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Ein Plakat bei einer Lehrer-Demo
In Wien streiken die Lehrkräfte wegen Überlastung.
In Wien streiken die Lehrkräfte wegen Überlastung.
BARBARA GINDL/APA

Lehrer am Limit: "Wir schaffen das nicht mehr"

17.10.2024 um 10:04, Jovana Borojevic & APA, Red
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Lehrer-Aufstand in Wien: Überlastung, Personalmangel und steigende Anforderungen setzen den Lehrkräften zu. Eine Demo soll auf die Krise aufmerksam machen.

Nur sechs Wochen nach Schulbeginn haben Wiener Pflichtschullehrergewerkschafter für Donnerstag um 17 Uhr zu einer Kundgebung vor der Bildungsdirektion aufgerufen, danach gibt es eine Demo zu Bildungsministerium und Ballhausplatz. "Wir schaffen das nicht mehr!", beklagt die Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) im Demoaufruf. Überlastung, Personalmangel, Bürokratie und steigende Anforderungen setzen ihnen zu. Die Sonderpädagogen halten am 21. Oktober eine Dienststellenversammlung ab.

Schulen am Limit

Die Schulen seien am Kipppunkt, der Betrieb sei an vielen Standorten nur noch eingeschränkt möglich, warnte Wiens oberster Lehrervertreter Thomas Krebs (FCG) im Vorfeld der Kundgebung. Die Schulen seien konstant unterbesetzt, Lehrerinnen und Lehrer deshalb permanent an der Belastungsgrenze. Dazu komme ein Mangel beim Unterstützungspersonal, Lehrer würden teilweise in Freizeitgruppen oder für fehlende Schulwarte einspringen. Gleichzeitig berichtete zuletzt in einer Umfrage die Hälfte der Wiener Pflichtschullehrer, dass mindestens die Hälfte ihrer Klasse zu wenig Deutsch spricht, um dem Unterricht folgen zu können. Täglich erhalte er Berichte über Respektlosigkeiten und Übergriffe durch Schüler, Sanktionsmöglichkeiten fehlten. Die Bildungsdirektion sei wiederum notorisch unterbesetzt, technische Probleme beim Bewerbungstool hätten den Lehrermangel noch verschärft.

Forderungen an die Politik

Von den Entscheidungsträgern forderte Krebs eine nachhaltige Entlastung, gerechte Arbeitsbedingungen und einen Schulsozialarbeiter und -psychologen an jedem Standort, damit das Lehrpersonal seine Arbeit weiter auf hohem Niveau erledigen könne. In den Kindergärten seien kleinere Gruppen und mehr Sprachförderung notwendig, in der Lehrerausbildung müssten die Studierenden wieder besser auf die Praxis vorbereitet werden.

Protest als Warnsignal

Man habe seit dem Frühjahr immer wieder gewarnt, dass die Lehrerinnen und Lehrer am Limit seien, so Krebs. Die Standkundgebung vor der Bildungsdirektion, die bewusst außerhalb der Unterrichtszeit angesetzt wurde, sei als "lautes Zeichen der Solidarität" gedacht. Unter dem Motto "Deine Stimme für eine starke Stimme" wird auf der Einladung auch gleich um Unterstützung für die FCG bei den Ende November anstehenden Personalvertretungswahlen geworben. Sollte der Protest keinen Effekt zeigen, sind laut Krebs auch weitere Maßnahmen vorstellbar, die den Unterricht durchaus beeinträchtigen würden.

Unterstützung von anderen Lehrergewerkschaften

Unterstützt wird die Veranstaltung auch von den Unabhängigen Lehrergewerkschaftern der ÖLI-UG an Wiens Pflichtschulen. Sie haben zusätzlich zur Kundgebung in der Wipplingerstraße noch zwei weitere vor dem Bildungsministerium und - als Zeichen gegen die von der FPÖ geforderte "Meldestelle" gegen "politisierende Lehrer" - am Ballhausplatz angemeldet. Sie verlangen etwa genügend Ressourcen und Unterstützung durch multiprofessionelle Teams, transparente Verträge und höchste Priorität für Bildungspolitik bei den Regierungsverhandlungen.

Dienststellenversammlung für Sonderpädagogen

Weil im Bereich der Sonderpädagogik die Arbeitssituation und Belastung bereits zu hoch sei, hat der überfraktionelle Dienststellenausschuss der Fachspezifischen Sonderpädagogik unter dem Vorsitz der ÖLI-UG für nächsten Montag (21. Oktober) außerdem für 13 Uhr eine Dienststellenversammlung für die rund 1.500 Bediensteten einberufen, die an Schulen etwa für körper-, sinnes-, schwer- oder mehrfach behinderte Kinder arbeiten. An den betreffenden Schulen wird nur ein Journaldienst stattfinden bzw. der Unterricht entfallen.

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