So gelingt der 70er Jahre Style
Hippies, Punks, Flower Power und Disco Fever – kaum ein Jahrzehnt war so schrill, farbenfroh und kontrastreich wie die wilden 1970er-Jahre. Mode, Möbel und Einrichtungsgegenstände aus dieser stilvollen Ära sind aktuell so begehrt wie nie und versprühen gute Laune. Sie möchten sich im originellen 70er Jahre Style kleiden und einrichten? Wir zeigen Ihnen, wie das geht!
Radikales Design
Unverkennbar mit den 1970er-Jahren verknüpft sind die Entwürfe der zwei Designbewegungen Radical und Anti-Design, die bereits in den 1960er-Jahren ihren Ausgang nahmen. Es gab eine Fülle an opulenten, utopischen und futuristischen Möbeln und Einrichtungsgegenständen, die verschiedenste Farben sowie Materialien miteinander kombinierten.
Den kreativen Köpfen war es ein Anliegen, exklusives Design und Handwerk in den Vordergrund zu rücken und die nüchterne Formsprache der industriellen Massengüter in Frage zu stellen. Italienische Designer gelten hierbei als Vorreiter. Wichtige Vertreter waren Archizoom, Superstudio, Alessandro Mendini und das spätere Studio Alchimia oder Ettore Sottsass (der in den 1980er-Jahren die Gruppe Memphis gründete).
Viele Designer wurden vom Weltraum und von der Raumfahrt inspiriert. Space Age Kreationen aus leicht formbarem Kunststoff oder Stahl zeugen davon. Möbel und Deko ahmten die Form von Antriebswerken, Astronautenhelmen, UFOs oder Raketenequipment nach und vermittelten ein futuristisches Lebensgefühl.
Der dänische Architekt und Designer Verner Panton ließ häufig Pop Art-Elemente in seine Arbeit einfließen und setzte mit seinen psychedelischen Kreationen – wie dem „Panton Chair“ oder der „Moon Lamp“ – ein Ausrufezeichen. Auch die Innenarchitektur der „Spiegel-Kantine“ oder die modulare Wohnlandschaft „Phantasy Landscape“ mit wellenartigen, unbegrenzten Sitzmöbeln aus Schaumstoff, die auf der Kölner Wohnmesse „Visona II“ ausgestellt wurde, hat traumhafte, fließende Züge sowie ein gut durchdachtes Farbkonzept.
Architektur im Zeichen der Umwelt
Die Folgen der Ölkrise 1973 waren schon bald auch in der Architektur und im Design zu spüren, es musste umwelt- und rohstoffschonender produziert werden – Recycling und Do It Yourself wurden salonfähig. Materialien wie Plastik oder Plexiglas verloren an Bedeutung, da ihre Herstellung mittels Erdöl schlichtweg zu teuer wurde. Natürliche Materialien wie Leinen, Naturstein, Karton, Holz, Bast oder Rattan fanden sich in der Einrichtung. Der Ethno-Look wurde entdeckt, Macramé-Textilien zierten die Möbel, man lief auf kuscheligem Flokati.
Die Dünenhäuser des Architekten William Morgan sind ein gutes Beispiel für ökologisch effiziente Baukonzepte. Daneben prägten aber auch Bauklötze die Landschaft der 1970er-Jahre – die brutal anmutende Architektur setzte auf jede Menge unverputzten Beton und schuf markante, streng geometrische Gebäude, die nach wie vor omnipräsent sind.
So gelingt der 70er Jahre Style!
Was brauchen Sie nun, um sich den 70er Jahre Style in die eigenen vier Wände und die Garderobe zu holen?
Farbpalette
Typische Farben der 1970er-Jahre – egal, ob in der Mode oder bei der Einrichtung - sind Orange, Gelb und Braun. Auch Erd- und Naturtöne, Ocker, Senf, Grün, Rot, Lila oder Blau sind gefragt. Neonfarben kommen bei Disco-Outfits gut zur Geltung. Schöpfen Sie aus dem Vollen – Hauptsache, es geht bunt und knallig zu.
Muster
Psychedelische Muster und Wellen, geometrische Formen, Folklore oder Blumenmuster (zum Beispiel Pril-Blumen) sind typisch für die 1970er-Jahre. Auch Animal Print, Batik Optik, Paisleymuster oder Karos wurden rauf und runter getragen.
Materialien
Möbel bestanden in den 1970er-Jahren häufig aus den Materialien Kunststoff (Plexiglas oder Plastik), Rauchglas oder Stahl. Auch Holz, Bast oder Rattan wurden verwendet. Die Mode wurde überwiegend aus Cord, Jeansstoff, Wild- und Glattleder, Leinen, Seide oder Samt gefertigt. Je nach Anlass waren Stoffe für Kleidung mit Pailletten und Fransen verziert.
Modische Must-haves
Wenn Sie sich im Stil der 1970er-Jahre kleiden möchten, sollten Sie nach folgenden Outfits und Accessoires Ausschau halten:
- Schlaghosen: Mit einer Schlaghose (z.B. Bell Bottoms oder Flare Jeans) liegen Sie immer richtig! Diese wurde in den 1970er-Jahren in allen Farben, Mustern und Materialien getragen. Auf Partys ging es auch mal schriller zu, hier hatten Schlaghosen in metallischen oder glänzenden Stoffen sowie Neonfarben und mit auffälligen Mustern ihren großen Auftritt. Daneben waren aber auch Highwaist-Jeans, weite Hosen, Hot Pants sowie bunte, Oversized Hosenanzüge in Mode.
- Blusen, Shirts und Tops: Im Alltag wurden Schluppenblusen, enge Rollkragenpullover, Cordblazer, Poloshirts oder Neckholdertops getragen. Blusen hatten oft auffällige Kragen und Manschetten. Auch Pullunder oder Häkel- und Strickmode waren beliebt.
- Mäntel und Jacken: Lange Mäntel (zum Beispiel aus Leder) oder Shaggy Coats sowie Wildlederjacken mit Fransen waren en vogue. Parkas und Militärjacken (sowie -hosen) dienten vor allem dazu, ein Zeichen gegen den Vietnamkrieg zu setzen.
- Kleider und Röcke: In den 1970er-Jahren waren lange, romantische Ethno- oder Boho-Kleider mit tiefem Ausschnitt und Glockenärmeln oder weite Maxiröcke klassische Bestandteile der Hippie-Garderobe. Des Weiteren wurden auch Faltenröcke, Miniröcke und kurze Kleider getragen.
- Overalls: Typisch für den 70er Jahre Style sind Overalls und Catsuits. In den 1970er-Jahren waren diese oft sehr körperbetont, hatten mitunter auch ausladende Hosenbeine. Vor allem auf Partys und in Discos kamen Overalls mit auffälligem Design gut zur Geltung.
- Brillen und Accessoires: Große, runde Sonnenbrillen waren gefragt, ebenso wie die gute alte Hornbrille. Blumenschmuck, Tücher oder das Friedenszeichen waren allgegenwärtig.
- Schuhe: An den Füßen trugen modebewusste Frauen der 1970er-Jahre häufig Plateauschuhe, etwa Sandalen mit Kork- oder Holzsohle, High Heels, hohe Stiefel oder Stiefeletten aus (Kunst-) Leder sowie Clogs. In der Disco wurden Plateauschuhe häufig mit figurbetonten Overalls kombiniert.
Wohnliche Must-haves
Sie wollen im Stil der 1970er-Jahre wohnen? Mit folgenden Tipps machen Sie nichts verkehrt:
- Wände: Mögen Sie es auffällig und bunt? Dann setzen Sie auf Tapeten mit geometrischen, psychedelischen oder floralen Mustern und Pop Art-Drucken. Auch Fliesen mit diesen Designs waren in den 1970er-Jahren weit verbreitet.
- Teppiche und Textilien: Für die Einrichtung im 70er Jahre Style darf ein Teppich nicht fehlen! Am besten mit großflächigen Mustern. Ein einfarbiger Flokati sorgt für Gemütlichkeit. Kissen mit großflächigen Mustern oder in gestrickter Hülle peppen das Sofa auf.
- Beleuchtung: Lampen sollten für warmes, stimmungsvolles Licht sorgen. Futuristische Formen sind üblich, auch Bogen-, Pilz- oder Lavalampen sind ideal.
- Möbel: Niedrige Loungemöbel waren in den 1970er-Jahren sehr beliebt, die Möbel hatten häufig abgerundete Ecken, waren kugelförmig oder erinnerten an Wolken. Plastikmöbel gab es in unzähligen Farben und Formen. Modulare Sofasysteme, mit denen man einen Raum immer wieder nach Belieben umgestalten konnte, knallige Schalen- und Drehsessel, Stühle aus transparentem Kunststoff, Freischwinger, Kommoden oder runde Tische mit Tulpenfuß - bei einer Inneneinrichtung im 70er Jahre Style hat man die Qual der Wahl.
- Designer-Tipps: Sie möchten ein Designerstück im Stil dieser Zeit erstehen? Heiß begehrt sind etwa das Sofa „Togo“ von Ligne Roset, das modulare Sitzsystem „Camaleonda“ von Mario Bellini, Pierre Paulins Loungemöbel der Linie „Pacha“, der „Eames Chair“ von Charles und Ray Eames, der „Wiggle Chair“ von Frank O. Gehry, der „Panton Chair“ von Verner Panton, der „Joe Armchair“ von De Pas, D’Urbino und Lomazzi, der Sessel „Sinus“ von Cor, der Sessel „Proust“ von Alessandro Mendini, der „Moonlounger Lounge Chair“ von Gerd Couckhuyt oder der „Saturnus Chair“ von Yrjö Kukkapuro.
Zur Autorin
Schreiben - die große Leidenschaft von Passion Author Patricia Kornfeld. Insbesonders für Mode begeistert sich die gebürtige Niederösterreicherin. Für www.weekend.at spürt sie aktuellen Trends nach.