Tatort Kärnten: Wie sicher ist unser Bundesland?
Zwei aufsehenerregende Gewalttaten haben die Kärntner Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten erschüttert: In Klagenfurt attackierte ein 28-jähriger psychisch Kranker am helllichten Tag eine 62-Jährige in der Innenstadt und verletzte sie mit 30 bis 50 Messerstichen schwer. Dass die Frau diesen brutalen Angriff überlebte, war ausschließlich dem mutigen Einschreiten eines Passanten zu verdanken. Und in Villach bezahlten eine 43-jährige Mutter und ihr fünfjähriger Sohn die Attacke einer von blinder Eifersucht getriebenen 37-Jährigen mit dem Leben, als diese die beiden mit ihrem PKW gezielt erfasste. Derart schreckliche Verbrechen werfen augenblicklich Fragen zur öffentlichen Sicherheit auf und nähren in manchen von uns den Zweifel daran, sich tatsächlich stets angstfrei auf Kärntens Straßen bewegen zu können.
Rückläufige Kriminalstatistik
Laut des Leiters des Büros der Öffentlichkeitsarbeit der Landespolizeidirektion Kärnten, Rainer Dionisio, sind derlei Bedenken jedoch unangebracht und durch offizielle Statistiken leicht zu zerstreuen. So habe sich die Anzahl der in Kärnten verübten Straftaten innerhalb der vergangenen zehn Jahre um rund ein Drittel reduziert und sei von 30.034 (2011) auf 21.004 (2021) gesunken. Diese erfreuliche Entwicklung lasse sich zudem auch in dem Bereich der Gewaltdelikte (z.B. Mord, Körperverletzung oder sexueller Missbrauch) beobachten, der in demselben Zeitraum einen deutlichen Rückgang strafbarer Handlungen von 4.119 auf 3.462 aufweise. Für Dionisio ist es daher vor allem der medialen Wirkmächtigkeit, die besonders drastische Formen der Gewaltkriminalität entfalten, zuzuschreiben, dass das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger negativ beeinflusst wird.
Corona-Aggression
Nicht von der Hand zu weisen ist Dionisio zufolge jedoch ein erhöhtes Aggressionslevel innerhalb der Bevölkerung als Resultat der sozialen Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie. Ein Umstand, der sich unter anderem an einer erkennbaren Zunahme der Gewaltstraftaten für das Jahr 2021 ablesen lasse, der zu einem überwiegenden Teil auf Delikte im häuslichen Umfeld zurückzuführen ist. Von einer stärker ausgeprägten gesamtgesellschaftlichen Gewaltbereitschaft möchte Dionisio allerdings nicht sprechen. Viele seiner Kollegen würden jedoch eine sinkende Hemmschwelle für verbale und körperliche Attacken auf Polizisten wahrnehmen, insbesondere wenn es zu Amtshandlungen im Umfeld von Gruppen alkoholisierter oder unter dem Einfluss von Drogen stehender Personen komme. Den Beamten werden deshalb über regelmäßige Einsatztrainings verstärkt kommunikative Kompetenzen vermittelt, um solche Situationen souverän und besonnen handhaben zu können.
Videoüberwachung
Die Stadt Klagenfurt nahm die jüngsten Ereignisse jedenfalls zum Anlass, um der Verunsicherung in Teilen ihrer Bevölkerung mit einem umfangreichen Sicherheitsmaßnahmenpaket entgegenzuwirken. Selbiges beinhaltet neben einer verstärkten Streifentätigkeit des Ordnungsamtes auch eine angedachte Ausweitung der Videoüberwachung an neuralgischen Punkten. Rainer Dionisio begrüßt diese Überlegungen und verweist in diesem Zusammenhang auf den bereits bewährten Einsatz von Überwachungskameras auf dem Heiligengeistplatz, dem Pfarrplatz sowie in der Herrengasse. Dieser erziele nicht nur einen präventiven Effekt, sondern könne auch die Aufklärungsarbeit zu begangenen Straftaten immens erleichtern. Selbstverständlich müsse dabei allerdings auch die Einhaltung sämtlicher Datenschutzbestimmungen gewährleistet werden.
Online-Kriminalität
Darüber hinaus ist es dem Vertreter der Landespolizeidirektion ein persönliches Anliegen, die Aufmerksamkeit auf eine hochaktuelle und oftmals unterschätzte Form der Kriminalität zu lenken, die in öffentlichen Debatten nicht ausreichend berücksichtigt wird. Der Deliktsbereich der Internetkriminalität stellt für die Polizei laut Dionisio momentan eine der größten Herausforderungen dar und verzeichnet drastische Zuwachsraten. So sei die Anzahl der zur Anzeige gebrachten Straftaten auf diesem Sektor in den vergangenen zehn Jahren von 234 (2011) auf 2.179 (2021) nahezu explodiert. Hinzu komme, dass dabei immer höhere Schadenssummen beklagt würden und einer Strafverfolgung der Täter, aufgrund ihres weltweiten Agierens im Netz, nur minimale Erfolgschancen eingeräumt werden könnten. Dionisio plädiert daher eindringlich für einen zurückhaltenden Umgang mit persönlichen Daten im Internet sowie den Einsatz von Schutzmechanismen wie einer 2-Faktor-Authentifizierung (z.B. SMS-Tan). Außerdem sei eine erhöhte Skepsis bei Angeboten angebracht, die zu verlockend klingen, um wahr sein zu können.