Gemeinnütziges Wohnen
Wohnen wird kontinuierlich teurer. Deshalb hat Österreich über Jahrzehnte ein System geschaffen, bei dem leistbares Wohnen dank der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft möglich bleibt. Die gemeinnützigen Bauvereinigungen, kurz genannt GBVs, tragen mit dem international geschätzten Modell dazu bei, dass Wohnen für breite Teile der Bevölkerung leistbar ist und bleibt. Sogenannte „Genossenschaftswohnungen“ werden von einer gemeinnützigen Bauvereinigung errichtet und ihren Mitgliedern zur Nutzung überlassen. Um eine „Genossenschaftswohnung“ mieten zu können, ist es notwendig, Mitglied der Genossenschaft zu werden. Darüber hinaus errichten und vermieten aber auch gemeinnützige Gesellschaften Wohnungen, die dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz unterliegen. Bei gemeinnützigen Wohnbauten fällt oftmals ein sogenannter „Finanzierungsbeitrag“ an. Dabei handelt es sich um einen (mietzinsmindernden) Grund- und/oder Baukostenbeitrag, der je nach Alter, Lage und Größe der „Genossenschaftswohnung“ variieren kann, nach Beendigung des Mietverhältnisses mit einer jährlichen Abschreibung von einem Prozent aber zurückbezahlt wird.
Preisdämpfung.
Steigende Wohnkosten stellen nicht nur für eine steigende Zahl an Haushalten ein großes Problem dar, sie werden auch für die Wohnbaupolitik zunehmend zur Herausforderung. Eine aktuelle Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) gemeinsam mit dem wohnwirtschaftlichen Referat des GBV-Verbands ergab einige spannende Ergebnisse zur preisdämpfenden Wirkung des gemeinnützigen Wohnbaus, die auch eine hohe Relevanz für politische Entscheidungsträger haben. Im Neubau beträgt der Unterschied von gemeinnützigen Bauvereinigungen zu gewerblichen Vermietern beispielsweise sogar bis zu 30 Prozent!
Förderungspolitik.
Dank der oberösterreichischen Förderungspolitik im Neubau und infolge der Errichtung von geförderten Wohnungen blieben die Mietwohnungen in Oberösterreich im Vergleich zu den anderen Bundesländern leistbar. Von 2010 bis 2020 wurden ca. 26.000 geförderte Miet- und Eigentumswohnungen in Oberösterreich errichtet. Der Anteil geförderter Wohneinheiten betrug in diesem Zeitraum rund 43 Prozent. Oberösterreich ist nicht nur relativ, sondern auch absolut mit der Förderung von rund 5.000 Wohnungen pro Jahr Vorreiter in ganz Österreich. Vor allem der Bezirk Linz-Land ist sehr nachgefragt, was auch an der regen Bautätigkeit, auch im geförderten Wohnbau, zu erkennen ist.
Warum Genossenschaft?
Die Gemeinnützigen bieten ihren Kunden weit mehr als Wohnraum. Von der Beratung bei der Wahl der richtigen Wohnform über organisierte Treffen mit den anderen Bewohnern und eine Einzugsbegleitung bis hin zu regelmäßigen Hausversammlungen mit fundierten Informationen und gemeinsamen Aktionen wie Bewohnerfesten reichen die Angebote für das persönliche „Wohngefühl“.
Anforderungen.
Normalerweise meldet man sich für eine im Bau befindliche Wohnung bei einer der zahlreichen Wohnungsgenossenschaften an. In diesem Fall muss mit einer entsprechenden Wartezeit gerechnet werden, das kann wegen der hohen Nachfrage auch mehrere Jahre dauern. Es besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, in eine frei werdende ältere „Genossenschaftswohnung“ einzuziehen. Solche Wohnungen stehen aber nur selten zur Verfügung – wenn man Glück hat, können sie aber auch auf Internetplattformen wie willhaben.at gefunden werden.
Wohnungsbestand.
Nach Bundesland betrachtet, findet man den höchsten gemeinnützigen Mietwohnungsbestand in Wien (22 %) und Oberösterreich (21 %) und den niedrigsten in Tirol und Vorarlberg mit jeweils 10 Prozent. Auf den Mietwohnungsmarkt bezogen, sind GBVs gerade in kleinstädtischen und ländlichen Regionen die wichtigsten Anbieter von Mietwohnungen. In städtischen Regionen spielt zusätzlich auch die private sowie gewerbliche Vermietung eine wesentlich größere Rolle. Dieser Sektor ist in ruraleren Gebieten weniger häufig anzutreffen.
Mietvertragsdauer.
Diese hat einen bedeutenden Einfluss auf die Miethöhe. Je älter ein Mietvertrag ist, desto günstiger sind in der Regel die Mieten. Das gilt zwar grundsätzlich für alle Rechtsformen, die Differenz zwischen alten und neuen Mietverträgen ist jedoch vor allem im privaten und gewerblichen Sektor ausgeprägt. Während die durchschnittliche Bruttomiete in privaten Mietverträgen, die vor mehr als 30 Jahren abgeschlossen wurden, bei 5,2 Euro pro Quadratmeter liegt, ist es mehr als doppelt so viel – nämlich 11,4 Euro pro Quadratmeter – in Mietverträgen, die in den vergangenen zwei Jahren abgeschlossen wurden. Im gemeinnützigen Sektor liegt die Spanne zwischen den ältesten Mietverträgen, sprich 30 Jahre oder älter, und den neuesten Mietverträgen, deren Abschluss weniger als zwei Jahre her ist, zwischen 6,3 und 8,4 Euro pro Quadratmeter.
Finanzierung.
Explodierende Grundstücks- und Baustoffpreise, dazu steigende Zinsen am Kapitalmarkt: Viele Kaufinteressenten stehen angesichts der Teuerungen bei der Finanzierung neuer Bauvorhaben mit dem Rücken zur Wand. Mieten mit Kaufoption, also eine Möglichkeit, nach zehn Jahren Miete das Objekt zu kaufen, bieten Abhilfe. Durch Fixzinsvereinbarungen kann der Kunde genau kalkulieren und seinen Kaufpreis bereits im Vorhinein erfahren, ohne dass später böse Überraschungen warten. Wenn gerade junge Menschen langfristig Immobilien kaufen wollen, dies aber aus finanziellen Gründen nicht sofort möglich ist, wird von Genossenschaften aktiv Mietkauf als Variante angeboten. Der Vorteil ist dabei, dass bei Änderungen von privaten Umständen, Wegzug oder einem Jobangebot im Ausland die Wohnungen gekündigt werden können und der Finanzierungsbeitrag ausbezahlt wird, ohne dass bereits in die Wohnung investiert wurde. Dieses „Eigentum auf Probe“ ermöglicht also ein Wohnen auf Miete mit Kaufoption.
Zukunft Wohnraum.
Der gesamte gemeinnützige Wohnbau setzt in seinen Angeboten zukunftsorientiert auf die Schwerpunkte Nachhaltigkeit und Wohnraum für ältere Menschen. Genossenschaftliche Wohnungswirtschaft bietet also drei Möglichkeiten an: die Variante der Miete (ohne Kaufrecht), die Miete mit Kaufoption (mit Finanzierungsbeitrag) oder das klassische Eigentumsobjekt. Die Bauträger bieten Reihenhäuser und Wohnungen an.
Alles gefördert?
Gemeinnützig heißt nicht automatisch wohnbaugefördert, aber beides kann gemeinsam auftreten, wenn Wohnungsgenossenschaften Förderungen vom Land OÖ beantragen und auch erhalten. Allerdings können, wie es die GSA Wohnbau beispielsweise handhabt, Gebäude auch ohne Wohnbauförderungsmittel errichtet werden. Ein Objekt, das mit Wohnbauförderungsmittel errichtet wurde, muss einem bestimmten Kriterienkatalog entsprechen, ebenso die Mieter. Wenn ohne Wohnbauförderungsmittel finanziert wird, gibt es keine Vorgaben bezüglich der Konfiguration des Gebäudes, so können zum Beispiel attraktivere Außenbereiche wie Loggien oder Balkone angeboten werden, um für mehr individuellen Wohnraum zu sorgen. Dennoch legen die GBV nur die Kosten auf die Mieter um, die tatsächlich anfallen – somit sind hier keine Gewinnaufschläge wie bei privaten Vermietern enthalten.
Entlastung für Haushalte.
Der 5-Punkte- Plan für den Wohnbau in Oberösterreich ist dazu da, um Haushalte finanziell zu entlasten. Angesichts der weiterhin hohen Baupreise und der steigenden Zinsen hat das Land in enger Abstimmung mit den GBVs ein Wohnbau-Paket geschnürt. Der Plan beinhaltet unter anderem eine Laufzeitverlängerung der Darlehen, die Absenkung der Verzinsung des Förderdarlehens, die Erhöhung des Förderdarlehens und einen erhöhten Eigenmitteleinsatz der Bauträger.
Vorreiter.
Mit der Dekarbonisierung wollen Staaten CO2-Emissionen bei der Energiegewinnung verringern bzw. vermeiden, indem sie fossile Brennstoffe durch erneuerbare Energiequellen ersetzen. Allein von 2016 bis 2020 haben die GBVs deshalb bei über 20.000 Wohnungen die Heizungen umgebaut. Dort, wo eine solche Umstellung nicht realisiert werden konnte, wurde die CO2-Bilanz zumindest verbessert. Ein GBV- Mietwohnungshaushalt verursacht mit etwa 0,6 Tonnen pro Jahr schon um rund 70 Prozent weniger CO2-Emissionen fürs Heizen als der österreichische Durchschnittshaushalt. Gründe dafür sind die höhere Energieeffizienz, der bessere Energiemix und die geringere Wohnnutzfläche. Die Dekarbonisierung bleibt jedenfalls ein erklärtes Ziel der Gemeinnützigen.