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Entgegen aller Klischees sind es hauptsächlich Klein- und Mittelbetriebe, die von Förderungen profitieren.
Entgegen aller Klischees sind es hauptsächlich Klein- und Mittelbetriebe, die von Förderungen profitieren.
MAX ZOLOTUKHIN / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS

Forschungsförderung - Jeder Topf findet sein Unternehmen

03.04.2024 um 11:44, Jürgen Philipp
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Gibt es in Österreich einen "Förderalismus"? Welche Hebel haben Forschungsförderungen und sind solche gar nur etwas für die "Großen"?

Immer wieder gibt es die Debatte um den „Förderalismus“. Sind Förderungen auch treffsicher? Wären steuerliche Effekte wie das Streichen der Umsatzsteuer zur Errichtung von ­PV-Anlagen nicht sinnvoller? Für den Bürger sind Förderungen ein wichtiger Kaufanreiz. Die Förderung von E-Autos hat die ­Quote steigen lassen, Wärmepumpen werden in manchen Bundesländern bis zu 100 Prozent gefördert und „fördern“ damit den Umstieg auf umweltfreundlichere Heizformen. Doch wie sieht es bei den Forschungsförderungen aus? Ein oftmals gehörter Vorwurf ist, sie seien zu kompliziert und damit nur für große Unternehmen und Forschungseinrichtungen praktikabel. Florian Winner, Leiter der Abteilung Forschungs- & Innovationsförderberatung der Standortagentur Business Upper Austria, lässt das nicht gelten: „In meiner Abteilung haben wir es mit bis zu 80 Prozent KMU und großteils sogar Kleinunternehmen zu tun.“ Winner sieht Oberösterreichs Mittelstand sogar besser aufgestellt: „Bei den FFG-Basisprogrammen gibt es bundesweit eine Erfolgsquote von 68 Prozent, in OÖ sind es sogar 78 Prozent.“ Allerdings weiß Winner aus seiner Praxis, dass der Weg bis zur Zusage steinig sein kann: „Kleine Unternehmen sind oft überfordert, deshalb unterstützen wir sie. Man kann von kleinen Unternehmen nicht verlangen, dass sie da alleine durchkommen. Wenn sie es auf eigene Faust probieren, sind sie da oft verständlicherweise frustriert.“

Von großen Visionen und kleinen Zuschüssen
Fördertöpfe gibt es auf mehreren Ebenen: auf EU-, Bundes-, Bundesland- und sogar auf Gemeindeebene. Alle haben eine gewisse Funktion. An oberster Stelle stehen die „großen“ Transformationsziele der EU. „Die EU-Kommission hat im Rahmen des europäischen Programms HORIZON fünf Visionen skizziert, die gefördert werden: Cancer, Climate – im Speziellen der Schutz von Meeren und Gewässern –, klimaneutrale Städte, gesunde Böden und gesundes Leben.“ Winner spricht dabei von einem Top-down-Ansatz. Auch die nationalen Programme und die der Bundesländer verfolgen diesen Ansatz. „Das Land OÖ verfolgt etwa das Ziel, den Standort und die Technologieführerschaft in strategisch ausgewählten Bereichen zu stärken. Da ergibt Top-down Sinn.“ Auf der anderen Seite gibt es den Bottom-up-Ansatz, etwa wenn Förderungen von der Industrie bzw. privaten Geldgebern in Kombination mit der EU bzw. einzelnen Staaten ausgelobt werden. Die Töpfe dieser Private-Public-Partnership-Förderungen sind oft prall gefüllt und verfolgen konkrete Ziele, etwa wie man Wasserstoff speichern oder Mobilität neu gestalten kann.

OÖ greift am tiefsten in die Töpfe
Auf Bundes- und Bundeslandebene ist die FFG die Förderdrehscheibe, wenn es um Forschung geht. „Oberösterreich holt das meiste Geld in den Basisprogrammen ab. 2022 flossen 90,7 Millionen Euro aus der FFG in unser Bundesland.“ Das FFG-Basisprogramm ist dabei offen, man kann also auch alleine einreichen, während es bei thematischen Calls meist die Auflage gibt, sich als Konsortium zu bewerben. „Ein gutes Beispiel ist ein großes EU-Projekt namens DigiCell, das vom Linzer Technologieunternehmen Keysight verwaltet wird. Das ist ein riesiges Konsortium, das Batterien nachhaltiger und effizienter machen will. Dazu gehören sieben Partner aus verschiedenen EU-Ländern. Zwei der sechs Millionen Euro Fördergelder fließen nach OÖ.“

Florian Winner
Förderexperte Florian Winner rät auch kleinen Unternehmen, die Chancen zu nutzen. Sein Team und er beraten zu rund 80 Prozent Klein- und Kleinstunternehmen.

Fördereffekte sind messbar
Und was bringt nun Forschungsförderung konkret? „Eine Studie der Business School St. Gallen zeigt, dass ein Förder­euro mittelfristig zu zehn Euro zusätzlicher Umsätze für Firmen, die Fördergelder erhalten, führt. Zwischen 2016 und 2019 haben Unternehmen, die FFG-Förderungen erhalten haben, ihre Beschäftigungszahlen um 7,1 Prozent steigern können, während andere Unternehmen nur um 0,4 Prozent wuchsen. Dasselbe beim Umsatz. Mit Förderungen wuchs dieser um 10,8 Prozent, Firmen ohne Förderungen verzeichneten nur 2,5 Prozent Wachstum. Die Sinnhaftigkeit von Förderungen ist ganz klar belegt.“ 

Effekt auf Bildungseinrichtungen
Forschungseinrichtungen, Universitäten oder Fachhochschulen sind bei zwei Drittel aller FFG-Projekte mit an Bord, zum Teil ist ihre Teilnahme verpflichtend. Dennoch hört man oft den Vorwurf, Projekte würden abgearbeitet und dann in der Schublade verschwinden. Das sieht Winner nicht: „Es wird schon lange daran geschraubt, dass Ergebnisse der industriellen Grundlagenforschung auch umgesetzt werden. Die Motivation wird erhöht, weil es mehr Geld gibt, wenn Unternehmen, die an einer Umsetzung interessiert sind, und die Forschung gemeinsam an einer Lösung arbeiten.“ Erste Früchte sieht man an der steigenden Zahl an universitären Ausgründungen, sogenannten Spin-offs, die eine wirtschaftliche Verwertung der Erkenntnisse im Auge haben. 

Österreich ist Förder-Europameister
Auch Startups und kleine Unternehmen können die gut gefüllten Töpfe in Österreich anzapfen – das Land ist ein ­Spitzenreiter in Europa, Länder wie Spanien sind ausschließlich auf EU-Förderungen angewiesen. „Dort, wo es bei staatlichen Förderungen Lücken gibt, springt das Land OÖ ein, gerade für kleinere Unternehmen.“ So schließt das Land die Lücke zwischen dem FFG-Innovationsscheck, der mit 12.500 Euro dotiert ist, und den FFG-Kleinprojekten mit 150.000 Euro mit dem Programm Impuls ­Single, das mit 50.000 Euro dotiert ist. „Eine ­kluge Maßnahme“, wie Winner anmerkt. Er sieht Österreich bei Förderungen für Start­ups daher gut aufgestellt. Im Fokus der FFG stehen aber die Scale-ups, also ­junge Unternehmen, die dem Startup-Dasein entwachsen und ihr Geschäftsmodell ausrollen wollen. „Da sind wir nicht so gut aufgestellt, weil es privates Kapital braucht.“ Business Upper Austria organisiert daher gemeinsam mit anderen Bundesländern das Austrian Deep Tech Pitching, ein Event, der Scale-ups mit Investoren zusammenbringt. Auch auf EU-Ebene sind Scale-ups im Fokus. Der European Innovation Council hat für sie eigene Fördertöpfe geöffnet, die bis zu 15 Millionen Wachstumskapital bringen können. „Für einzelne Unternehmen“, wie Winner betont. Solche Töpfe sind natürlich kein Selbstbedienungsladen. Die Kriterien sind streng. Für manche zu streng. „Es muss natürlich Kriterien geben, denn das Fördervolumen ist begrenzt. Es muss daher gewährleistet werden, dass die Besten eine Förderung bekommen. Daher werden genau die Qualität des Projekts, die Wirksamkeit, die Marktfähigkeit, die Skalierung sowie die Kompetenz des Teams gecheckt und unabhängig bewertet.“ Es kann sich also lohnen, sich durch die oft komplexen Förderkriterien durchzuarbeiten. Einer, der das getan hat, ist Gerald Infanger. Er hat sein Startup „MatheArena“ mit Förderungen auf ein neues Level gehoben, wie er im Interview verrät. 

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