Orbán: "Wollen nicht gemischtrassig werden"
Kaum ein Thema, bei dem Viktor Orbán nicht vom europäischen Kurs abweicht. Nur wenige Tage vor dem Staatsbesuch des ungarischen Ministerpräsidenten in Österreich gehen die Wogen jetzt abermals hoch. Bei einer Rede vor Anhängern im rumänischen Kurort Baile Tusnad schockiert der ungarische Regierungschef mit offen rassistischen Aussagen.
"Nicht bereit uns zu vermischen"
"Es gibt nämlich jene Welt, in der sich die europäischen Völker mit den Ankömmlingen von außerhalb Europas vermischen. Das ist eine gemischtrassige Welt." Das Gegenteil dazu sei das Karpatenbecken. Dort würden sich europäische Völker wie Ungarn, Rumänen, Slowaken und andere miteinander vermischen. "Wir sind bereit, uns miteinander zu vermischen, aber wir wollen nicht zu Gemischtrassigen werden."
Wir sind bereit, uns miteinander zu vermischen, aber wir wollen nicht zu Gemischtrassigen werden.
Vergleich mit Nazi-Propagandaminister Goebbels
Dass es unterschiedliche menschliche Rassen gibt, ist wissenschaftlich nicht haltbar. Als Konzept war die Theorie aber ein essentieller Teil der nationalsozialistischen Weltanschauung. Die Beauftragte des ungarischen Ministerpräsidenten für gesellschaftlichen Anschluss, Zsuzsa Hegedüs, hat nach Orbáns Rede das Handtuch geschmissen. Sie hätte bisher immer zu Orbán gehalten. Seine nun erfolgten rassistischen Äußerungen, "die selbst Goebbels gefallen hätten", seien aber über die Grenzen der Akzeptanz hinausgegangen, begründet sie ihren Rücktritt.
Gas-Know-How von Deutschen holen
Damit aber nicht genug. Orbán hat zudem zu einem Rundumschlag gegen EU-Partner ausgeholt. So hat er etwa die vermeintliche Faulheit südeuropäischer Staaten kritisiert - und einen verstörenden Gas-Witz gemacht."Da ist zum Beispiel der neueste Vorschlag der EU-Kommission, der besagt, dass jeder seinen Gasverbrauch verpflichtend um 15 Prozent senken soll. Ich sehe nicht, wie das erzwungen werden soll, obwohl es dafür deutsches Know-how gibt, von früher, meine ich", sagte er in offenkundiger Anspielung auf die Gaskammern des Nazi-Regimes.
Nehammer schweigt
Bislang hat Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), der Orbán diese Woche in Wien empfängt, zur Skandalrede noch keine Stellung genommen. Bei der Bekanntgabe des Besuchs am Donnerstag hob der Kanzler den Gleichklang mit Orbán im Kampf gegen illegale Migration hervor und bezeichnete Ungarn als "wichtigen Nachbar und Partner". "Ich freue mich darauf, Viktor Orbán in Wien zu begrüßen", erklärte der ÖVP-Chef auf Twitter.
Nächste Woche kommt der ungarische Premierminister Viktor Orban nach Wien. Ungarn ist für uns ein wichtiger Nachbar & Partner, beide Länder sind stark von irregulärer Migration betroffen, die wir gemeinsam bekämpfen wollen. Ich freue mich darauf, Viktor Orban in Wien zu begrüßen!
— Karl Nehammer (@karlnehammer) July 21, 2022
Druck auf Österreich
Das Internationale Auschwitz Komitee zeigt sich "alarmiert und entsetzt" über die rassistischen Ausfälle. Es fordert Nehammer zum Handeln auf. Der Kanzler solle Orbán mitteilen, "wie seine rassistischen Ausflüge in die Vergangenheit und in die Zukunft Europas innerhalb der Europäischen Union bewertet werden". Als erster der europäischen Kollegen habe er die Möglichkeit, mit diesem über die Rede zu sprechen. Auch die Europaabgeordnete Bettina Vollath (SPÖ) findet für den Besuch eindeutige Worte: "Orbán unter den derzeitigen Umständen mit offenen Armen zu empfangen und dabei gute Zusammenarbeit zu loben, sendet völlig falsche Signale an den Rest der EU", so Vollath.