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Bundeskanzler Karl Nehammer sprehend am Mikrofon. Er wirkt entschlossen und deutet mit dem Zeigefinger in die Ferne
Nehammer spricht ein Machtwort: Gewessler habe keine Vollmacht, dem Gesetz zuzustimmen.
Nehammer spricht ein Machtwort: Gewessler habe keine Vollmacht, dem Gesetz zuzustimmen.
Martin Juen / SEPA.Media / picturedesk.com

Kanzler-Machtwort: Gewessler nicht bevollmächtigt!

17.06.2024 um 08:43, Stefanie Hermann
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Der Koalitionskrach eskaliert. Nehammer hat Gewessler beim Ratsvorsitz als "nicht bevollmächtigt" erklärt. Der grünen Ministerin droht er mit Klagen.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Sonntagabend in einer völlig ungewohnten Aktion den belgischen Ratsvorsitz offiziell darüber informiert, dass Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) nicht bevollmächtigt sei. Eine etwaige Zustimmung der Ministerin zum EU-Renaturierungsgesetz wäre rechtswidrig. Das teilte das Bundeskanzleramt am Montag in einer Stellungnahme mit. "Es muss bei der bereits gemäß den üblichen Verfahren eingemeldeten Stimmenthaltung Österreichs bleiben," so der Ministeriumssprecher. Sollte sich Gewessler nicht an die Vorgabe halten, drohe eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Gewessler bleibt entschlossen

Hintergrund ist die Ankündigung Gewesslers beim Treffen der EU-Umweltminister in Luxemburg am Montag für das Renaturierungsgesetz zu stimmen. "Jetzt zu zögern, geht sich mit meinem Gewissen nicht aus," so die Klimaministerin am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Wien. Sie wolle "ein Signal der Entschlossenheit und des Mutes setzen" und halte möglichen Gegenwind aus: "Wenn ich in 20 bis 30 Jahren mit meinen Neffen und Nichten spazieren gehe, möchte ich ihnen die Schönheit des Landes zeigen." Auf die Frage, ob sie einen Koalitionsbruch mit der ÖVP befürchte, antwortete Gewessler: "Keineswegs." Ihre Zustimmung sei durch mehrere Rechtsgutachten abgesichert.

ÖVP erzürnt über Vorhaben

Die ÖVP sieht das naturgemäß anders und wirft Gewessler nicht nur Koalitions-, sondern auch "Verfassungs- und Gesetzesbruch" vor. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP): "Die Klimaschutzministerin begeht vorsätzlich einen Verfassungs- und Gesetzesbruch. Das ist in höchstem Maße unverantwortlich und befremdlich." Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ortet einen "klaren Koalitionsbruch auf Bundesebene und einen schweren Vertrauensbruch gegenüber den Bundesländern." Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) zeigt sich empört darüber, dass Gewessler "aus ideologischen Gründen mit der Brechstange für ein Gesetz stimmen will, das eine Flut an Überregulierungen und Doppelgleisigkeiten für unser Land bringen wird." Der schwarze Bauernbund bezeichnete die geplante Zustimmung als "Anschlag auf den ländlichen Raum."

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