„Künstler gehen nicht in Pension“: Josef Herk im Interview
Inhalt
- Forderung nach neuer Haltung
- Rolle des Wirtschaftsflügels
- Klima und Wirtschaft
- Blick über den großen Teich
Geboren am 7. August 1960 in Knittelfeld, legte Herk 1979 die Matura mit Schwerpunkt Kraftfahrzeug- und Maschinenbau ab. 1988 übernahm er den elterlichen Betrieb. Seine politische Karriere begann 1995 beim Wirtschaftsbund Knittelfeld. 2006 wurde er Landesgruppen-Stellvertreter, seit 2012 ist er Vizepräsident des Österreichischen Wirtschaftsbundes. 2011 wurde er zum Präsidenten der WKO Steiermark gewählt.
Sie sind seit 13 Jahren Präsident der WKO Steiermark. Wie haben sich in dieser Zeit aus Ihrer Sicht die Rahmenbedingungen in der Wirtschaft verändert?
Herk: Die wesentlichste Veränderung ist, dass der Standort Österreich im internationalen Vergleich an Bedeutung verloren hat. Die Kosten sind erheblich gestiegen, was die Wettbewerbsfähigkeit stark beeinträchtigt. Steigende Lohnstück- und Energiekosten sowie die überbordende Bürokratie richten enormen Schaden an.
Bei Kinderskirennen gibt es nur noch Sieger, beim Fußball werden die Tore nicht gezählt, und wenn im Kindergarten ein Kind umfällt und sich verletzt, droht eine Klage.
Forderung nach neuer Haltung
Sie sind Anfang des Jahres für eine neue Haltung eingetreten. Meinten Sie damit die Unternehmer oder alle Österreicher?
Herk: Ich denke, dass sich in der Coronazeit eine verstärkte Hinwendung zur Work-Life-Balance entwickelt hat. Man verbrachte mehr Zeit zu Hause als im Betrieb, wodurch schleichend ein Anti-Leistungsfaktor in unsere Gesellschaft eingedrungen ist. Über alle Bereiche hinweg. Wir nutzen den Sozialstaat Vollzeit, wollen aber nur Teilzeit arbeiten. Nach dem Motto: Wer rechnet, arbeitet Teilzeit. Das kann sich aber auf Dauer nicht ausgehen. Wir müssen umdenken, Solidarität ist keine Einbahnstraße.
Was fordern Sie daher?
Herk: Es kann nicht sein, dass jemand, der Vollzeit arbeitet, gegenüber Teilzeitkräften benachteiligt wird. Und niemand mehr Überstunden macht, weil im Endeffekt nichts übrig bleibt. Hier gilt es, Leistungsanreize zu schaffen. Wir müssen auch nicht das Pensionsantrittsalter erhöhen, sondern zuerst einmal sicherstellen, dass wir das tatsächliche Antrittsalter erreichen. Zurzeit gehen wir früher in Pension als in den Siebzigerjahren.
Sind wir als Gesellschaft leistungsfeindlich?
Herk: Ja! Das fängt schon bei den Kindern an, die in Watte gepackt aufwachsen. Bei Kinderskirennen gibt es nur noch Sieger, beim Fußball werden die Tore nicht gezählt, und wenn im Kindergarten ein Kind umfällt und sich verletzt, droht eine Klage. Wir haben den Menschen Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit abgewöhnt.
Rolle des Wirtschaftsflügels
Christopher Drexler musste seinen Sessel räumen. Hat auch er zu wenig von dieser Haltung ausgestrahlt?
Herk: Das ist wie in jedem Unternehmen. Wenn der Chef nicht erfolgreich ist, wird er infrage gestellt. Bei aller persönlicher Wertschätzung muss man sagen, dass die Marke Drexler beim Wähler offensichtlich nicht gut angekommen ist.
Der Wirtschaftsflügel der ÖVP scheint derzeit eine entscheidende Rolle zu spielen. Auch im Bund hat er in der Koalitionsfrage immer wieder Stellung bezogen …
Herk: Das ist dem Ernst der Situation geschuldet. Der Druck auf die Unternehmen ist enorm hoch und das überträgt sich in die Politik. In guten Zeiten leistet man sich Dinge, auf die man in schlechten Zeiten verzichten muss.

Klima und Wirtschaft
Die Wirtschaft befindet sich in verschiedenen Branchen im Wandel. Stark betroffen ist der Automotiv-Sektor und damit auch die Steiermark. Treten Sie für ein Kippen des Verbrennerverbots ein?
Herk: Grundsätzlich bin ich für Technologieoffenheit und gegen Verbote. Ich möchte an dieser Stelle Professor List von der AVL zitieren, der gesagt hat, dass es technisch möglich ist, einen emissionsfreien Verbrennungsmotor zu entwickeln. Es ist legitim, dass die Politik Ziele vorgibt, sie sollte sich aber nicht in die technologische Umsetzung einmischen. Natürlich trifft diese Entwicklung die steirische Autozuliefer-Industrie massiv.
Sind Klimaschutz und Wirtschaft überhaupt miteinander vereinbar?
Herk: Die Wirtschaft ist nicht das Problem, sondern die Lösung. Das erlebe ich täglich in den Unternehmen. Die Maßnahmen, die in der Wirtschaft für mehr Klimaschutz gesetzt werden, würde ich mir auch im privaten Bereich wünschen. Unternehmer wissen genau, wie wichtig Energieeffizienz ist.
Leute wie Elon Musk glauben, dass Stimmen nicht gezählt, sondern gewogen werden sollten. Das bedroht unser demokratisches System.
Blick über den großen Teich
Wagen wir einen Blick nach Amerika. Freut man sich als Unternehmer, dass der reichste Mann der Welt eine so dominante Rolle spielt?
Herk: Nein, das macht mir Angst. Leute wie Elon Musk glauben, dass Stimmen nicht gezählt, sondern gewogen werden sollten. Das bedroht unser demokratisches System. Nehmen Sie die Wirtschaftskammer her. Jeder Unternehmer hat bei uns die gleiche Stimme, egal wie groß der Betrieb ist.
Zum Schluss eine persönliche Frage. Sie werden heuer 65 Jahre alt. Die meisten Menschen denken in diesem Alter an die Pension. Was treibt Sie an, weiterzumachen?
Herk: (lacht) Leidenschaft und Begeisterung. Künstler gehen schließlich auch nicht in Pension, sondern sterben irgendwann.