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Immer mehr junge Menschen haben Angst - wovor nur?
Immer mehr junge Menschen haben Angst - wovor nur?
domoyega/iStock/Thinkstock

Volle Krise! Die neue Angst der Jungen vorm Leben

19.07.2017 um 11:20, Laura Engelmann
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Midlife-Crisis war gestern. Heutzutage werden viele schon in den Zwanzigern von Selbstzweifel und Angst geplagt, bevor ihr Berufsleben überhaupt angefangen hat. Aber warum geraten wir schon so früh in Panik?

Jeder vierte Akademiker schlittert nach dem Uni-Abschluss in eine Identitätskrise. Das zeigt eine Umfrage unter zweitausend Teilnehmern im deutschsprachigen Raum. Die jungen Hochgebildeten schaffen scheinbar den schwierigen Übergang vom Studenten- zum Berufsleben nicht, sind tief verunsichert und führen ein sorgvolles Leben, begleitet von Selbstzweifeln, Lebensangst, Panikattacken und schlimmstenfalls sogar Depressionen. Die Sinnkrise der Mittzwanziger - eine Neuerscheinung des 21. Jahrhunderts?

Leidensweg

Zu viele Freiheiten und "keine anderen Sorgen" sind die Gründe für das Auftreten der sogenannten Quarterlife-Crisis, sagen diejenigen, die das globale Phänomen eher belächeln. Dabei besteht die Problematik schon seit Jahrzehnten: Bereits 1997 hatten sich die Amerikanerinnen Abby Willner und Alexandra Robbins mit der Identitätskrise beschäftigt, weil sie sich selbst Mitte zwanzig in einer befanden und merkten: Wir sind damit nicht alleine.

Mit Druck zum Glück

In der jungen Generation fehlen zum einen oft traditionelle Werte, die Orientierung geben. Andererseits ist der Druck hoch, weil sich die Betroffenen selbst zu hohe Ziele setzen. So zeigt eine aktuelle Untersuchung der Universität Greenwich in London, dass 86 Prozent der Befragten bis zum 30. Lebensjahr sowohl eine erfolgreiche Karriere als auch eine feste Beziehung haben möchten, sich wegen dieser Ziele aber unter großem Druck gesetzt fühlen. Einerseits wünschen sie sich Kinder und Familie, andererseits wollen sie aber auch ein "aufregendes, besonderes Leben" führen.

Hohe Bildung, hohes Risiko

Besonders anfällig für eine Sinnkrise ist die Gruppe der sogenannten "Idealisten". Im Fachjargon "Impostor" - oder zu Deutsch "Hochstapler-Syndrom" genannt, zweifeln sie trotz ihrer Kompetenz daran, die Anforderungen eines Jobs zu erfüllen. Dabei sind gerade sie es, die eine elitäre Ausbildung genossen haben, die ihnen alle Türen zum Glück und Erfolg öffnen sollte. Denn die Chancen auf einen Job sind bei Hochschulabsolventen deutlich höher als beim Rest der Bevölkerung. Unter den Uni-Absolventen sollen jene, die noch bei den Eltern leben sowie Frauen besonders stark vom Hochstapler-Syndrom betroffen sein.

Die Qual der Wahl

Die hohe Anzahl möglicher Lebensentwürfe ("Du kannst alles werden, was du willst") führt dazu, dass viele junge Erwachsene auch unter Entscheidungsangst leiden. Sie wollen keine Fehler machen, sich gleichzeitig aber selbst verwirklichen und dabei ja nichts vom Leben verpassen. Dann stehen sie plötzlich in den Endzwanzigern, merken bereits kleine körperliche Veränderungen wie Geheimratsecken oder Mimikfältchen und fragen sich zu ihrem 30. Geburtstag: Ist das Leben, das ich führe, auch tatsächlich das Leben, das ich führen will?

Wermutstropfen

Ein kleiner Lichtblick für die verzweifelten Mittzwanziger bleibt: Laut Statistik werden diejenigen, die eine Quarterlife-Crisis überstanden haben, höchstwahrscheinlich von der Midlife-Crisis verschont.

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