Bachmann-Preis: Verena Gotthardt im Gespräch
Weekend: Wie lange schreiben Sie schon?
Verena Gotthardt: Ich schreibe seit ich 14 Jahre alt bin, damals war ich noch am Slowenischen Gymnasium, aber längere Texte schreibe ich seit ca. sechs Jahren.
Weekend: Wie war das Gefühl, als Sie erfahren haben, dass Sie dieses Jahr beim Bachmann-Preis teilnehmen?
Verena Gotthardt: Ich war gerade an der Uni, als der Anruf kam. Es war ein eigenartiges Gefühl, als mich Mara Delius angerufen hat, um es mir mitzuteilen. Ich habe danach meine Schwester angerufen und bin zurück in die Lehrveranstaltung gegangen, das war’s. Ich habe es zuerst nicht geglaubt, aber durch alle Gespräche und Interviews, die ich seither führe, fange ich langsam an, es zu verstehen.
Weekend: Wie hat Ihr Umfeld, Ihre Freunde reagiert?
Verena Gotthardt: Meine Freunde waren sich dessen gar nicht so richtig bewusst, sie haben am Anfang nicht wirklich verstanden, sie sind zum Teil auch nicht in diesen literarischen Kreisen. Das finde ich auch schön, so gibt es keinen Druck von Seiten der Freunde.
Weekend: Woher erhalten Sie Ihre Inspiration?
Verena Gotthardt: Ich beobachte sehr viel und gehe raus. Das Licht ist mir sehr wichtig, inspirierend ist zum Beispiel, wenn sich die Sonne abends legt und sich das Licht dadurch verändert. Ich studiere Bildende Kunst und Fotografie bei Gabriele Rothemann und die Impulse, wenn ich ein Gedicht schreibe oder fotografiere, sind die gleichen. Das Schreiben ist ein Prozess. Ich schreibe auch, wenn ich nicht schreibe. Alles, was vorher geschieht, wenn ich mit Freunden spazieren gehe oder wenn ich wo bin und beobachte – das ist wichtige Arbeit bevor ich mich hinsetze und das erste Wort schreibe. Die Arbeit ist dann eigentlich schon beendet. Ich schütte nur mehr alles raus, was in mir drin ist.
Obwohl das Schreiben mit Zweifeln verbunden ist, habe ich nie daran gezweifelt, zu schreiben.
Weekend: Auf welches Werk sind Sie besonders stolz?
Verena Gotthardt: Das fällt mir schwer zu sagen. Jetzt, wenn ich ältere Texte durchlese, betrachte ich es aus einem entfernteren Blickwinkel – ich habe mich verändert und damit verändern sich auch meine Texte. Ich bin stolz, dass ich noch immer die zwei Sprachen slowenisch und deutsch miteinander verbinden kann, dass die slowenische Sprache in meiner literarischen Arbeit präsent ist. Und obwohl das Schreiben mit Zweifeln verbunden ist, habe ich nie daran gezweifelt, zu schreiben.
Weekend: Wer hat Sie auf Ihrem Weg beeinflusst?
Verena Gotthardt: Auch wenn es etwas kitschig klingt; meine Vorbilder sind auf jeden Fall meine Eltern. Es ist nicht immer gleich und hängt vom Tag ab, manchmal ist es ein Autor, der mir sehr hilft, in anderen Augenblicken ist es ein Film oder Regisseur. Ich habe immer Menschen bewundert, Kärntner slowenische Autoren, die nicht nur auf Deutsch, sondern eben auch auf Slowenisch geschrieben haben. Das ist für mich ein sehr wichtiger Aspekt. In der Schulzeit war es Maja Millonig-Kupper, die mich im Schreiben stark unterstützt hat.
Weekend: Schreiben Sie lieber auf Deutsch oder auf Slowenisch?
Verena Gotthardt: Ich habe keine Präferenz in diesem Sinne; Lyrik liegt mir mehr auf Slowenisch, Prosa verfasse ich lieber auf Deutsch.
Weekend: Wie haben Sie als Autorin die Corona-Krise verbracht?
Verena Gotthardt: Für mich hat sich nichts verändert, es ist mein Alltag, ich war viel allein und habe mir viel Zeit für das Schreiben und Beobachten genommen. Das Einzige, was sich verändert hat, war, dass auch andere Leute mit sich allein waren und sich so mit sich selbst beschäftigen mussten.
Weekend: Nehmen Ihre Texte auch politischen Einfluss?
Verena Gotthardt: Was ich gut kann, ist das Schreiben. Dass ich als Kärntner Slowenin schreibe und bei Wettbewerben teilnehme, dass ich hier bin, dass ich schreibe – das ist Zeichen genug.
Weekend: Lesen Sie zurzeit ein Buch? Wenn ja, welches?
Verena Gotthardt: Zurzeit lese ich „Der Augenblick der Fotografie“ von John Berger – das Schreiben und Fotografieren, es ist für mich sehr eng miteinander verbunden.
Zur Person
Verena Gotthardt studiert an der Universität für angewandte Kunst in der Klasse von Gabriele Rothemann Bildende Kunst und Fotografie. Eingeladen zum Bachmann-Wettlesen wurde sie von Maria Delius. 2016 erhielt Gotthardt den Förderungspreis für Literatur des Landes Kärnten. Sie ist Mitglied der Grazer Autorenversammlung und des Verbandes slowenischer SchriftstellerInnen in Österreich. Als Kärntner Slowenin schreibt sie in beiden Landessprachen. Veröffentlicht hat sie unter anderem im Hermagoras Verlag/ Mohorjeva založba „herausgehen“ (Erzählungen) und „Najdeni nič“ (Gefundenes Nichts) (Gedichte).