Italien: „Blutwunder“ soll Weltkulturerbe werden
Ein über 1.700 Jahre altes Blut, das sich auf wundersame Weise verflüssigt – das Blutwunder „San Gennaro“ in Neapel soll laut der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“ immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe werden. Das Phänomen zieht jährlich Tausende Pilger und Touristen in die süditalienische Stadt, von der Kirche wurde es aber nie als Wunder anerkannt.
Uraltes Blut als Omen
Im Dom von Neapel wird seit Jahrhunderten eine festverschlossene Ampulle aufbewahrt, in der sich angeblich das getrocknete Blut des Heiligen Januarius († 305 n. Chr.) befinden soll. An drei Tages des Jahres (am Samstag vor dem 1. Mai, 19. September und 16. Dezember) wird die Ampulle zum Altar gebracht und vom Erzbischof gewendet und gedreht. Berichten von Augenzeugen zufolge verflüssigt sich das Blut auf wundersame Weise – für Gläubige ein glückverheißendes Zeichen. Bleibt die Verflüssigung jedoch aus, gilt das bei den Neapolitanern als schlechtes Omen. Das war 1980, 2016, 2020 und 2021 zuletzt der Fall.
Weitgehend unbekannter Heiliger
Über das Leben des Heiligen Januarius ist wenig bekannt, lediglich seine Enthauptung während der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian (284 bis 305 n. Chr.) gilt als einigermaßen gesichert. Als einstiger Bischof von Neapel und Märtyrer wird er unter Katholiken bis heute als Schutzpatron der süditalienischen Stadt verehrt. Die bekannteste Legende stammt aus dem 17. Jahrhundert: Am 16 Dezember 1631 soll er durch ein Wunder verhindert haben, dass ein Lavastrom des Vesuvs in die Stadt Neapel fließt.
Kritiker: Chemisches Gemisch aus Mittelalter
Wissenschaftler bezweifeln die Echtheit der Substanz in der Phiole. Die meisten vermuten hinter dem Wunder ein chemisches Gemisch, dass Stoffe enthält, die auch im Blut zu finden sind. Mit anderen Worten: Kunstblut, das man bereits im Mittelalter herstellen konnten und das sich bei Erschütterung verflüssigt. Die Kirche erkannte das Wunder zwar nie offiziell an, eine Überprüfung wurde aber auch nie zugelassen - die Ampullen im Dom von Neapel bleiben fest verschlossen.