Seppi Sigl: Der Brauer mit Weitblick
„Was darf euch anbieten – Bier oder Haferdrink?“ Lächelnd hält uns Seppi Sigl zwei Gläser entgegen. Gefüllt mit Produkten, die auf den ersten Blick kaum gegensätzlicher sein könnten. Der Brauer aus Obertrum steht für beides: für jahrhundertealte Biertradition und für den Mut, mit einer pflanzlichen Milchalternative neue Wege zu gehen. In achter Generation führt er die Privatbrauerei, bewahrt das Erbe seiner Familie und denkt konsequent über den Bierglasrand hinaus. Mit „SIGL Bio“ stellt Trumer seit 2022 ein pflanzenbasiertes, alkoholfreies Hafergetränk mit Gerstenmalz her und bietet eine regionale Alternative zu den aus Supermärkten bekannten Konzern-Produkten. Was auf den ersten Blick wie ein Bruch mit der Tradition wirkt, ist für Seppi Sigl eine logische Weiterentwicklung. „Brauer arbeiten seit jeher vegan. Wir haben uns weiterentwickelt, ohne auszubrechen.“
Mutige Entscheidungen zu treffen, ist mir nie schwer gefallen – das liegt in unseren
Genen. Es sind die kleinen Entscheidungen, die mich manchmal mehr herausfordern.

Vorbilder und Vordenker
Mutige Entscheidungen sind in der Familie Sigl keine Seltenheit. So hat etwa Josef Sigl VII die Pils-Positionierung und Bierglaskultur seinerzeit nachhaltig geprägt. In den 1990er-Jahren wurde die „Schlanke Stange“ zum schönsten Bierglas der Welt gekürt und schaffte es sogar ins Museum of Modern Art in New York. „Mein Vater hatte eine klare Vorstellung davon, wie Bier genossen werden soll – und er hatte den Mut, es anders zu machen.“ Auch in puncto Nachhaltigkeit gilt Trumer als Vorreiter. Der Betrieb wurde im Vorjahr komplett auf Mehrweg umgestellt. 80 Prozent des Eigenstrombedarfs stammen aus Sonnenenergie, die Wärme zum Einbrauen wird aus einem Hackschnitzelwerk gewonnen. „Diese Kombination gibt es in der Branche kein zweites Mal – in dieser Hinsicht sind wir einen großen Schritt voraus.“
Gelebte Nachhaltigkeit
Seppi Sigl wuchs mit dem Bewusstsein auf, dass Innovation Teil der Trumer-DNA ist. Nun schreibt der 42-Jährige die Familiengeschichte mit eigener Handschrift weiter. Neben der Einführung neuer Biersorten und Produkte wird die Salzburger Produktionsstätte behutsam erweitert und modernisiert. Mittels „Braufunding“ wurde kürzlich über eine Million Euro lukriert und unter anderem in ein CO2-sparendes Kühlsystem und eine Verladestraße in Holzbauweise investiert.
„Ich mag das Wort nachhaltig nicht, weil es abgedroschen klingt. Für mich ist es kein Trend, sondern ein Bewusstsein, das immer schon in mir ist.“ Wer mit dem Salzburger über Produkte und Herstellungsprozesse spricht, merkt schnell: Hier geht es nicht nur um Geschmack, sondern um eine Haltung. Seit 2016 lässt sich Trumer von der GWÖ (Gemeinwohl-Ökonomie) regelmäßig auf Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Transparenz überprüfen. „Ich stehe dafür ein, dass Unternehmen nicht nur nach Gewinnen beurteilt werden, sondern auch nach ihrem sozialen und ökologischen Engagement“, so Seppi Sigl.
Wie bei allem im Leben kommt es auch beim Bier auf ein gesundes Maß
an. Weniger Menge, aber bessere Qualität, ist mein Credo. Ein Glas Bier
steht für mich für Genuss und gesellschaftliches Zusammenkommen.
Gutes Bier braucht Zeit
Während viele Brauereien ihre Produkte binnen weniger Tage abfüllen, setzt man in Obertrum auf „Slow Brewing“ und eine offene Gärung. Trumer ist eine der wenigen Brauereien in Österreich, die Bier auf diese Weise herstellt – und besitzt darauf sogar ein Patent. Woran aber erkennt man am Ende ein hochwertiges Bier? „Wenn es nach zwei, drei Seiterl noch immer gut schmeckt – und man am nächsten Morgen keine Kopfschmerzen hat“, grinst Josef Sigl. Und falls doch: Ein Schluck Hafer-Gersten-Drink soll ein echter Energiekick sein…
Trumer in Hollywood
Bereits seit 1601 wird in Obertrum am See Bier gebraut, seit 1775 unter der Führung der Familie Sigl. Bekannt ist man als „Pils-Spezialist“ aber weit über die Salzburger Grenzen hinaus: Seit mittlerweile 20 Jahren wird das Trumer Pils nach original österreichischer Rezeptur in einer „Schwesterbrauerei“ in Kalifornien gebraut und gilt dort als „Kultmarke“.

Zur Person
Josef „Seppi“ Sigl führt die über 400 Jahre alte Trumer Privatbrauerei in achter Generation. Die Übernahme des Familienbetriebs wurde laut eigener Aussage nie von den Eltern vorgegeben und war doch vorgezeichnet – bereits mit 16 braute er sein erstes Bier. Nach dem BWL-Studium in Wien und wichtigen Auslandserfahrungen kehrte der zweifache Vater 2013 in die Heimat zurück und führt seither das Erbe seiner Vorfahren weiter.