Age-Diversity – kein altes Eisen
Die 55-jährige Monika H. musste drei Jahre lang nach einem Job suchen. Zu Bewerbungsgesprächen wurde sie meist gar nicht erst eingeladen. „Ich hatte oft den Eindruck, dass das Geburtsjahr das Ausschlusskriterium war.“ Tatsächlich zeigt eine Umfrage der epunkt GmbH, dass nur 38 Prozent der 103 befragten Unternehmensvertreter und Personalverantwortlichen vorbehaltslos offen für Bewerber jenseits der 55 sind. Zu teuer seien die Best Ager, häufig krank, weniger leistungsfähig und im Fall des Falls schwerer kündbar, meinen Unternehmer. Viele dieser Ängste sind jedoch unbegründet und hindern Unternehmen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.
Age Diversity statt Altersdiskriminierung
Laut Gleichbehandlungsgesetz ist Diskriminierung aufgrund des Alters verboten. Doch vielen Unternehmern ist gar nicht bewusst, dass Passagen wie „junge, dynamische Mitarbeiter:in gesucht“ im Stelleninserat altersdiskriminierend sein können. Dabei bringt ein durchmischtes Team zahlreiche Vorteile mit sich. Junge Menschen nehmen neue Ansätze mit ins Unternehmen, während die älteren Semester Strukturen und Prozesse beherrschen. Arbeitnehmer im höheren Alter haben zumeist eine hohe emotionale Intelligenz und können bereits auf weitreichende Netzwerke zurückgreifen. Außerdem besitzen die „Best Ager“ die größte Kaufkraft in Österreich. Vertreter der Generation 50+ im Team zu haben kann helfen, diese Zielgruppe zu erreichen. Wolfgang Feichtenschlager, Initiator des Jobportals „jobbörse 60plus“, sieht ebenfalls Vorteile in altersgemischten Teams: „Unternehmen sind gut beraten, dieses Zusammenspiel zwischen Alt und Jung in ihre Organisationsstrukturen zu implementieren.“
Generationenmanagement
Schlüssel für eine gut funktionierende altersdiverse Unternehmensstruktur sind ein fokussiertes Generationenmanagement und eine Arbeitsgestaltung, die sich an den entsprechenden Lebensphasen orientiert. So sieht es zumindest Wolfgang Feichtenschlager, selbst Teil der Generation Gold. „Mittelfristige Personalbetrachtung“, empfiehlt er Unternehmen, „wer geht in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Pension, welches Know-how trägt diese Person und kann ich diesen Mitarbeiter im Unternehmen halten?“ Außerdem sollten Unternehmen früh genug mit der Nachfolgeplanung beginnen, denn Wolfgang Feichtenschlager hat schon häufig erlebt, dass Personen mit umfangreichem Know-how kurzfristig schwer zu ersetzen waren. Um den Arbeitsalltag effizient zu gestalten, rät er zu Maßnahmenkatalogen, die das Zusammenspiel zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitern regeln.
Unerschlossene Arbeitskräfte
„Was wäre, wenn all das Wissen, kreative Potenzial und die Berufserfahrung, die Unternehmen so ‚händeringend‘ suchen, schon die ganze Zeit da wären?“ Diese Frage stellt Andrea Bertl, Managing Director des Recruiting-Unternehmens epunkt. Sie ist sich sicher, „dass mit dem Nichtbeschäftigen von Best Agern ein erheblicher Verlust an Potenzial einhergeht.“ Diese Einschätzung wird auch durch die Zahlen bestätigt: Rund 15 Prozent der Österreicher gehen laut ÖGB-Arbeitsmarktexpertin Sylvia Ledwinka aus der Arbeitslosigkeit in Pension. Der Arbeitskräftemangel wird sich hingegen in den nächsten Jahren vermutlich noch weiter zuspitzen, da mehr aus dem Berufsleben aus- als eintreten. Andererseits wächst die Gruppe an älteren Menschen, die auch nach Erreichen des Pensionsantrittsalters noch arbeiten wollen bzw. aufgrund geringer Pensionen dazu gezwungen sind, so Wolfgang Feichtenschlager. Ein altersinklusiver Markt kann für Unternehmen ein Mittel sein, die negativen Folgen der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung abzufedern. Betrachtet man die österreichische „Alterspyramide“, wird für Personalverantwortliche bald kein Weg mehr an der Generation 50+ vorbeiführen.