Stefanie Huber: „Vermögen für das Gemeinwohl“
CHEFINFO: Frau Huber, Banken positionieren sich als moderne Dienstleister, die mit ihren Angeboten auf der Höhe der Zeit sind. Dass eine Bank Tradition hat, ist fast ausschließlich an den historischen Gebäuden sichtbar. Welche Relevanz hat die Geschichte einer Bank für die Kunden von heute?
Stefanie Christina Huber: Die größte Relevanz hat unser Gründungsgedanke, der immer noch ein Alleinstellungsmerkmal der Sparkasse Oberösterreich ist. Der Gründungsauftrag vor fast 175 Jahren lautete, Wohlstand für alle Menschen zu schaffen und eine Bank für alle Menschen zu sein. Wenn man die Formulierungen von 1849 auf heute überträgt, dann bedeutet dies, dass kein Alter, kein Geschlecht, kein Stand von den Dienstleistungen der Sparkasse OÖ ausgeschlossen sein soll. Das war revolutionär. Heute soll dieser Mehrwert, der seit fast 175 Jahren für die Gesellschaft erbracht wird, für Kunden wieder sichtbar gemacht werden.
„Wohlstand für alle zu schaffen“ ist ein großes Wort. Wie passt das mit der Aufgabe einer Bank zusammen?
Huber: Operativ ist die Sparkasse OÖ eine Bank AG, die erfolgreich ist und per Gesetz auch sein muss. Auf der anderen Seite ist unsere Hauptaktionärin die „Anteilsverwaltung Allgemeine Sparkasse“, eine eigentümerlose Vereinsparkasse ohne operativen Bankbetrieb. Sie verwaltet das Vermögen der Sparkasse OÖ und ist eine Aktionärin mit besonderer Verantwortung. Durch schrittweise Erhöhung des Anteils auf fast 86 Prozent wird die Anteilsverwaltung ihre Gemeinwohl-Aktivitäten in Oberösterreich deutlich ausweiten können. Wir reden hier aktuell von jährlich es zwei Millionen Euro, die für soziale Vorhaben und zivilgesellschaftliche Projekte, die Menschen und Wirtschaft in Oberösterreich voranbringen, verwendet werden. In schwierigen Zeiten wie diesen zeigt sich, dass unser Gründungsgedanke wichtiger ist als in den letzten zwei, drei Jahrzehnten.
Sie sehen also, dass die soziale Schere in der Gesellschaft weiter auseinanderzugehen droht. Können Sie konkrete Beispiele für Ihre sozialen Aktivitäten nennen?
Huber: Ein Bereich ist die finanzielle Gesundheit. Wir müssen zunehmend auf jene achten, die sich ihr Leben nicht mehr leisten können. Es gibt Menschen, die aufgrund von Überschuldung kein Konto mehr haben. Für diese Menschen wurde die Zweite Sparkasse ins Leben gerufen. Ihre Aufgabe ist es, Menschen zu helfen, wieder schrittweise in ein geordnetes Leben zurückzufinden. Aber es geht auch darum, finanziell gesunde Kunden noch gesünder zu machen. Etwa mit Finanzbildung. Es gibt noch immer Frauen, die kein eigenes Konto haben. Österreichweit sollen mit dem Financial Life Park der Erste Group in Wien, kurz „FLiP“ und dessen mobile Version FLip2Go-Bus, die finanziellen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen verbessert werden. Dabei geht es auch um Veranlagungsmöglichkeiten jenseits des Sparbuchs. Studien zeigen, dass Aktien und Anleihen auf einen langen Zeitraum profitabel sind.
Gibt es Gemeinsamkeiten zu Familienunternehmen, die über mehrere Generationen tätig sind?
Huber: Hätten unsere Gründer uns den Gründungsauftrag nicht mitgegeben, wäre es schwierig gewesen, sich in eine bestimmte Richtung zu entwickeln. Heute sind wir mit unserer Anteilsverwaltung als NGO für die Allgemeinheit aktiv. Genau dieser Punkt bringt uns auch den Familienunternehmen so nahe, weil diese vielfach auch so orientiert sind. Sie gründen Stiftungen und sind oft im großen Stil für das Gemeinwohl tätig.
Wer wie die Sparkasse Oberösterreich auf eine fast 175-jährige Geschichte zurückblicken kann, hat zwei Weltkriege, Währungsreformen, Börsencrashs und zahlreiche Wirtschaftskrisen überstanden. Wie bleibt man resilient?
Huber: Es ist nicht nur das Eigenkapital, es ist auch die Anpassungsfähigkeit, die es braucht. Neues ausprobieren, ohne Bewährtes über Bord zu werfen. Alle fünf Jahre passen wir unsere Strategie an, zuletzt passierte dieser Vorgang Anfang 2020. Wir dachten damals, alles berücksichtigt zu haben. Dann kamen die Pandemie, der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Inflation mit steigenden Zinsen. Daran sieht man, wie dynamisch unser Umfeld ist. Inzwischen haben wir die Learnings aus der Covid-Zeit übernommen und dafür auch unsere Mitarbeiter aus allen Bereichen und Hierarchien mit eingebunden. Wir nennen das Strategiedialog, der sehr erfolgreich ist. Je schneller man hört, wo der Schuh drückt, desto rascher kann man Verbesserungen umsetzen.
Banken spielen bei der Green Transition eine entscheidende Rolle. Sie finanzieren Projekte für den grünen Wandel. Welche Rolle nimmt die Sparkasse OÖ hier ein?
Huber: Es ist ein ganz wesentlicher Bereich. Dass diese grüne Transformation nicht nur durch öffentliche Gelder, sondern auch privat finanziert werden soll, ist durch die Regulatoren vorgegeben. Damit sind wir wieder beim Traditionshaus. Es ist unsere Verantwortung, dass nachfolgende Generationen unsere Welt möglichst noch so vorfinden, wie wir sie heute kennen. Einerseits sollen zunehmend grüne Finanzierungen, die ohnehin bald das neue Normal sein werden, unser Kreditportfolio dekarbonisieren. Andererseits wollen wir als Bank die Klimaneutralität bis 2030 erreichen. Dabei müssen wir als Anbieter von Finanzdienstleistungen auch unsere Lieferketten berücksichtigen.