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Energiekosten: Ist das noch leistbar?

25.01.2022 um 09:25, Alexandra Nagiller
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Die Nerven am Energiemarkt liegen aktuell blank. Die Preise sind in den vergangenen Monaten durch die Decke gegangen. Doch was bedeutet das für uns als
Endverbraucher?

Der Markt reagiert aktuell äußerst sensibel, selbst auf Gerüchte und Medienmeldungen, wie Mag. Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft bei der E-Control, bestätigt: ­„Viele Abnehmer sind bereit, deutlich mehr zu zahlen. Dadurch gibt es starke und unberechenbare Fluktuationen am Großhandelsmarkt.“

Die Ursachen

Doch warum sind die Energiepreise überhaupt so exorbitant in den vergangenen Monaten gestiegen? Dafür muss man zunächst einen Blick auf den Gasmarkt werfen – denn Gas wird nicht nur zum Heizen, sondern auch zur Stromerzeugung genutzt. „Begonnen hat die Steigerung bereits im September, ausgelöst in Südostasien“, erklärt Mayer: „Durch den heißen Sommer wurde dort viel Gas-Strom für die Kühlanlagen benötigt. Auch China wollte weniger Kohle nutzen und hat groß eingekauft. Zudem hatten die Europäer ein kaltes Frühjahr und schlecht gefüllte Speicherstände – die sie auch füllen wollten. Hinzu kommt noch die Unsicherheit, ob Russland weiterhin Gas liefert und die Beunruhigung durch den Ukrainekonflikt.“ So sind die Preise innerhalb kürzester Zeit nach oben geschossen. Lagen sie vor Corona noch bei unter 20 Euro pro Megawattstunde, lagen sie im Dezember 2021 bei bis zu 170 Euro und aktuell wieder etwas niedriger bei rund 100 Euro.

Ost-West-Gefälle

Auffällig ist, dass Endverbraucher in Ostösterreich deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen – rund 360 Euro beträgt der Unterschied auf der Jahresrechnung z. B. zwischen dem Burgenland und Vorarlberg. Mayer geht sogar davon aus, dass sich diese Situation noch weiter verschärfen wird: „Im Westen haben sich die Preise bis dato auch noch nicht angepasst – aus gutem Grund: Der Westen ist in ­Sachen Energieerzeugung Selbstversorger, hier wird viel Wasserkraft erzeugt. Diese Erzeuger haben sich jetzt vermehrt auf ihr eigenes Versorgungsgebiet zurückgezogen. Das bedeutet, dass aktuell etwa kein Strom aus Tirol in Wien verfügbar ist – was früher aber sehr wohl eine Option war. Dadurch schrumpfen die Varianten österreichweit, und damit auch die Möglichkeiten, Geld zu sparen.“

Blick über die Grenzen

Ironischerweise ist übrigens bei unseren Nachbarn Strom teilweise deutlich billiger – weil dieser dort aus Gas, aber auch aus Kohle erzeugt wird, wie Mayer ausführt: „Aus Kohle erzeugter Strom ist auch im Preis gestiegen, kostet aber nur die Hälfte von ­jenem aus Gas.“ Profitieren können wir leider davon nicht, da der deutsch-österreichische Strommarkt getrennt wurde. Aber der Experte verrät: „Im Sommer sollte sich die aktuelle Preisdifferenz auch wieder anpassen.“ Die gute Nachricht: Im Moment sitzen wir praktisch global alle im gleichen Boot: „Das ist gut für die Industrie, wenn alle mit den gleichen Bedingungen kämpfen. Ein­zige Ausnahme sind die USA – hier steht Energie zum halben Preis zur Verfügung, weil die USA nicht so stark von Importen abhängig sind. Für heimische Unternehmen im direkten Konkurrenzkampf mit US-Firmen ist das ein klarer Wettbewerbsnachteil“, so der Experte. Einen Lichtblick gibt es aber auch für private Stromkunden: Der Ökostrom-Förder­beitrag fällt angesichts der hohen Energiepreise heuer aus. Damit wird ein Durchschnittshaushalt gegenüber dem Vorjahr um rund 110 Euro entlastet.

Johannes Mayer, Leiter Abteilung Volkswirtschaft der E-Control

Interview mit Johannes Mayer, Leiter Abteilung Volkswirtschaft der E-Control

Die Energiepreise sind in den vergangenen Monaten massiv gestiegen. Wann rechnen Sie mit einer ­Stabilisierung am Markt?
Seit Dezember mit einem Spitzenwert von 170 Euro ist der Preis zwar etwas zurückgegangen auf rund 70 bis 100 Euro je Megawattstunde. Doch von einer Stabilisierung können wir noch nicht reden. Im Oktober sind wir davon ausgegangen, dass sich die Situation im zweiten Quartal 2022 entspannen wird,nun sieht es danach aus, dass dies bis zum zweiten Quartal 2023 dauern wird. Das Niveau von 2019 mit Preisen unter 20 Euro je Megawattstunde werden wir auch dann nicht mehr erreichen.

Inwieweit trifft das die ­Endkunden?
Aktuell haben viele Anbieter noch nicht reagiert und Erhöhungen weitergegeben. Besonders betroffen sind daher all jene, die ­einen neuen Vertrag abschließen. Hier sind die Preise aktuell deutlich höher, Schnäppchen gibt es kaum. Wer umzieht, muss aber in den sauren Apfel beißen. Aktuell rentiert sich ein Umstieg nur für jene die „floaten“, sprich deren Preise angebunden an Großhandelspreise sind – diese sind nämlich derzeit enorm hoch.

Was raten Sie Konsumenten aktuell?
Haushalte sollten ihre Post gut lesen. In Ost­österreich gab es schon Preisanpassungen, die Teuerungswelle ist aber noch nicht vorbei. Einige Energielieferanten haben sich zudem bereits vom Markt zurückgezogen. Es kann aber durchaus sein, dass hier noch welche folgen – und man sich einen neuen Anbieter suchen muss. 300 bis 400 Euro an Mehrkosten sind aber heuer generell möglich. Wenn diese auf einen Schlag als Nachzahlung fällig sind, kann das wehtun. Mein Rat daher: Wenn Sie wissen, dass die Preise Ihres Anbieters steigen, lieber die Akontozahlungen gleich erhöhen, dann gibt es keine böse Überraschung bei der Endabrechnung.

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