Künstler mit Charisma - Rolando Villazón im Interview
Herr Villazón, mit der Offenheit, mit der Sie sich bei öffentlichen Auftritten immer wieder zeigen, berühren Sie die Menschen und begeistern Sie Ihr Publikum. Was gibt Ihnen diese Stärke zur Ehrlichkeit?
Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Authentizität sind ganz wichtig im Leben, glaube ich. Denn das spürt das Publikum. Meine Kraft schöpfe ich dabei aus der Musik, der Literatur, aus meiner Familie. Wir alle sollten viel mehr Emotionen zeigen. Heute „funktionieren“ viele Menschen oft nur noch. Und für Emotionen bleibt zu wenig Zeit. Und ich habe gelernt, an mich selbst zu glauben.
Sie haben Ihren Vertrag als Intendant der Mozartwoche Salzburg bis 2028 verlängert. Was bedeutet Ihnen Mozart?
Mozart ist für mich durch seine Musik und seine Briefe, die ich täglich lese, zu einem echten Freund geworden! Nirgendwo spürt man Mozarts Geist, seine Anwesenheit mehr als hier in Salzburg. Salzburg ist wirklich die Wiege Mozarts, hier ist Mozarts Geburtshaus, hier sind seine Original-Instrumente, die größte Sammlung an Briefen und Notenhandschriften – wann immer ich an seinem Denkmal auf dem Mozart-Platz vorbeigehe, grüße ich ihn. Ich liebe das Licht, die Liebe, die Lebendigkeit in Mozarts Musik. Mozart hat mit den Menschen und für die Menschen Musik gemacht und das spürt man bis heute. Als Intendant der Mozartwoche ist für mich sehr wichtig, dass das Publikum Mozarts Welt wirklich kennenlernt, denn wenn man ihn wirklich entdeckt, bleibt er als Freund immer bei uns.
Auch als Schriftsteller haben Sie bereits mehrere große Erfolge verbucht. Bei Ihrem unglaublichen Schaffen kommt einem der Gedanke, ob Ihr Tag vielleicht mehr als 24 Stunden hat bzw. können Sie zaubern?
Ich habe das große Glück, viele meiner Leidenschaften und Interessen ausüben zu können – zu singen, zu schreiben, zu moderieren, Regie zu führen und ein Festival zu leiten. Dafür bin ich sehr dankbar. Man glaubt nicht, wie viel Zeit man plötzlich hat, wenn man nicht ständig im Internet surft oder googelt. Ich bin natürlich beruflich oft online, aber nur am Computer, sonst habe ich noch immer ein ganz altes Handy.
Verraten Sie uns das Geheimnis Ihrer positiven Ausstrahlung und Ihrer unbändigen Energie?
Ich bin Mexikaner! Wir haben ein Sprichwort: „Wenn das Leben Dir Zitronen gibt, frag nach Tequila.“ Diese Positivität ist ganz wichtig für mich.
Was gefällt Ihnen als Weltbürger in Österreich und vielleicht speziell in Salzburg?
Meine Urgroßmutter, wir nannten sie „Omi“, emigrierte während der Nazizeit nach Mexiko, ihretwegen bin ich auf eine deutsche Schule gekommen und habe Deutsch gelernt. Ich liebe Österreichs Begeisterung für Musik und Kultur, die unglaublichen Orchester, wie z. B. die Wiener Philharmoniker, die Opernhäuser, das Publikum. In Salzburg habe ich meinen Durchbruch mit „La Traviata“ gefeiert und bin seit dieser Zeit sehr eng mit der Stadt verbunden. Und ich liebe Wiener Schnitzel!
Wo und wobei können Sie am besten entspannen?
Beim Lesen, ich verschlinge jede Woche ein neues Buch. Gerade in der Corona-Pandemie habe ich viele Bücher noch einmal gelesen. Zum Beispiel den „Steppenwolf“ von Hermann Hesse, „Don Quijote“ von Miguel de Cervantes, „Frankenstein“ von Mary Shelley und „Alice im Wunderland“ von Lewis Carroll. Ich lese englische, französische und italienische Literatur im Original, den Rest auf Spanisch.
Sie sind in Mexiko geboren, haben österreichische Vorfahren und leben in Frankreich in der Nähe von Paris? Wie definieren Sie Heimat?
Meine Heimat ist in Musik und in Literatur – und da, wo meine Familie, meine Frau und die beiden Söhne sind. Ich bin überall ein Fremder und ich liebe dieses Gefühl.
Ein Höhepunkt für uns Oberösterreicher wird Ihr Liederabend im Musiktheater Linz am 26. Oktober. Womit werden Sie uns da beglücken und worauf freuen Sie sich?
Es wird ein wunderbarer Liederabend mit einem Schwerpunkt auf der Tradition des Belcanto und somit den Liedern bekannter italienischer Komponisten. Wir beginnen mit Arie antiche und gehen dann von Bellini über Verdi zu Puccini und Tosti. Die Puccini-Lieder sind Entdeckungen für mich, ich singe sie gerade zum ersten Mal. Es ist eine große Freude und ich kann es kaum erwarten, dieses Repertoire nach Linz zu bringen.