Mercedes: Schlechte Verlierer nach Formel-1-Finale?
Keine Frage: Die Rennleitung hatte in der entscheidenden Phase der WM-Entscheidung keine gute Figur gemacht und die eigenen Regeln zumindest gedehnt. "Monty Python hätten wohl einen besseren Job in der Rennleitung gemacht", ätzte F1-Experte Edd Straw im populären Podcast auf "The Race".
Bei Mercedes fand man die letzten fünf Runden des Rennens in Abu Dhabi gar nicht lustig - im Gegenteil. Toto Wolff und seine Crew fühlten sich auf den Arm genommen und um den sicheren WM-Titel von Lewis Hamilton betrogen. "Das war sowas von nicht in Ordnung", brüllte Wolff dem Rennleiter Michael Masi schon während der letzten Runde halb verzweifelt, halb erschüttert ins Ohr.
Kein öffentliches Statement
Lewis Hamilton brauchte ein paar Minuten, um sich zu sammeln, gratulierte dann aber Max Verstappen noch vor der Siegerehrung und schüttelte auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner zumindest im Vorbeigehen die Hand. Auch sein Vater Anthony Hamilton ging sowohl zu Max als auch dessen Vater Jos Verstappen und gratulierte ihnen mit sichtbarer Herzlichkeit. Toto Wolff aber - der normalerweise der erste ist, der am Sky- oder ORF-Mikro Rede und Antwort steht (und sich jeweils mit Red-Bull-Motorsportleiter Helmut Marko abwechselt) - ging auf totale Tauchstation.
Weder bei Ernst Hausleitner und Alexander Wurz im österreichischen TV tauchte Wolff auf, noch bei Peter Hardenacke, Ralf Schumacher und Timo Glock im deutschen Sky oder bei Simon Lazenby, Nico Rosberg, Jenson Button und Damon Hill im englischen Sky oder bei Steve Jones, David Coulthard und Mark Webber beim britischen "Channel 4" - nichts.
Protest, Protest, Protest
Lewis Hamilton erschien nicht zur obligatorischen Pressekonferenz nach dem Rennen - was sicher einige Tausend Dollar Strafe kosten wird - und Wolff verbarrikadierte sich erst in der Mercedes-Hospitality und handelte dann bei der Rennleitung seine Proteste gegen die Wertung des Rennens ab. Begründung: Offentlichliche Regelverstöße der Rennleitung.
Als diese um 23 Uhr Ortszeit - also um rund 20 Uhr unserer Zeit - abgelehnt wurden, kündigte Mercedes sofort Berufung an. Bis Donnerstag Abend müssen sich Wolff und Co. entscheiden, ob sie tatsächlich Berufung einlegen werden, da läuft die Frist ab.
Schlechte PR?
Die Chance, dass diese Berufung durchgeht, wird allenthalben als praktisch Null angesehen. Eher dürfte es für das Image eines schlechten Verlierers sorgen: Seit 2014 hat Mercedes alles gewonnen, und beim ersten Mal, als es hauchdünn nicht klappt, will man so lange protestieren, bis einem doch recht gegeben wird - oder auch nicht?
Womöglich setzt sich nach ein- oder zweimal drüber schlafen doch die Erkenntnis durch, dass man das Finale bei Mercedes zwar nicht gut fand. Es aber doch besser wäre, es darauf beruhen zu lassen, weil man sich sonst eher nur selbst schädigen würde - und stattdessen zu fordern, dass das Regelwerk klarer gestaltet wird und es weniger spontanen Gestaltungsspielraum für die Rennleitung gibt...