"Problembär": Steirer wollen Gaia aufnehmen
Im Bärenhof Berghausen in der Südsteiermark, nur wenige Minuten von der slowenischen Grenze entfernt, leben aktuell zehn Braunbären – acht Männchen und zwei Weibchen. Allesamt aus schwierigen Verhältnissen und lebensbedrohlichen Situationen. Betrieben wird der private Zoo von Elke Weber und ihrem Lebensgefährten Hermann Skof. Die beiden würden auch die Bärin Gaia aufnehmen, die vor wenigen Wochen einen Jogger im Trentino getötet hat.
Italien sucht nach Unterbringungsmöglichkeit
Aktuell ist Gaia in einem mit Strom gesicherten Gehege des Tierpflegezentrums Casteller im Trentino untergebracht. Das ist aber nur eine Übergangslösung, bleiben kann die Bärin dort nicht – die nötigen Voraussetzungen sind nicht gegeben. Das italienische Umweltministerium ist daher auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten, auch im Ausland. Nachbarregionen wie Südtirol, Venetien und die Lombardei winken allerdings ab – es scheint, niemand will das Tier aufnehmen. Auch in Slowenien gibt es aktuell keine Möglichkeit. Die Bärenpopulation sei laut Behörden dort bereits zu groß. Nun haben sich die Steirer ins Spiel gebracht, die Gaia vor Abschuss bewahren möchte.
"Nehmt sie doch auf"
Geplant sei das nicht gewesen, erzählt Bärenhof-Betreiberin Elke Weber im Gespräch mit weekend.at. Vor einigen Tagen sei der Amtstierarzt im Zoo gewesen, um nach dem Rechten zu sehen. "Er fragte eher beiläufig: 'Wäre es für euch möglich, Gaia aus dem Trentino aufnehmen?'", erzählt Weber. So hat alles begonnen. Auch wenn dort nur Braunbären leben, die bereits vorher in Gefangenschaft waren, wären die Voraussetzungen für ein bisher in Freiheit lebendes Tier vorhanden. "Unsere Gehege sind mit robustem Torstahl gesichert. Wir werden die Anlage demnächst erweitern. Würde Gaia einziehen, sichern wir das Gehege zusätzlich mit einem Stromzaun". Das heißt, jedem Tier würden weit mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 300 m2 Gelände zur Verfügung stehen. Müssen Bären nicht auf Futtersuche gehen, kommen sie laut Weber mit einem deutlich kleineren Gebiet aus und können in einer überschaubaren Gemeinschaft leben. "Gaia würde sich daran gewöhnen. Die zwei Bärinnen, die bereits in diesem Gehege leben, könnten ihr dabei helfen."
Nächster Schritt: Kontakt zu Trentiner Behörden
Unter den Tisch kehren möchte man hier nichts, die Bärin hat einen Menschen getötet und von ihr geht Gefahr aus. "Wir drängen nicht darauf, den Bären zu bekommen. Aber da es in erster Linie um die Rettung des Tieres geht, haben wir uns dazu entschlossen Hilfe anzubieten. Es geht nicht um den Werbeeffekt. Wir möchten nur eine mögliche Lösung bieten, ohne dass das Tier sterben muss." Wichtig ist den Zoo-Betreibern auch das Einverständnis der Familie des verstorbenen Joggers – was möchten die Eltern? Mit den Trentiner Behörden wurde bereits Kontakt aufgenommen, konkrete Gespräche hat es aber noch keine gegeben. Laut Weber haben sich auch andere Interessenten gemeldet, die den Bären aufnehmen würden. Für sie ist der nächste logische Schritt die Kontaktaufnahme mit dem Trentiner Regionalpräsident Maurizio Fugatti. Mit ihm gilt es die Details abzuklären, ob eine Übersiedelung der Bärin in die Südsteiermark möglich wäre.
Zwiespältige Haltung im Trentino
Derartige Ansiedlungsprojekte, wie es im Trentino der Fall war, hält die Steirerin für keine gute Idee. Im Rahmen des EU-Wiederansiedelungsprojekt "Life Ursus" wurden in den Jahren 2000 und 2001 in den Trentiner Wäldern wildlebende Bären aus Slowenien angesiedelt. Darunter Jose und Jurka, die Eltern von Gaia. Jurka wurde gezielt angefüttert, damit sie in dem Gebiet bleibt und nicht wieder in ihre ursprüngliche Heimat abwandert.
So haben die Bären ihre natürliche Scheu und Angst vor Menschen verloren. "Das ist auch heuchlerisch, denn die Bären sind natürlich auch ein touristischer Faktor und locken Besucher in die Region", so Weber im Gespräch mit weekend.at. Dass das schief gehen kann, beweist der aktuelle Fall des getöteten Joggers.
Österreich: Koexistenz von Bär und Mensch unmöglich
Ein Zusammenleben von wildlebenden Bären und Menschen hält die Zoo-Betreiberin in Österreich für unmöglich. "Dieser Zug ist abgefahren. Wir sind zu egoistisch." In anderen Regionen, wie Slowenien, ist die Situation trotz Überpopulation der Tiere entspannter und man hört nur selten bis gar nicht von Problemen. Das hat laut Weber damit zu tun, dass die Bären dort in ihrer natürlichen Umgebung akzeptiert und als Wildtiere, von den Gefahr ausgehen könnte, angesehen werden.
"Gnadenhof" für Meister Petz
Der Bärenhof hat seine Wurzeln in den 80er Jahren, als Elke Webers Vater Johann Ruprechter die ersten drei Bären aufnahm und für sie ein Zuhause schaffte. Sie sollten eigentlich nach Deutschland gebracht und dort getötet werden. Damals finanzierte sich das Projekt ausschließlich durch Spenden und die engagierte Arbeit von Tierschützern. Als Zoo wird der Bärenhof erst seit 2011 geführt, als Elke Weber den Betrieb übernahm. Die 45-Jährige ist eigentlich Architektin, ihr Partner Hermann ein begnadeter Handwerker. "Hermann hat unsere Bärengehege selbst geschweißt. Er setzt sozusagen meine Pläne um", erzählt Elke Weber grinsend. Von Spenden sind die beiden nicht abhängig, und möchten es auch nicht sein. Der Betrieb wird mit Eintritten, Shop-Artikeln und Patenschaften aufrechterhalten. Die aktuell zehn Bären leben in kleinen Gruppen und abgetrennten Gehegen zusammen – die Männchen in 2er-Gruppen und die Weibchen in 2er- oder 4er-Gruppen. Vielleicht findet auch Bärin Gaia schon bald ein neues Zuhause im Bärenhof Berghausen.