Hermann Nitsch im Alter von 83 Jahren gestorben
Hermann Nitsch wurde am 29. August 1938 in Floridsdorf geboren. Der Vater fiel im Krieg, Nitsch wurde von seiner Mutter alleine großgezogen. 1944 kam er in die Volksschule Brünner Straße. "Happi" wurde er damals genannt. Talent im Sport hatte er keines, obwohl er Radrennfahrer werden wollte.
Religiöse Phase
Mit sieben oder acht Jahren kam die religiöse Phase. Die Messe vom jungen Pfarrer in Großjedlersdorf hat ihn beeindruckt. "Wunderbare Weisheiten und Symbole" fand der Künstler in jeder Religion. Im Gymnasium war er ein schlechter Schüler, fast lauter Fünfer, sogar in Musik. "Faul war ich und interessiert hat's mich auch nicht". Nur der Zeichenlehrer hat Nitsch Talent schon früh erkannt.
"Mein Lehrer war ich selber"
Nach der dritten Unterstufe flog er vom Gymnasium Franklinstraße und musste in die Hauptschule. "Im B-Zug war ich. Da waren ein Haufen Deppen und ich wurde so zornig, dass ich mich endlich bemüht hab." Die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in der Westbahnstraße war die Rettung seiner Begabung. Dort hat ihn die Malerei in seinen Bann gezogen.
Schweinereien im Keller
Die ersten Aktionen hat er noch in Florisdorf gemacht, unter anderem in einem SPÖ-Vereinskeller. Die Mama hat seine Schweinereien komisch gefunden. Nach außen hin hat sie ihren Buben aber immer verteidigt. Aber daheim hat sie geschimpft. Und wenn Besuch gekommen ist, dann hat sie immer seine Frühwerke hergezeigt, damit die Leute sehen, dass der Bub auch "richtig malen" kann. 87 Jahre alt wurde seine Mutter, seinen Welterfolg hat sie miterlebt. Auch wenn sie ihn nie verstanden hat.
Kritik und Anfeindungen
Nicht nur die Frau Mama, auch viele andere verstanden seine Aktionen nicht, bei denen zuerst noch mit Farbe, später aber mit Blut, Eingeweiden und Tierkadavern gearbeitet wurde. Während die einen mit Kritik und Anfeindungen reagierten, fährt Nitsch jedoch internationale Erfolge ein, stellt in New York und London aus und verfolgt seine Vision des Gesamtkunstwerks.
Orgien-Mysterien-Theater
Anfang der 1970er-Jahre erwarb er das Schloss Prinzendorf in der Nähe von Mistelbach, das zum persönlichen, aber auch künstlerischen Zentrum wurde. Im Schloss wurden zahlreiche Aktionen des Orgien-Mysterien-Theaters aufgeführt und 1998 fand das international angesehene 6-Tage-Spiel statt, das der Künstler als Höhepunkt seines Schaffens sieht. Die Veranstaltung führte zu einem enormen Medienrummel und sorgte für viel Erregung.
6-Tages-Spiel findet statt
Am Montag ist der Ausnahmekünstler nach langer, schwerer Krankheit „sehr friedlich“ eingeschlafen, sagt seine Frau Rita Nitsch. Das „6-Tage-Spiel“ das heuer am 30. und 31. Juli angesetzt wurde, würde dennoch stattfinden. „Das haben wir ihm versprochen“, so Rita Nitsch.
Die Erinnerungen stammen aus dem Buch "Floridsdorf" von Brigitte Biedermann und Barbara Mader, Metroverlag.