Allein zu Hause sind wir ... völlig losgelöst
Zusammen ist man weniger allein, aber unter sich ist man weniger verschämt. In Gesellschaft anderer fühlt man sich oft verpflichtet, die Etikette zu bedienen und möchte sich nicht nachsagen lassen, man hätte keine gute Kinderstube genossen. Doch ist man allein zu Hause – und das sind in Österreich regelmäßig immerhin rund 1,5 Mio. Menschen –, muss man es mit den Benimmregeln nicht mehr allzu genau nehmen. Schließlich richtet ja kein wertender Blick über uns.
Alles locker.
Schlafen per se ist nichts, wofür man sich schämen muss. Einige Menschen sehen sich aber bemüßigt, sich zu rechtfertigen, wenn sie an den Wochenenden bis Mittag liegen bleiben. Darum ist das etwas, was sie tendenziell nur dann tun, wenn sie ganz allein in ihren vier Wänden sind. Besonders schlafbedürftig ist die Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen, unter ihnen frönen 54 Prozent dem langen Schlaf. In ungestörten Momenten lassen die Österreicher sogar mal Körpergeräuschen freien Lauf. Das tut nämlich beinahe jeder Zweite der Befragten, darunter allerdings wesentlich mehr Männer (57 %) als Frauen (38 %). Auch das Alter spielt bei dieser Angewohnheit eine Rolle, denn besonders häufig lassen unter 40-Jährige ihre Körperausdünstungen einfach entweichen.
Tag der offenen Klotür.
Wenn niemand anders die traute Einsamkeit am stillen Örtchen stört, sehen vier von zehn Befragten keine Notwendigkeit darin, die Klotür zu schließen. Dürfte es bei den Älteren einfach zur Gewohnheit geworden sein, seine Notdurft hinter verschlossenen Türen zu verrichten, sind es mit 54 Prozent auch hier eher die Jüngeren, welche die Badezimmertür oftmals als fakultatives Gadget empfinden.
Pyjamaparty.
Für vier von zehn Befragten ist das Alleinsein daheim die ideale Gelegenheit, den ganzen Tag im Schlafanzug zu bleiben und rund jeder Dritte gibt an, unbeobachtet ganz nackt den Tag Zuhause zu verbringen. Indem Kleidung gespart wird, begünstigt dies wiederum auch jene 16 Prozent, welche ihre Wäscheberge gerne türmen lassen, wenn sich mal kein Besuch ankündigt. Wer die traute Einsamkeit zwar genießt, sich aber dennoch nach einem Gesprächspartner sehnt, wird in Unterhaltungen mit sich selbst oder Gegenständen fündig. Laute Musik und Podcasts füllen ebenso die Leere und sind für 38 Prozent die beliebteste Geräuschkulisse, wenn sie allein sind.
Ältere sind weniger „gschamig“.
Und dennoch sind ältere Menschen insgesamt weniger schambehaftet und das Bedürfnis, sich zu Hause komplett auszuleben, nimmt ab. Ein Viertel der 50- bis 65-Jährigen gibt an, nichts an ihrem Verhalten zu ändern, wenn sie allein daheim sind. Zum Vergleich: In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen trifft dies nur auf sechs Prozent zu, unter den 30- bis 39-Jährigen sind es überhaupt nur vier Prozent. Es gibt sie, die Verhaltensänderungen, wenn wir allein sind. Dabei spielen Alter und Geschlecht eine wesentliche Rolle. Doch ist es ein befreiender Gedanke, dass wir noch nicht so extrem angepasst sind, wenn wir uns alle manchmal dabei erwischen, etwas zu tun, was in keinem Knigge zu finden ist und uns letztendlich wieder menschlich macht. Selbst wenn es manchmal etwas über die Grenzen des guten Geschmacks hinausgeht.