Über 100 Kirchenangehörige in Deutschland wagen Coming-Out
Es sind bewegende 60 Minuten Fernsehgeschichte im ARD. Priester, Seelsorger, ReligionslehrerInnen, Mitarbeiter von Dekanaten oder anderen kirchennahen Organisationen aus Deutschland treten aus dem Schatten und outen sich als homosexuell, queer, transsexuell oder bisexuell. Die meisten von ihnen trauen sich ihr Gesicht zu zeigen, andere wollen unerkannt bleiben.
Konsequenzen bis zum Jobverlust
Ihnen ist bewusst, dass sie mit diesem Schritt viel riskieren. In der katholischen Kirche ist Homosexualität tabu. Im schlimmsten Fall droht der Jobverlust wegen fehlender Loyalität zur Institition Kirche. Trotzdem unternehmen mehr als 100 Personen diesen Schritt, weil sie Veränderung wollen und weil sie als gläubige Katholiken ihr Leben so leben wollen wie sie es für richtig halten.
Versteckspiele, Kündigung und Angst
So sieht man ein lesbisches Pärchen, seit 40 Jahren sind sie zusammen. Beide arbeiten in der Kirche, sie verstecken ihre Sexualität, arbeiten hunderte Kilometer weit voneinander entfernt nur um nicht aufzufallen. Erst als beide in Pension sind trauen sie sich aus dem Schatten und heiraten. Eine der beiden bekommt jedoch ihre Pension von der Kirche ausbezahlt und bangt um ihre Vorsorge. Ein Kirchenrechtler beruhigt sie. Im Ruhestand muss sie nichts mehr befürchten.
Oder ein transsexueller Religionslehrer, der seine Ausbildung als Frau begonnen hat und jetzt als Mann lebt. Er wird von der Kirche nicht anerkannt und muss um einen zukünftigen Job bangen. Denn Religionslehrer bekommen ihre Arbeitserlaubnis in Deutschland von der Kirche.
Weiters sieht man eine ehemalige Mitarbeiterin der Kirche die mit einer Frau in einer langjährigen Beziehung lebt. Während ihrer zweiten Schwangerschaft durch eine Samenspende "fliegt" ihre Homosexualität auf und ihr Arbeitgeber zwingt sie zwei Wochen vor Mutterschutz einen Arbeitsauflösungsvertrag zu unterzeichnen. Die Mutter steht vor dem Nichts.
Kirche steckt Kopf in den Sand
Natürlich bittet der ARD auch um Stellungnahmen der Kirche. Nur einer von 27 deutschen Bischöfen traut sich vor die Kamera. Er entschuldigt sich zwar für die entstandenen Probleme und verspricht es anzusprechen. Seine Position ist aber nicht die der Weltkirche. Vor allem der Vatikan betoniert seine Position zunehmend. Ein Biograph des Papstes erklärt, dass in letzter Zeit die konservativen Kräfte wieder stärker geworden sind. Die Reformer leiser.
Beeindruckend und berührend
Die Betroffenen sind sich klar, dass sie mit diesem Schritt viel riskieren. Einige brechen in Tränen aus, weil es einerseits erleichternd ist endlich darüber reden zu können, andererseits aber natürlich auch Angst vor der Kirche herrscht.
Die gesamte Dokumentation mit dem Titel "Wie Gott uns schuf - Coming Out in der Katholischen Kirche" kann in der ARD Mediathek unter diesem Link nachgeschaut werden.