Regel-Rätsel für ORF-Crew: Ab zur Abseits-Schulung, bitte!
Worum ging es?
In der 80. Minute des Nations-League-Finales zwischen Frankreich und Spanien, beim Stand von 1:1, spielte Theo Hernandez den Ball auf Mbappé, dieser traf zum 2:1-Endstand. Mbappé stand zwar eigentlich im Abseits, aber weil der spanische Verteidiger aktiv zum Ball ging und die Kugel beim Klärungsversuch berührte, wurde das Abseits aufgehoben – das Tor war damit korrekt. Das stellte Referee Taylor am Feld sofort fest und er wurde auch vom Video-Assistenten recht zügig in dieser Ansicht bestätigt.
Das Schlüsselwort im Reglement ist "deliberate play", also ein bewusster Spielzug. Wäre der Verteidiger angeschossen worden oder gar nicht zum Ball gegangen, wäre das Tor als Abseits zurückgenommen worden.
Man kann diese Regel als realitätsfremd empfinden. Aber die Regel ist nun mal da, und zwar nicht erst seit gestern, sondern seit 2013.
Rätselraten bei den "4P" des ORF
Die "4P" des ORF – also Polzer, Pariasek, Prohaska und Payer – tappten jedoch völlig im Dunkeln. Im Live-Kommentar erkannten Polzer und Payer auch nach zig Wiederholungen den Grund nicht, warum das Tor zählte. Und nach dem Match im Studio ging das Rätselraten weiter. "Das muss ein anderer Kamera-Winkel gewesen sein", sagte Pariasek. "Ich habe jetzt drei Wiederholungen geshen, in allen sieht es nach Abseits aus", meinte Payer. "Da gibt's überhaupt keine zwei Meinungen", war Prohaska konsterniert. "Ich versteh's gar nicht. Gibt es etwa noch eine Steigerung zum VAR?", sinnierte Payer.
Dann wäre die Crew der richtigen Antwort auf der Spur gewesen. "Kann es sein, dass hier der Spanier noch am Ball war?", fragte Pariasek bei einer weiteren Wiederholung. "Ja, aber das kann doch keine neue Spielsituation auslösen", schmetterte Prohaska den eigentlich richtigen Einwand von Pariasek ab.
Erst eine Nachricht von Ex-Referee Thomas Steiner klärte die Regel-Unkundigen des ORF auf. Einsicht stellte sich bei Herbert Prohaska aber immer noch nicht ein, er redete sich geradezu in Rage: "Man kann jetzt nicht auf einmal eine neue Regel machen, dass wenn ein Spieler den Ball berührt!"
"Neu" ist die Regel auch nicht. Sie ist acht Jahre alt.
Auch die deutschen Kommentatoren auf DAZN, Jan Platte und Alexis Balague, haben die Sachlage nicht sofort richtig erkannt – aber zwei, drei Minuten später bei der Wiederholung haben sie erkannt, warum der Treffer zählte.
Ab zur Regelkunde!
Bei aller (berechtigten) Kritik am Regelwerk: Dass VIER Experten an den Mikrofonen sitzen und KEINER von ihnen regelfest ist, kann nur als blamabel für Polzer, Pariasek, Prohaska und Payer gelten. Von Reportern, die mit dem Übertragen von Fußballspielen gutes Geld verdienen, muss man einfach verlangen können, dass sie den Zusehern die gültigen Regeln vermitteln können.
Also: Ab zu Nachhilfe! Eine Regelschulung wäre dringend angebracht.