Texpo: Es lebe der Sport
Die Coronakrise hat viele Bereiche der Wirtschaft hart getroffen, doch den Sporthandel hat sie die letzten beiden Jahre in manchen Bereichen regelrecht beflügelt. Allein im Vorjahr verzeichneten große Händlervereinigungen und Ketten Zuwachsraten zwischen 20 und 25 Prozent. Der Grund für diesen plötzlichen Bewegungstrend: Die Menschen wollten nach den Lockdown-Maßnahmen nur noch raus – in den Wald, aufs Rad oder mit den Tourenski auf den Berg. Gebremst wurde der wirtschaftliche Erfolgslauf nur von den Lieferengpässen, ausgelöst durch Chinas Coronapolitik. Grenzen und Häfen wurden geschlossen und der Nachschub für Europas Wirtschaft begann zu versiegen. Während der Handel durch Boom- und Mangelphasen manövrieren musste, profitierte Peter Gerhofer mit seinem Sportgroßhandel Texspo von beiden Entwicklungen. „Wir konnten im letzten Geschäftsjahr ein Umsatzplus von 70 Prozent verzeichnen – und es wäre noch mehr möglich gewesen, hätten Ukraine-Krieg und Teuerung die gute Kaufstimmung nicht eingetrübt“, sagt der 66-jährige Handelsprofi. Sein Joker: ein eigenes Lager, laut Gerhofer das größte für Textil und Sporttextil im Großhandelsbereich in Österreich. Im Lager sind ständig eine halbe Million Teile verfügbar – von Hosen über Jacken und T-Shirts bis zu Trikots und Shorts. „Die Nachfrage war enorm, weil wir fehlende Artikel in der Regel sofort liefern konnten“, sagt Gerhofer.
Mit GTS eigene Marke lanciert
Das Unternehmen hat Gerhofer mit Anna Malmqvist, einer gebürtigen Schwedin, 2006 gegründet. Die ersten Jahre wurde klassisches Großhandelsgeschäft im Auftrag von Handelsketten wie Hervis betrieben. Malmqvist und Gerhofer erkannten früh das Potenzial von Funktionskleidung und entschieden, 2015 mit einer eigenen Kollektion namens GTS durchzustarten. „Das war der Wendepunkt“, erklärt der Gründer. „Eigentlich wollten wir als Unternehmen überschaubar bleiben und unser jahrelanges Know-how als Großhändler in diesem Bereich ausspielen. Heute beschäftigen wir 27 Mitarbeiter und beliefern praktisch den gesamten Sporthandel in Österreich mit unserer Marke.“ Aber nicht nur Österreich. Auf der ISPO München, der Leitmesse für Sportbusiness, wurden die ersten Kollektionen präsentiert und internationale Kontakte geknüpft. Heute ist GTS in insgesamt 26 Ländern präsent – inklusive Israel, Chile, Australien oder Kanada.
Erfolgsmodell mit vielen Facetten
Die Strukturen blieben trotz allem sportlich schlank. Das Geschäftsführerduo arbeitet ausschließlich mit freien Handelsvertretern. Neu im Familienunternehmen ist seit einem Jahr Tochter Judith Sallrigler, die jahrelang bei der Sport-Eybl-Kette und deren Nachfolgefirma, der britischen Sports-Direct-Gruppe, in führenden Positionen im Marketing tätig war. Sie forciert vorrangig den Auftritt der Marke in den sozialen Medien. „Hier legen wir den Fokus auf Markenbindung mit einer eigenen GTS-Community und einem gezielten Sponsoring diverser Laufveranstaltungen. Auf Instagram arbeiten wir mit namhaften Influencern zusammen. Darunter sind ein italienischer Extremsportler im Bikebereich oder bekannte österreichische Skisportler, die für uns die Textilien testen und dafür werben“, erklärt Sallrigler. „Wir sind mit unserer Marke in der Mitte positioniert, die man laut Lehrbuch ja vermeiden soll“, sagt Gerhofer. Am Anfang sei man besonders preisfokussiert gewesen, „davon sind wir rasch abgerückt, wir haben uns mit der Marke nach oben gearbeitet“. Ein herausragendes Preis-Leistungs-Verhältnis sei ein Teil des Erfolgsmodells. Weiters zählen Lagerservice, rasche Verfügbarkeit der Ware und vor allem faire Händlerspannen dazu.
Ziel: 100 Millionen Euro Umsatz
Ein Herzstück im Unternehmen ist die eigene Designabteilung. „Wir konnten Stefan Brüglhuber für uns gewinnen, der für die Hermann-Maier-Kollektion bei Sport Eybl verantwortlich zeichnete. Brigitte Gehmair hat lange Erfahrung bei Sportalm gesammelt“, sagt Sallrigler. Gestaltet wird nicht nur die eigene, zweimal jährlich erscheinende Kollektion, sondern man nimmt sich auch der Textilproduktionen für Kunden an, darunter sind einige namhafte Marken. Eine eigene „Nautic“-Kollektion wurde im Vorjahr präsentiert. Sowohl Gerhofer als auch Malmqvist eint der Sport. Gerhofer war in jungen Jahren im Ski-Nachwuchskader, musste wegen einer Verletzung Ende der 1970er-Jahre seine Sportkarriere beenden. Danach stieg er als Vertreter ins Textilbusiness ein und machte sich mit einer Jeansfirma selbstständig. Auf der Suche nach immer neuen Produktionsstandorten landete er vor mehr als 30 Jahren in China. Heute sucht man verstärkt in der Türkei und in Portugal nach Produktionsstätten, weil Europa als Standort gestärkt werden soll. Sein Ziel? „Ich will schon zu den ganz großen in Europa gehören. 100 Millionen Euro Umsatz in fünf Jahren sollten ein erreichbares Ziel sein.“