeständig, machte aber geltend, dass er von den Männern bedroht wurde.

Ähnliches Delikt in Tschechien

Der 35-Jährige ist bereits wegen eines ähnlichen Deliktes in seiner Heimat vor Gericht gestanden. Er saß sieben Jahre wegen Körperverletzung in Haft, weil er einen angeblichen Mörder stellen wollte. Die Tat erinnert sehr an die Delikte, die er dann in Wien begangen hat. Damals wurde in Tschechien ein psychiatrisches Gutachten erstellt, der damalige Sachverständige konnte jedoch keine psychische Erkrankung erkennen.

"Enormer Druck"

Sein Mandant sei "unter einem enormen Druck gestanden", ständig bedroht zu werden, sagte sein Anwalt Wolfgang Ebner. Auch Gutachter Hofmann berichtete, dass der 35-Jährige nie geheiratet und eine Familie gegründet habe, aus Angst, es könnte mit seinen Angehörigen etwas passieren. Der Mann habe sehr früh "einen komplexen Wahn entwickelt, der immer bizarrer wurde".

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