Der Erneuerer: Michael Ritsch
Weekend: Sie drücken aufs Gas, was sind vorrangigste Aufgaben?
Michael Ritsch: Corona half mir, die Zeit, die sonst mit einem klassischen Veranstaltungsmarathon belegt ist, zu nutzen. Ich habe die interne Struktur analysiert und verändert. Es geht mir nicht darum, Mitarbeiter abzubauen – eher gibt es zu wenig Personal in der Organisationsentwicklung. Es gilt, die richtigen Personen an die richtige Stelle zu setzen. Mein Motto: Bist du mit der Tätigkeit glücklich, kommuniziere das. Ich installiere gerade eine neue Abteilung Mobilitätsservice und Stadtentwicklung und hoffe, gute Leute dafür zu gewinnen.
Weekend: Bleibt „Bregenz Mitte“ ein Hauptthema?
Michael Ritsch: Gefühlt war diese Bürgermeisterwahl eine Wahl um das zentrale Thema Bahnhof. Mit „Bregenz Mitte“ überlegen wir, was ringsum diese künftig neu belebte, zentrale Mobilitätsdrehscheibe geschieht. Zuerst galt es Kassasturz zu machen und den Voranschlag 2021 und eine Finanzvorschau für 2025 vorzunehmen. Bereits ausverhandelte Großprojekte wie das Hallenbad mit 40 Mio Euro, der Festspielhausumbau mit 55 Mio Euro und der Bahnhof sind darin enthalten. Bei den rund 80 Mio Euro für den Bahnhof übernehmen 50 Mio die ÖBB, das Land 15 Mio Euro und die Stadt 15 Mio Euro. Corona beschert uns allein im heurigen Jahr 8 Mio Euro Mindereinnahmen. Nichtsdestotrotz bin ich der Überzeugung, dass die öffentliche Hand Jobmotor ist, öffentliche Investitionen sind notwendig!
Weekend: Wie sieht Bregenz in 10 Jahren aus?
Michael Ritsch: Es präsentiert sich als junge, moderne pulsierende Stadt. Ich möchte die Stimmung ändern. Dies kann nur dann geschehen, wenn sich in den Köpfen der Menschen etwas verändert - der Politiker und der Mitarbeiter. Ich versuche das vorzuleben: Der bisherige 5er BMW wird versteigert – ein Bürgermeister benötigt keine Staatskarosse. Wir kaufen als Ersatz ein E-Auto bei einem Bregenzer Händler. Neu sind auch 11 paritätisch besetzte Stadtteilvertreter. Sie vertreten Gebiete von jeweils ca. 3000 Einwohnern als Bindeglied zwischen Bürger, Rathaus und Politik. Gerade bei Stadtteilen wie zB der Achsiedlung benötigt es jemanden, der sich vor Ort um die Agenden kümmert.
Weekend: Kommt die kostenfreie Kinderbetreuung?
Michael Ritsch: Aufgrund der Förderrichtlinien des Landes, die Voraussetzung für die Refundierung der Personalkosten sind, müssen wir einen Tarifkorridor einhalten. Ich habe mit den Fraktionen bereits Gespräche geführt und breite Signale erhalten. Mit nächstem Kindergartenjahr sollen alle Eltern pro Jahr für 240 Euro Bregenz-Gutscheine pro Kind bekommen. Wir betreuen über 1000 Kinder in unseren Einrichtungen. Die Unterstützung für die Eltern soll gleichzeitig eine Förderung für den Bregenzer Handel und die Gastronomie sein. Damit erhalten auch armutsgefährdete Familien ihren Mindesttarif wieder retour und beleben die Wirtschaft.
Weekend: Ihr Wunsch für die Legislaturperiode?
Michael Ritsch: Ich hoffe, dass es uns gelingt breite Mehrheiten zu erzielen. Ein Politikstil Regierung versus Opposition sollte Vergangenheit sein. Die beste Idee sollte sich durchsetzen und nicht politische Befindlichkeiten.

Zur Person: Michael Ritsch
- geb. 9. Juli 1968 in Bregenz
- verheiratet mit Yvonne,
- zwei Töchter und ein Enkelkind
- Werdegang: Matura BG Blumenstraße, Gendarmerieschule, Gendarm in Lochau, 1992 - 2007 Gewerkschaftssekretär, 2004 - Oktober 2020 Landtagsabgeordneter, 2007 - 2016 Parteivorsitzender der SPÖ Vbg, 2017 - MBA, Uni Innsbruck, Personal-Organisationsentwicklung
- Hobbies: Kocht leidenschaftlich gern, Kurztrips