Michi Buchinger im Interview: "Hass ist ein Ventil"
weekend: Sowohl in deinem neuen Buch als auch im Kabarett ist Hass ein zentrales Thema. Ist das nicht in Zeiten von Corona und Spaltungen problematisch?
Michi Buchinger: Nein, ich finde ich habe das gut gemacht. Es ist polarisierend und die Leute lieben es, sich über etwas aufzuregen. Aber ich glaube, wenn man ins Kabarett kommt, meinem Podcast lauscht oder meine YouTube-Videos schaut, checkt man sehr schnell, dass das kein wirklicher Hass ist. Eher Dinge, die ich nervig finde.
weekend: Und wie viel "Hass" ist gesund?
Michi Buchinger: Wenn man beispielsweise bei einer Cocktailparty gemeinsam ablästert, ist das ein gesunder Hass. Beim Hass geht es ja auch ums Verstanden-Werden und Verstanden-Fühlen. Es kann gut tun und ist ein Ventil. Geteiltes Leid ist halbes Leid und geteilter Hass ist halb so schlimm. Das sehe ich auch als meine Mission: Dass ich meine Wahrheit sage. Wenn sich irgendjemand damit identifizieren kann und sich dadurch etwas besser fühlt, finde ich das sehr schön.
weekend: Gibt es etwas, das du wirklich hasst?
Michi Buchinger: Ausgrenzung, Intoleranz, Rassismus, Hitler
"Geteiltes Leid ist halbes Leid und geteilter Hass ist halb so schlimm."
weekend: Apropos Intoleranz: Als öffentliche Person stehst du als eine der wenigen offen zu deiner Homosexualität. Wie erlebst du diese Situation in Österreich?
Michi Buchinger: Mir war es nicht bewusst, dass nur wenige Leute dazu stehen. Ich finde es immer gut, wenn Leute sich outen, weil es für die Visability wichtig ist. Vor ein, zwei Jahren hat sich beispielsweise Anti Knoll geoutet. Er ist ja so ein ORF-Gesicht, das man seit 20-30 Jahren kennt. Und wenn diese Person dann meint, ups, ich war jetzt die ganze Zeit über schwul und ihr habt mich trotzdem cool gefunden, dann löst das bei vielen Personen mit einem veralteten Weltbild etwa aus. In meiner Bubble der Medienwelt ist Homosexualität ja nichts Ungewöhnliches. Ich frag mich dann immer, wie es im echten Österreich ausschaut.
weekend: Du selbst bist ja in einem Dorf aufgewachsen?
Michi Buchinger: Ja, aber in einem Dorf, das 40 Minuten von Wien entfernt ist. Da spürt man die Nähe zur Großstadt. Meine Jugend war schon ein bisschen schwierig. Aber ich glaube das ist oft so – vielen Jugendlichen geht es ähnlich.
weekend: Und wie gehst du gewöhnlich mit Hass-Kommentaren um?
Michi Buchinger: Es stört mich nicht. Ein negativer Kommentar bleibt nur dann hängen, wenn daran etwas wahr ist. Wenn ich zum Beispiel einen Auftritt von mir nicht so gut gefunden habe, und mir dann jemand auf Insta schreibt und dieses Empfinden bestätigt, wurmt mich das. Dann ist es wurscht, ob die anderen 99 Personen sagen, dass das Kabarett geil war. Aber ansonsten lass ich nur mehr wenig an mich ran. Nach 12 Jahren im Internet habe ich weniges noch nicht gehört.
weekend: Du hast mit YouTube angefangen, bist mittlerweile Influenzier, Autor, Kabarettist und hast einen Podcast. Als was würdest du dich bezeichnen?
Michi Buchinger: Schau, wenn ich sage, dass ich Influencer bin, dann haben die Leute immer ein gewisses Bild von mir. Es klingt auf jeden Fall deeper, wenn ich mich als Kabarettist bezeichne. Aber eigentlich würde ich mich Entertainer nennen. Das ist allumfassend.
weekend: Die Arbeit von Influencern wird oft belächelt. Wie siehst du das?
Michi Buchinger: Ich kann nur für mich sprechen: Dieses Influencen kann schon anstrengend sein, wenn man es richtig macht. Ich nehme es aber nicht immer so ernst. Es ist bei mir einfach keine 60h Woche. Und das Konsumieren von Social Media zählt für mich nicht als Arbeit.
weekend: Gibt es etwas an der Influencer-Branche, das dich nervt?
Michi Buchinger: Natürlich, die Oberflächlichkeit. Die Branche ist eine Scheinwelt, ich bin aber auch ein Teil davon. Bei Events ist es oft so, dass alle am Handy hängen. Ich kann mich gut an ein Konzert von Harry Styles in Berlin erinnern. Wenn wir gefilmt wurden, haben alle abgeshaked, Sobald die Kamera aus war, waren alle am Handy. Mir ist es da schon wichtiger, den Moment zu genießen.