Niemandsland: ÖVP zwischen Angst und Agonie
Man ist jeden Tag aufs Neue erstaunt, wie hochbezahlte Verantwortungsträger Augen und Ohren vor der Wirklichkeit verschließen und die Bevölkerung in Sicherheit wiegen. So als wären wir Kinder, denen man die Wahrheit nicht zumuten kann. Wie man es machen soll, zeigt der französische Präsident. Emmanuel Macron schenkt seinen Bürgern reinen Wein ein, konfrontiert die Franzosen mit der Realität – ohne in einen Panikmodus zu verfallen. Währenddessen wird bei uns wahlgekämpft.
Mit letzter Kraft
Der Koalition scheint sonst nicht viel einzufallen. Werner Kogler und seine Grünen sind hauptamtlich damit beschäftigt, die Überbleibsel einer wegen unzähliger Korruptionsfälle agonisierenden Volkspartei zu verteidigen. Die Kanzlerpartei selbst versucht, sich mit letzter Kraft über die Tirolwahl zu schleppen. Im heiligen Land, und dafür braucht's noch nicht einmal eine Kassandra, droht der ÖVP eine schallende Ohrfeige. Und dann ist die K. sowieso am Dampfen. Die nächste Wahl findet nämlich in Niederösterreich statt. Die Umfragewerte der ÖVP sind auch dort alarmierend. Und die Hanni macht nicht den Eindruck, als ob sie gewillt sei, sehenden Auges in eine Niederlage zu schlittern. Da kann die Volkspartei direkt froh sein, für die BP-Wahl keinen Kandidaten aufgestellt zu haben.
Fahrstuhl nach unten
Es wird also nach der Wahl in Tirol ziemlich sicher Konsequenzen geben. Auch auf Bundesebene. Ob es möglich ist, noch einmal personelle Veränderungen ohne Wahlen durchzuführen, scheint unwahrscheinlich. Auch die Grünen werden vor der Entscheidung stehen, ob sie weiterhin im Fahrstuhl nach unten Platz nehmen wollen oder doch vor dem Kellergeschoß aussteigen, sprich die Koalition platzen lassen. Beide Varianten sind wie die oft bemühte Wahl zwischen Pest und Cholera.
Leadership
Die Zeiten sind zu schwierig, sich in taktischen Geplänkeln zu verlieren. Auch die Opposition sollte sich in Zurückhaltung üben. Auf Teufel komm raus zündeln kann nämlich zur Explosion führen. Und Neuwahlen wären zweifelsohne in der momentanen Situation Gift für Österreich. Was wir jetzt dringender denn je brauchen, ist politisches Leadership. Was wir nicht brauchen, sind politische Glücksritter.