Michael Ostrowski: Auf den Spuren von Tarantino
weekend: Anfang Mai startet dein neuer Film "Der Onkel" im Kino. Was dürfen wir uns erwarten?
Michael Ostrowski: Es geht um einen Typen, der nach vielen Jahren zurückkehrt und sich in das Haus seines ins Koma gefallenen Bruders einschleicht. Niemand kennt seine Intentionen, aber man merkt, dass er auf seine Schwägerin steht und da vor 15 Jahren mal was gelaufen ist. Mit seiner Rückkehr sticht er sozusagen in ein Wespennest und alles fliegt hoch. Er wirkt wie ein Katalysator.
weekend: Du schreibst derzeit auch den Roman zum Film.
Ostrowski: Er wird gerade fertig und erscheint dann pünktlich zum Weihnachtsgeschäft im November (lacht). Ehrlich gesagt habe ich im letzten Jahr vor lauter Drehen schon einen Schwindel bekommen. Also habe ich mich hingesetzt und mir gedacht, ich mach jetzt etwas für mich. Inspiriert von Tarantinos "Once Upon a Time in Hollywood" habe ich den Roman begonnen. Natürlich bediene ich mich am Film, aber ein Buch ist etwas ganz anderes. Beim Drehbuch reduzierst du, im Roman kannst du alles erzählen.
weekend: Was hat dich zum Stoff inspiriert?
Ostrowski: Ich finde den Grundgedanken spannend: Was passiert in einer dramatischen Situation, wenn plötzlich jemand auftaucht und helfen möchte? Und man aber keine Ahnung von der Person hat. Ich trachte danach, etwas Neues zu schaffen. Das war auch der Grund, wieso ich angefangen habe, Drehbücher zu schreiben. Es gibt coole österreichische Filme, aber das, was ich echt lustig und schräg finde, findet man im Film nicht. Das möchte ich aber sehen, also mache ich es selbst.
weekend: Du bist für deine schrägen Figuren bekannt, hast aber teilweise auch einen recht konventionellen Weg eingeschlagen, beispielsweise mit deiner Rolle in "Vier Frauen und ein Todesfall". Warum?
Ostrowski: Ich würde sagen, dass es mir grad bei den vier Frauen möglich war, absolut schräge Sachen machen zu können.
weekend: Deine Figur war schräg, die Machart der Serie eher nicht.
Ostrowski: Finde ich überhaupt nicht schlimm. Wenn das Drehbuch gut geschrieben ist, die Regie und die Schauspieler passen, ist das doch egal. Ich persönlich habe als Schauspieler nicht den Ansatz, jedes Mal die Welt neu zu erfinden.
Ehrlich gesagt habe ich im letzten Jahr vor lauter Drehen schon einen Schwindel bekommen.
weekend: Kommen wir noch mal zum Onkel: Der Film ist ja quasi ein Familienprojekt. An deiner Seite spielen deine Frau Hilde Dalik und deine Kinder. War das geplant?
Ostrowski: Total ungeplant. Am Drehbuch habe ich jahrelang geschrieben und irgendwann waren meine Kinder im Spielalter der Figuren. Mein Sohn wollte wissen, wie so ein Casting abläuft, also hat er einen Monolog eingesprochen und ich habe ihn gefilmt. Das Video habe ich unserer Casting-Agentin geschickt und die war begeistert. Natürlich habe ich mich gefragt, ob ich das machen kann. Aber im Film verfolge ich ein Prinzip: Das, was für den Dreh am besten ist, muss geschehen. Erst, wenn der Produzent und die Schauspieler ihr Ego zurückstecken können, hat der Film die Chance, wirklich gut zu werden.
weekend: Dein Privatleben hast du immer von der Öffentlichkeit ferngehalten. Ist das jetzt vorbei?
Ostrowski: Würde ich nicht sagen. Dass meine Kinder mitspielen, hat sich so ergeben, aber ich lade trotzdem keine Journalisten zu einer Home Story ein.
weekend: Würdest du die Schauspielerei deinen Kindern als Beruf empfehlen?
Ostrowski: Ich kenne fast keinen Schauspieler, der das tun würde (lacht). Ich glaube, das hat damit zu tun, dass man selbst nur zu gut weiß, wie nah man immer an der Ablehnung ist. Dieses ständige Beurteilt-Werden ist schon bitter. Ich bin total glücklich mit meinem Beruf, aber meinen Kindern würde ich das nicht raten.
weekend: Da entsteht ja auch ein großer Druck. Wie gehst du damit um?
Ostrowski: Es ist nicht leicht. Im Laufe der Zeit bekommt man natürlich eine dickere Haut, wirklich wurscht ist mir aber nie was.
weekend: Heißt das, du liest auf Social Media auch Kommentare?
Ostrowski: Nein, dem habe ich abgeschworen. Ich bin kaum auf Social Media und habe ein eher passives Profil. Ich gehe lieber durch die Welt und rede mit den Menschen. Das ist weitaus ehrlicher. In der Anonymität des Internets ist es leicht, etwas zu kritisieren.
weekend: Apropos: Im letzten Frühling haben einige deiner Kollegen mit der Aktion #allesdichtmachen für Furore gesorgt. Du hast daran Kritik geübt.
Ostrowski: Ich wurde tatsächlich gefragt, ob ich mitmachen wollte und habe eine lange Absage formuliert. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das eine Schuss-ins-Knie-Aktion war. Natürlich darf man gewisse Dinge hinterfragen, aber die haben sich mit der Aktion wirklich übernommen. Und ich kenne die Leute, das sind keine Trotteln.
Ich bin total glücklich mit meinem Beruf, aber meinen Kindern würde ich das nicht raten.
weekend: Wo wir beim Thema wären: Wie ist es dir in den letzten beiden Jahren gegangen?
Ostrowski: Für mich war die Zeit geprägt von zwei Dingen: Ich habe eine kleine Tochter bekommen und eben den Onkel gemacht. Hätte ich mich nicht so stark auf meine Arbeit fokussiert, hätte ich die Zeit viel schwerer geschafft. Soziale Interaktion ist mein Lebenselixier.
weekend: Mit der Ukraine sind wir jetzt in der nächsten Krise: Müssen wir aus diesem Angstmodus, der sich in letzter Zeit aufgebaut hat, ausbrechen?
Ostrowski: Ich glaube man muss aktiv sein. Durch den Krieg und Corona hat sich vieles wieder in Perspektive gesetzt. Ich für meinen Teil weiß noch besser, wofür ich einstehen möchte. Wir müssen raus aus der Panik und die Veränderung schaffen, die die Welt braucht. Aber generell muss man aus allem das Beste machen, das ist eine Lebensphilosophie.