Belästigung beim Arztbesuch: Frauen teilen ihre Erfahrungen
Die Twitter-Userin „Joanalistin“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Frauen Gehör zu verschaffen, die während eines Arztbesuchs schon einmal schlimme Erfahrungen gemacht haben. Die unzähligen Antworten unter dem Hashtag #frauenbeimarzt zeigen, welch verstörende Ereignisse sich in dieser Situation immer wieder abspielen. Die Erzählungen der Frauen reichen von herablassenden, sexistischen oder belächelnden Kommentaren bis hin zu physischen und gewaltsamen Übergriffen.
Frauen berichten
Viele dieser furchtbaren Erlebnisse spielen sich beim Gynäkologen ab. Doch auch von Allgemeinmedizinern oder Zahnärzten werden Übergriffe beschrieben. Sexistische Sprüche über das Äußere oder falsche Diagnosen aufgrund von Verharmlosungen sind dabei keine Seltenheit. „Ich bin moppelig- unbestritten. Aber ich war schon etwas geknickt, als mir ein Arzt bei einer 2wöchigen Magen-Darm-Geschichte zu mir meinte: Das schadet nicht. Sie sind ja eine Frau, die in der Steinzeit gut über den Winter gekommen wäre“, schreibt beispielsweise eine Userin. Eine andere berichtet davon, bei einer Darmspiegelung gesagt bekommen zu haben, dass sie „außen wie innen schön sei". Und auch die Aufforderung sich obenrum auszuziehen, obwohl das für die Untersuchung offenkundig nicht notwendig ist, hörten unzählige Frauen beim Arzt.
Ich hatte unglaubliche Magenschmerzen, Reflux so stark über Monate, dass ich Angst hatte zu ersticken. Ich ging zum Arzt und er schob alles auf die Psyche und hat mich nicht einmal untersucht. Es wurde natürlich nicht besser und beim zweiten Arzt wurde Magenkrebs diagnostiziert.
— Annika Reckweg (@annika_reckweg) January 14, 2022
Beim Hautarzt wegen irgendeinem komischen Ausschlag auf der Hand. Zur "Befundbesprechung" setzt er sich neben mich auf die Untersuchungsliege und legt mir die Hand aufs Knie 🤢 #frauenbeimarzt
— Regina Zauchner (@ReginaZauchner) January 14, 2022
Ich war bei einem hoch gelobten Frauenarzt wegen meiner Beckenschmerzen. Verlassen hab ich die Ordination mit einem Rezept für ein Antidepressivum, dem Ratschlag vor dem Sex ein Glaserl Wein zu trinken und der Diagnose ‚psychogene Dyspareunie‘. Eigentlich wars IC und Adenomyose.
— Agnes (@agnesmahler) January 14, 2022
Bekannte musste sich vor ihrer Lippenuntersprizung nackt ausziehen und wurde am Busen, po und vulva massiert, mit der Begründung der Arzt müsse prüfen wo sich das Hyaluron absetzen könnte.
— mademoiselle (@melbehigh) January 14, 2022
Promis sind keine Ausnahme
Auch Schauspielerin Verena Altenberger ist dabei keine Ausnahme. Sie erzählt von einem Arztbesuch, bei dem sie ihr T-Shirt nicht ausziehen wollte, weil sie keinen BH trug und der Arzt sie daraufhin nicht behandeln wollte. „And don't get me started mit gefühlt 100 Sprüchen zum Würgereflex in den letzten 2 Jahren bei Corona Tests“, fügt sie hinzu.
Physiotherapie wegen Hüfte, er sagt obenrum frei machen, BH kann dürfe ich anlassen. Trug keinen BH und wollte Tshirt anlassen (sollte bei der Übung ua auf u ab springen. Er meinte dann: Entweder oben ohne und Behandlung, oder wieder gehen und bezahlen. #FrauenBeimArzt
— Verena 💉💉💉Altenberger (@EnaAltenberger) January 14, 2022
Tabu-Thema
Besonders erschreckend ist, wie viele Frauen von Gewalt bei der Geburt erzählen. Sie hätten trotz ausdrücklichen Wunsch keine PDA bekommen, wären ohne Vorwarnung geschnitten worden oder hätten sich herablassende Kommentare über Verhütung anhören müssen. Besonders bei Schwangerschaftsabbrüchen oder Fehlgeburten würde mit den Frauen oft unglaublich empathielos und grob umgegangen, wie viele erzählen.
Ich wurde bei der Geburt meines 1. Kindes ohne Wehe, ohne Vorwarnung und ohne Narkose geschnitten. Die Hebamme hat nur in der 3. Person von mir gesprochen. Das war am 17.9.1999 im LKH Graz. Ich kann erst heute darüber sprechen.
— Kati Bruder (@BruderKati) January 14, 2022
Ich lag in der 8. SSW auf dem Gynstuhl in einem KH. Mit Blutungen. Ein älterer Herr/Arzt kam rein, rammte mir den Ultraschall-Stab vaginal rein und sagte: „Nein, da lebt nichts mehr.“ Zog raus und verliess den Raum.
— Manu-Augenhoehe (@MAugenhoehe) January 14, 2022
Was man tun kann
Dass Frauen ihre Geschichten teilen, ist ein wichtiges Mittel, um auf diese Thematik aufmerksam zu machen. Betroffenen erfahren, dass sie nicht die einzigen sind, und dass solche Übergriffe auf keinen Fall einfach ignoriert werden sollten. Grundsätzlich sollte bei Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt der erste Weg zur Polizei führen. Es ist jedoch auch sinnvoll, unangenehme Kommentare oder Belästigungen Anlaufstellen wie beispielsweise der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft (WPPA) zu melden. Hier werden Betroffene juristisch beraten und können sich über mögliche strafrechtloche Schritte informieren. Zudem kann sich die WPPA an die Ärztekammer wenden, um Schritte gegen den betroffenen Arzt einzuleiten.