Iris Brditschka – Flugplatz als Spielplatz
CHEFINFO: Wie ist es, wenn man auf einem Flugplatz aufwächst und anderen Kindern erzählen kann, dass die Familie Flugzeuge baut?
Iris Brditschka: Mein Bruder und ich sind am Flugplatz groß geworden. Wir hatten keinen Spielplatz, sondern den Flugplatz. Wir sind mit unseren Gokarts herumgefahren und im Winter wurde ein Seil am Schlitten befestigt, am Auto angehängt und unser Vater hat uns gezogen. Für uns war die Fliegerei ganz normal. Als mein Bruder eines Tages in die Volksschule ging, hat er meiner Mutter erzählt: „Mama, einer meiner Schulkollegen war am Wochenende mit seinem Papa fischen.“ Meine Mutter hat geantwortet: „Und hast du erzählt, dass du am Wochenende mit Papa geflogen bist?“ Er antwortete: „Nein, das ist ja nichts Besonderes“. Kein Wunder, dass wir mit 16 schon den Flugschein hatten. Schon als Babys wurden wir in einer Buckelkraxe hinter die Sitze gesteckt und sind mitgeflogen.
Sie übernehmen gemeinsam mit Ihrem Bruder. Wie funktioniert das konkret, kommt man sich da nicht öfters mal in die Haare?
Brditschka: Mein Bruder war immer schon ein Technikfreak, ich hingegen habe mich für die kaufmännische Richtung interessiert. Während er eine HTL absolviert hat und gleich danach in der Firma angefangen hat, habe ich an der JKU WIWI studiert. Nach dem Studium bin ich dann sechs Jahre in die Schweiz gegangen, zur Swiss, bin der Branche also treu geblieben. Ich hätte natürlich einen anderen Weg einschlagen können, aber ich habe da nie überlegt. Mein Vater hat einmal gesagt, dass es ein echter Glücksfall sei, dass beide Kinder im Unternehmen bleiben wollen. Und dass wir nicht nur wollen, sondern jeder von uns seine fachspezifische Kompetenz mitbringt. Viele andere Werften sterben aus, weil sie keine Nachfolger haben. Wir haben keine Kompetenzstreitigkeiten. Thomas ist technischer Geschäftsführer, ich werde kaufmännische Geschäftsführerin.
Wie läuft bei Ihnen der Übergabeprozess ab?
Brditschka: Der Übergabeprozess ist noch im Laufen, wird aber im Juli abgeschlossen sein. Mein Vater hatte stets das Technische über und gab seine Gesellschaftsanteile bereits an meinen Bruder weiter. Meine Mutter geht im Juli in Pension und wird mir ihre Geschäftsanteile übergeben. Wir nahmen uns Zeit für einen gut geplanten Übergang. Das geht nicht in wenigen Monaten. Es war wichtig, die Kunden kennenzulernen, und es war auch für die Kunden wichtig, dass es keinen abrupten Übergang gibt, sondern eine gemeinsame Phase. In einer Flugzeugwerft mit all ihren Sicherheitsthemen ist Vertrauen enorm wichtig. Es gibt zwar auch bei uns das Vieraugenprinzip, anders als beim Auto gibt es aber noch einen, der als Letzter unterschreibt, und der haftet dann. Wir haben also die volle Verantwortung.
Gibt es schon eine nächste Generation bzw. wie sehr ist das Fliegen auch privat in der Familie ein Thema?
Brditschka: Wir haben beide noch keine eigenen Kinder, haben das aber bereits in den Gesellschaftsverträgen bei Notaren und Steuerberatern gleich reinreklamiert. Es ist wichtig, dass alles für die nächste Generation geregelt ist, sonst wird es kompliziert. Natürlich geht es auch privat um die Firma, aber das belastet uns nicht. Es sind dann meist unsere Partner, die dann meinen, wir sollten über etwas anderes reden als über Flieger.
Wie bekommt man in dieser spezifischen Branche Mitarbeiter bzw. woher kommen Ihre Kunden?
Brditschka: Derzeit haben wir 17 Mitarbeiter. Gute Leute zu finden ist in diesem Geschäftsfeld noch ein wenig schwieriger als anderswo. Unsere Mechaniker brauchen über die Schule hinaus auch noch Lizenzen, die von der EU-Luftfahrtbehörde abgenommen werden. Wir haben daher einen Mitarbeiter aus den Niederlanden und einen aus Großbritannien. Ein Mitarbeiter pendelt von Wien, einer von Saalfelden aus. Jeder Mechaniker braucht sogenannte Wartscheine. Ein Automechaniker kann einen Ferrari und einen Opel reparieren, beim Fliegen wird unterschieden, ob man auf Holz, Blech oder GfK schrauben darf, und es geht auch nach Gewichtsklassen. Unser am weitesten entfernte Kunde kommt aus Japan. Kürzlich hatten wir einen aus Israel, der wollte unbedingt zu uns, weil wir einen sehr guten Ruf genießen. Wir bedienen hauptsächlich Kunden aus Österreich, Süddeutschland, Ungarn und Norditalien.
Welche Zukunftspläne haben Sie und Ihr Bruder als neue Inhaber? Wollen Sie alles so beibehalten oder neue Ideen umsetzen?
Brditschka: Mein Bruder und ich wollen auf jeden Fall auch in der Zukunft auf unsere Kernkompetenz, die Wartung, setzen. Wir strecken dennoch die Fühler nach anderen Geschäftsfeldern aus. Wir wollen keinen Stillstand. Aktuell haben wir auch ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt laufen, bei dem wir alte Flugzeuge auf modernere Triebwerke umrüsten wollen. Auch in puncto Mitarbeiter wollen wir unser Know-how ausbauen.
Zum Unternehmen
Großvater Heinrich Wenzel Brditschka verlor als Sudetendeutscher seine große Schmuckfirma in Gablonz und fing in Oberösterreich neu an. Während sich der Onkel von Iris und Thomas für Schmuck interessierte, widmete sich ihr Vater Heino gemeinsam mit dem Opa der Fliegerei. Die beiden begannen, Flieger zu konstruieren und selbst zu bauen. Heino war 1973 der erste Mensch der Welt, der mit einem Elektroflugzeug geflogen ist. Er war 16 Minuten in der Luft und stand 30 Jahre im Guinness Buch der Rekorde. HB-Flugtechnik mit eigenem Flugplatz in Hofkirchen ist heute eine der führenden Werften für Segel- und Kleinflugzeuge bei Service und Wartung.