Onlinebewertungen: Wann Kritik im Netz rechtlich problematisch wird
Die Bedienung war unfreundlich, die Suppe wurde kalt serviert und die Preise grenzen an Raubrittertum. Oder: Mein letzter Chef hat Überstunden nicht gezahlt, Mobbing durch Kollegen wurde toleriert und mein Vorgesetzter machte unsittliche Anträge. Beides klingt nach verärgerten Gästen und Mitarbeitern, die ihren aufgestauten Frust in sozialen Netzwerken und Bewertungsplattformen mit anderen teilen. Doch wie weit darf Kritik gehen und welche Möglichkeiten hat man als Betroffener, sich gegen Bewertungen zu wehren?
Schadenersatz ist möglich
Rechtsanwalt Markus Klepp dazu: „Man merkt in unserer Kanzlei, dass sich vermehrt Menschen darüber informieren, wie sie sich gegen Bewertungen im Netz juristisch wehren können. Diesbezügliche Anfragen kommen schon fast täglich.“ Laut dem Juristen beschweren sich besonders Unternehmer – und in selteneren Fällen auch Privatpersonen – vor allem über unrichtige Beurteilungen, die einen ruf- oder kreditschädigenden Charakter haben. „In den meisten Fällen wünschen sich die Anrufer hauptsächlich, dass die Onlinebewertungen gelöscht werden. Andere Forderungen – etwa nach Schadenersatz – sind zumeist nachrangig“, erklärt Klepp.
Auskunftspflicht des Providers besteht
Laut dem Rechtsanwalt ist die Anonymität im Internet noch immer das große Problem, um sich gegen unerwünschte Beurteilungen zu wehren. Klepp: „Zwar gibt es eine gesetzliche Auskunftspflicht des Providers, wer das Posting getätigt hat, dieses kann aber – bei Untätigkeit des Dienstanbieters – nur mittels eines Gerichtsverfahrens durchgesetzt werden. Daher stellt sich oft die Frage: Steht der zeitliche und finanzielle Aufwand in Relation zu den Auswirkungen der beanstandeten Bewertung?“
Verfahren sind selten
Deswegen rät Klepp zu einer Kosten-Nutzen-Rechnung, ob sich juristische Schritte wirklich lohnen. Kommen betroffene Unternehmer zu dem Schluss, dass sie wegen geschäftsschädigender Bewertung tätig werden möchten, haben sie verschiedene Möglichkeiten, wie der Anwalt erklärt: „Neben der Löschung der Bewertung kann ich natürlich auch verlangen, dass solche Beurteilungen zukünftig unterlassen werden. Zudem sind unter bestimmten Voraussetzungen auch ein öffentlicher Widerruf und Schadenersatzforderungen denkbar.“ Von der juristischen Seite betrachtet, stellt sich noch ein Problem, wie der Anwalt erläutert: „Der betroffene Unternehmer muss im Verfahren beweisen, dass das Posting wahrheitswidrig war, das heißt unrichtig. Ihn trifft also die Beweislast.“ In der Praxis kommt es laut dem Juristen in etwa bei 80 Prozent der beanstandeten Postings aber zu keinem Verfahren. „Oft einigen sich die Betroffenen nach dem ersten Anwaltsschreiben auf die Löschung der Kritik im Internet. Damit ist die Sache dann erledigt.“

Probleme direkt ansprechen
In der Gastronomie wünscht man sich etwa, dass man nur bei der Angabe des richtigen Namens Beurteilungen abgeben kann, wie der Betreiber des Linzer Restaurants „Rosso di Acqua e Sole“, Ingmar Goetzloff, erklärt: „Nicht nur, dass man sich hinter dem Usernamen ‚Susi3455‘ verstecken und unrichtige Dinge leichter behaupten kann, es ist auch nicht möglich, auf berechtigte Kritik daran zu reagieren.“ Daher wünscht sich der Gastronom, dass Gäste auftretende Probleme schon im Restaurant ansprechen: „Ich bin eigentlich immer in meinem Lokal anwesend und für sachliche Kritik offen. Aber es passiert nicht selten, dass Gäste bei der Frage, ob alles in Ordnung sei, mit einem lächelnden Ja antworten und später im Internet eine schlechte Beurteilung abgeben.“
Fair für alle Beteiligten
Goetzloff möchte noch auf etwas hinweisen: „Manchmal hat man als Gast einfach einen schlechten Tag. Vielleicht gibt es Beziehungsprobleme oder Stress in der Arbeit. Da kann man als Wirt sein Bestes geben, aber den Abend einfach nicht mehr retten. In solchen Fällen sollte man unbedingt auf Kritik im Netz verzichten. Das wäre ganz sicher nur fair für alle Beteiligten.“
Chance für jeden Unternehmer
Onlinebewertungen gibt es natürlich nicht nur in der Gastronomie, auch im Handel werden Qualität und andere Kriterien bewertet. Gerald Walter, Fachgruppenobmann des Versand-, Internet- und allgemeinen Handels der Wirtschaftskammer, sieht Bewertungen auf den diversen Plattformen als Chance für jeden Unternehmer: „Man kann Beurteilungen sowieso nicht verhindern. Daher gilt es, ein entsprechendes Qualitäts- und Beschwerdemanagement einzurichten, das sich mit den Bewertungen auseinandersetzt.“
Fake-Bewertungen erkennen
Doch wie erkennt man überhaupt, dass eine Bewertung nicht der Wahrheit entspricht?. Laut der Website www.onlinesicherheit.gv.at gibt es einige Hinweise, die dafür sprechen. So ist es verdächtig, wenn ein Angebot erst seit Kurzem verfügbar ist, aber bereits auffällig oft bewertet wurde. Fake-Bewertungen fallen auch dadurch auf, dass sie negatives Feedback mit der Empfehlung eines Konkurrenzprodukts verbinden.