Wie krank ist Wladimir Putin?
Die Aufnahme, veröffentlicht am 21. April, zeigt Wladimir Putin (70), wie er sich von Verteidigungsminister Sergej Shoigu Bericht erstatten lässt. Zwölf Minuten lang klammert sich Putin mit der rechten Hand krampfhaft an der Tischplatte fest, während sein Fuß unruhig zappelt. Sein Gesicht wirkt aufgedunsen, der Blick ist geradeaus gerichtet, der Oberkörper in sich zusammengesunken. Ist das ein Zeichen einer Nervenkrankheit?
Parkinson, Krebs, Rückenprobleme
Seit längerem gibt es Gerüchte über eine Erkrankung des russischen Präsidenten, befeuert durch Videos, in dem er sich unkoordiniert bewegt oder durch einen starren Gesichtsausdruck auffällt. Mal wird Parkinson vermutet, mal eine schwere Wirbelsäulenverletzung nach einem Reitunfall oder eine psychische Erkrankung. 2020 behauptete der nur bedingt glaubwürdige regimekritische Historiker Waleri Solowej, Putin sei an Krebs erkrankt und nähme schwere Medikamente – was vom Kreml sofort dementiert wurde.
Reine Ferndiagnosen
Manche Beobachter meinen, dass der grotesk lange Tisch, an dem Putin ausländische Staatsgäste empfing, eigentlich dazu diente, diesen die Krankheitszeichen des Gesprächspartners zu verschleiern. Emmanuel Macron sagte nach einem fünfstündigen Gespräch mit Putin, dass dieser „anders als früher“ wirke, jetzt „steifer und isolierter“ sei. Handfeste Beweise oder stichfeste Indizien für eine Krankheit gibt es keine.
Der Kreml mauert
Offiziell ist Putins Gesundheit selbstverständlich nur die allerbeste. Mitglieder eines russischen Journalistenkollektivs, das eine auf Indizien basierende „Krankenakte“ Putins recherchierte, wurden 2021 zu „ausländischen Agenten“ erklärt und mussten ins Exil. In Diktaturen ist die Gesundheit des Staatsoberhaupts sakrosankt. Stark muss der Führer sein, voller Energie und von Gesundheit strotzend. Fotos oder Filme, die den starken Mann in geschwächtem Zustand zeigen, fallen der Zensur zum Opfer, ungünstige Diagnosen oder schwere Operationen sind kein Thema für Presseverlautbarungen.
Auch Hitler und Stalin waren kranke Männer
Von Adolf Hitler weiß man, dass er an chronischen Verdauungsbeschwerden, Bluthochdruck und – in den letzten Kriegsjahren – an Parkinson litt. Außerdem dürfte er Barbituriat- und Pervitinsüchtig gewesen sein („Pervitin“ war ein damals weitverbreitetes Aufputschmittel). Besucher, die Hitler gegen Ende des Krieges persönlich zu Gesicht bekamen, waren entsetzt über seinen körperlichen Verfall. Sein Kontrahent, der sowjetische Diktator Josef Stalin, wurde ebenfalls gegen Ende seines Lebens immer kränker. Er laborierte an Bluthochdruck und rheumatoider Arthritis, die dazu führte, dass er seine Stiefel kaum mehr auszog. Sein Hauptproblem war allerdings eine schwere Arteriosklerose. Trotz einiger Schlaganfälle blieb er ein starker Raucher und Trinker und litt ab 1950 an Gedächtnis- und Sprachproblemen. 1953 erlag er in seiner Datscha einem nächtlichen Gehirnschlag.