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ÖBB Dosto-Garnituren: Frisch restauriert, schon verschmiert.
ÖBB Dosto-Garnituren: Frisch restauriert, schon verschmiert.
Andi Dirnberger

Daniel Pinka: Graffitis sind kein Kavaliersdelikt!

06.02.2024 um 12:27, Andi Dirnberger
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In der Ostregion brodelt es in der Pendlerseele! Zugausfälle sind ärgerlich, aber nicht jeder Ausfall ist hausgemacht. Die Sprayerszene mischt da eifrig mit.

Zugausfall, nicht schon wieder? Die ÖBB haben sicher Quantitätsprobleme im Regionalverkehr, aber auch tatkräftige, ungewollte Unterstützung. Denn verschmierte Züge sind allgegenwärtig. Sind die Graffitis rassistisch oder sexistisch, müssen die Züge sofort aus dem Verkehr genommen werden. Aber auch "normal" versprühte Züge müssen zur Reinigung aus dem Takt ausscheiden. Weekend-Redakteur Andi Dirnberger befragte ÖBB-Konzernsprecher Ing. Mag. Daniel Pinka, MAS zu diesem leidigen Thema.

Weekend: Im März 2023 wurde seitens der ÖBB über den erfolgreichen Kampf gegen die Sprayer berichtet, derzeit hat man aber nicht den Eindruck, dass dieser Kampf wirklich von Erfolg gekrönt ist. Zahlreiche Pendler sind daher gezwungen, die Fahrt zur Arbeit  quasi „in Dunkelhaft“ bzw. ohne Aussicht zu verbringen. Gerade im Regionalverkehr in der Ostregion sind die Waggons der Doppelstock-Garnituren mehrheitlich besprüht und die gerade erst „runderneuerten“ Dosto-Garnituren offensichtlich für Graffiti-Attacken besonders beliebt

 

Daniel Pinka: Beides ist richtig. Einerseits steigt hierzulande die Zahl an Graffitis im langjährigen Schnitt an, andererseits werden im europäischen Vergleich auch überproportional viele Täter ausgeforscht. Die ÖBB verfolgen hier eine klare Null-Toleranz-Strategie, denn die Schäden gehen jedes Jahr in die Millionenhöhe. Jedes Graffiti wird konsequent in einer Datenbank dokumentiert und zur Anzeige gebracht. So gelingt es, dass Sprayern auch lange zurückliegende Graffitis zu- und nachgewiesen werden können.  

Beispielsweise konnten 2022 zwei Tätern mehr als 420 Graffitis zugeordnet werden. Diese Vorfälle erstrecken sich über einen Zeitraum von 15 Jahren (2008 – 2022). Die sich ergebende Schadenssumme überstieg 500.000 Euro. Kurzum, eine konsequente Strafverfolgung und Geltendmachung von Schadensersatzforderungen zählen zu den effektivsten Maßnahmen, um Wiederholungstaten zu verhindern. Auch wenn immer noch viele Taten nicht verhindert werden können, so zeigen Analysen, dass die getroffenen Maßnahmen Wirkung zeigen.

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Der Albtraum in aller Pendlerfrühe!

Weekend: In meinen Gesprächen mit Zugbegleitern habe ich erfahren, dass diese Sprayer-Szene nicht nur äußerst aggressiv und mit selbst gemachten Keramikfarben agiert, die sich noch dazu schwierig entfernen lassen, dass die Sprayer nicht nur lokaler, sondern auch internationaler Herkunft von ungarischen bis englischen Staatsbürgern sind und die Züge nicht nur zentral etwa in Wien, sondern auch während nächtlicher Abstellzeiten auf kleinen Bahnhöfen wie z.B. Hohenau attackiert werden?

Pinka: Hotspots sind nach wie vor Abstellanlagen in der Ostregion. Hier werden in enger Kooperation mit der Polizei regelmäßig Schwerpunktaktionen umgesetzt. Werden Sprayer gefasst, dann werden die Ermittlungen naturgemäß von der Polizei geführt. Nach einem Strafverfahren fordern die ÖBB dann in einem Zivilgerichtsverfahren volle finanzielle Schadenswiedergutmachung vom Täter ein. Neben den Kosten für die Reinigung trifft die ÖBB vor allem der Umstand, dass Züge für die Zeit der Reinigung nicht im öffentlichen Verkehr eingesetzt werden können. Das verringert das Platzangebot für unsere Fahrgäste bzw. kann auch zu Zugausfällen führen. In weiterer Folge leidet auch die Verlässlichkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln im Allgemeinen.

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Schlechte Aussichten für Fahrgäste zu ebener Erd.

"Insgesamt 300 neue Züge sind im Anrollen"

Weekend: Die neuen CJX-Schnellverbindungen, vor allem die Strecke Wr. Neustadt – Wien, wird ganz hervorragend angenommen und entlastet die REX-Verbindungen, allerdings sind diese auch berstend voll, weil oft nur Kurzzüge eingesetzt werden, noch dazu mit schon sehr altem Wagenmaterial, Wann können die Pendler hier eine Verbesserung erwarten?

Pinka: Gerade der Ballungsraum südlich von Wien hat eine besondere Bedeutung für die Pendler. Deswegen haben die ÖBB auch hier einen besonderen Fokus gesetzt. So wurde die Pottendorfer Linie ausgebaut und das Angebot auf der Südstrecke erhöht. Mit dem seit Dezember letzten Jahres verkehrenden schnellen CJX geht es nun noch rascher nach Baden und Wiener Neustadt. Diese zusätzliche, schnelle Verbindung wird besonders gut angenommen. Wir bekommen laufend neue Fahrzeuge, insgesamt 300 neue Züge sind für ganz Österreich im Anrollen.  Auch in der Ostregion werden zusätzliche Züge kommen, diese werden dann auch auf stark nachgefragten Verbindungen eingesetzt werden.  

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Daniel Pinka: "Graffitis sind kein Kavaliersdelikt, sondern Beschädigung des Eigentums von uns allen."

Graffitis sind kein Kavaliersdelikt!

Weekend: Ist es noch so, dass ein wirksamer Schutz der Züge und ein langfristiger Erfolg gegen die Sprayerszene, wenn überhaupt, nur mit sehr viel Personalaufwand möglich ist?

Pinka: Klar ist, dass nicht jeder Zug Tag und Nacht bewacht werden kann. Die ÖBB setzen aber auf eine ganze Reihe präventiver und aktiver Maßnahmen, um ihre Züge zu schützen. Dazu gehören Zäune oder Videodetektion, aber auch Patrouillen durch Securitypersonal, die permanente Reinigung der Züge und das Einfordern von Schadenersatz von erwischten Sprayern. Die ÖBB haben in den vergangenen Jahren viel Steuergeld in die Modernisierung von Infrastruktur und Wagenmaterial investiert. Als Unternehmen sind die ÖBB dem Eigentümer, den Steuerzahlern und den Fahrgästen gegenüber verpflichtet, gegen Graffitis vorzugehen. Zusammengefasst, Graffitis sind kein Kavaliersdelikt, sondern Beschädigung des Eigentums von uns allen.  

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Zugausfälle: Die Sprayerszene trägt zumindest eine Mitverantwortung!

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