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Fragen über Fragen | Credit: iStock.com/gpointstudio
Fragen über Fragen
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Leben ohne Verantwortung - geht das?

20.06.2021 um 11:15, Sarah Füßlberger
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Täglich treffen wir eine Vielzahl an kleineren und größeren Entscheidungen und werden dabei von Möglichkeiten geflutet. Wann wird es zuviel? Und sind wir mit der Verantwortung, die mit der Entscheidungsmacht einhergeht, im Grunde überfordert?

Es scheint nahezu paradox. Wir wollen dem Ideal, so selbstbestimmt als möglich zu leben, so nah als möglich kommen. Doch wie die Realität anschaulich zeigt, wollen sich viele von uns mehr oder minder bewusst der gewonnenen (Entscheidungs-) Freiheit und der damit einhergehenden Verantwortung entziehen, sobald wir sie erlangt haben oder es um die konkrete Lösung eines anstehenden Problems geht.

Ein Blick auf die Verdrossenheit in der Bevölkerung in puncto politische Mitgestaltung spricht in diesem Zusammenhang Bände. Ehe man sich versieht, zieht man sich auf die Formel zurück, dass man ohnehin nichts ändern könne, schon gar nicht als Einzelner.

Doch genau hier liegt das Problem. Was nutzt die „Macht“, frei über sein Leben bestimmen zu können, wenn man am Ende aus Bequemlichkeit bei Altbewährtem bleibt und sich nicht eingehender mit Themen beschäftigt? Im Glauben, vollkommen frei über die Gegebenheiten unseres Lebens zu bestimmen, tun wir infolge mangelnder Informationen oft das, was die Mehrheit für richtig erachtet. Aus Trägheit und aus Angst zu scheitern. So viele können sich immerhin ja nicht irren. Friedrich Nietzsche gibt zu bedenken:

"Der Irrsinn ist bei Einzelnen etwas Seltenes, aber bei Gruppen, Parteien, Völkern die Regel."

Schlag' nach bei Kant

Abgabe von Verantwortung. Selbstverschuldete Unmündigkeit. Schlagwörter, die vielen vermutlich vertraut sind. Immerhin geriet dieses Thema im Lauf der Menschheitsgeschichte schon des Öfteren in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Immanuel Kant oder Jean-Paul Sartre beispielsweise haben sich intensiv mit diesen Fragen beschäftigt.

Laut Kant etwa ist der Mensch schlichtweg zu bequem, um sich selbst seines Schicksals anzunehmen. Man lasse lieber über Angelegenheiten und ferner über seine Person entscheiden als Eigeninitiative zu zeigen, die stets mit Energieaufwand sowie auch mit dem Risiko einhergehe, Fehlentscheidungen zu treffen. Der Mensch strebt demnach zwar nach Freiheiten, Selbstbestimmtheit und Selbstständigkeit, sei damit aber allzu schnell überfordert und überwältigt, sobald sich ihm die Möglichkeit biete, genau das auszuleben.

Sartre wiederum erinnert in seinen Schriften an die negative Seite der Freiheit, die wir gesellschaftlich stets allzu positiv bewerten und als ein hohes Gut anstreben. Die Realität sieht ihm zufolge aber deutlich nüchterner aus:

"Die wesentliche Konsequenz (...) ist, dass der Mensch, dazu verurteilt, frei zu sein, das Gewicht der gesamten Welt auf seinen Schultern trägt: er ist für die Welt und für sich selbst als Seinsweise verantwortlich. Freiheit steht also immer im Zusammenhang mit Verantwortung. Denn, wer die Möglichkeit hat, sich frei zu entscheiden, muss auch für die aus der Handlung resultierenden Konsequenzen Verantwortung übernehmen. Man ist als Entscheidungsträger die Ursache für den weiteren Lauf der Dinge."

Entscheidungen treffen - mehr Zwang als Freiheit? | Credit: iStock.com/www.fotogestoeber.de
Entscheidungen treffen - mehr Zwang als Freiheit?

Was ist Entscheidungsfreiheit?

Ist es Freiheit, gegen seinen „Willen“ zu handeln, zum Beispiel, weil man seiner Vernunft und seinem Verantwortungsgefühl folgt? Muss diese Entscheidung dann von einem selbst, auf der Grundlage eigener Überlegungen, ausgehen? Inwiefern sind wir voreingenommen und lassen uns beeinflussen? Ist es nicht auch angenehm, Verantwortung einmal abzugeben und andere bestimmen zu lassen?

Ein besorgniserregender Zustand?

Einerseits kann es belastend wirken, dass wir auf derartige Fragen hinsichtlich unserer Lebensführung offenbar kaum Antworten finden oder uns aus unserer „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ nicht befreien können. Die Menschheit scheint in dieser Hinsicht in ihrer Entwicklung zu stagnieren. Andererseits ist es ein tröstlicher Gedanke, dass es diese Probleme schon immer gab. Und dazu auch Lösungsansätze.

Solange wir uns bewusst sind, wann wir bequem andere entscheiden lassen bzw. unser Verhalten reflektieren und kritisch hinterfragen, ist die Gefahr, die Kontrolle über unser Leben zu verlieren, gebannt. Ist es nicht besser, seine Mängel zu kennen als blind von seinen Fähigkeiten überzeugt zu sein? Erst, wenn wir aufhören, uns bewusst für oder gegen etwas zu entscheiden, laufen wir Gefahr, von anderen manipuliert und fremdgesteuert zu werden, ohne dass wir es merken - oder wollen.

Zur Autorin

Im Rahmen ihres Philosophie-Studiums geht Passion Author Sarah Füßlberger den Dingen gerne auf den Grund. Für www.weekend.at widmet hinterfragt sie die vielfältigen Entscheidungen, die wir Tag für Tag mit Blick auf unsere Lebensweise mehr oder weniger bewusst treffen.

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