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Peter Pilz vor Gericht
Peter Pilz muss sich vor Gericht wegen verbotener Veröffentlichung und übler Nachrede verantworten.
Peter Pilz muss sich vor Gericht wegen verbotener Veröffentlichung und übler Nachrede verantworten.
APA

"Amtlicher Mordversuch": Prozess gegen Peter Pilz

05.07.2024 um 13:46, Stefanie Hermann & APA, Red
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Peter Pilz muss sich wegen verbotener Veröffentlichung und übler Nachrede vor Gericht verantworten. Er weist die Vorwürfe zurück.

Am Freitag ist am Wiener Landesgericht gegen den früheren Nationalratsabgeordneten Peter Pilz wegen verbotener Veröffentlichung (Paragraf 301 StGB) und übler Nachrede verhandelt worden. Der Ex-Politiker wies die Vorwürfe als haltlos zurück. Sein Vorgehen sei "notwendig, richtig und rechtmäßig" gewesen. Die Verhandlung wurde zur weiteren Beweisaufnahme auf unbestimmte Zeit vertagt.

Immunität verzögerte Prozess

In dem Verfahren geht es um drei Anklagepunkte, die bis zu 24 Jahre zurückliegen und die jetzt verspätet verhandelt werden, weil Pilz zunächst als Mandatar für die Grünen und später für die von ihm gegründete Liste JETZT parlamentarische Immunität genossen hat. Erst nach seinem Ausscheiden aus der Politik wurden die Ermittlungen wieder aufgegriffen. In der sogenannten Spitzel-Affäre, bei der es um angeblich von der FPÖ beauftragte verbotene Datenabfragen aus dem Polizei-Computer ging, hatte Pilz im Oktober 2000 ebenso aus der Amtsverschwiegenheit unterliegenden Disziplinarakten zitiert wie acht Jahre später im Zusammenhang mit Ermittlungen zum Fall Natascha Kampusch. Da präsentierte Pilz der Öffentlichkeit ein Erkenntnis der beim Innenministerium eingerichteten Disziplinarkommission.

Pilz verteidigt Vorgehen

Das sei kein Rechtsbruch, sondern Teil seiner Arbeit als parlamentarischer Abgeordneter gewesen, meinte Pilz in seiner Beschuldigteneinvernahme: "Wir (gemeint: die Abgeordneten, Anm.) haben uns selbst das Recht gegeben, aus Akten zitieren zu dürfen." Das sei unabdingbar, "damit wir die Verwaltung kontrollieren können". Die Amtsverschwiegenheit habe für ihn nicht gegolten, zeigte sich der Angeklagte überzeugt: "Das Beamtendienstrechtsgesetz stellt für Abgeordnete mit Sicherheit keine Grenzen dar. Wir sind ausschließlich durch das Strafrecht beschränkt."

"Amtlicher Mordversuch"

Die inkriminierte üble Nachrede bzw. Beleidigung fußte auf einer Anzeige, die das damals von Herbert Kickl (FPÖ) geführte Innenministerium gegen Pilz erstattet hatte, weil man sich im April 2018 von einer Presseaussendung verunglimpft sah. Pilz hatte in dieser die Abschiebung eines afghanischen Flüchtlings als "amtlichen Mordversuch" bezeichnet und den Behörden unterstellt, diese würden den Mann "seinen Henkern und seinen Steinigern in Afghanistan" ausliefern."Das hat sich auf eine akute Gefährdung des Asylwerbers bezogen", bemerkte Pilz nun dazu. Der Mann hätte sich in seiner Heimat in Lebensgefahr befunden, weil sein ebenfalls geflüchteter Bruder zum Christentum konvertiert war. Das Vorgehen der Behörden gegen den Mann, der bestens integriert gewesen sei und gute Deutschkenntnisse gehabt hätte, habe ihn empört. Das Erkenntnis, mit dem der Mann in Schubhaft genommen und in weiterer Folge außer Landes gebracht wurde, sei später auch als rechtswidrig aufgehoben worden. "Da war er aber schon abgeschoben", meinte Pilz.

Pilz kritisiert StA

Der Angeklagte kritisierte die Staatsanwaltschaft, die in dieser Sache nicht ermittelt hätte. Er habe herausgefunden, dass sich der seinerzeit nach Afghanistan zurückgebrachte Mann inzwischen rechtmäßig in Deutschland aufhalte. Zum nächsten Verhandlungstermin wird der angeblich in Augsburg wohnhafte Mann als Zeuge geladen. Auch der Asyl-Akt des Afghanen wird beigeschafft, zumal Pilz dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vorgeworfen hatte, man habe "vorsätzlich eine vor Unwahrheiten strotzende Niederschrift produziert" und "entscheidende Fakten verfälscht", um den Mann abschieben zu können.

Drohende Haft

Im Fall eine Verurteilung droht dem Angeklagten eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen oder bis zu einem Jahr Haft. Pilz und sein Verteidiger Johannes Zink sind überzeugt, dass das Gericht am Ende einen Freispruch fällen wird.

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