Familienunternehmen: So gelingt die Firmenübergabe
Streit innerhalb der Familie gibt es seit Kain und Abel, meist mit weniger drastischem Ausgang. Streit innerhalb von Familienbetrieben, etwa wenn es um die Nachfolge geht, kann Unternehmen zerstören und Arbeitsplätze vernichten. Gerade in Österreichs von Familienunternehmen dominierter Wirtschaft, ist eine gute geordnete Übergabe essenziell – Familie verpflichtet eben.
Konflikt und Erfolg
Ein Bruderzwist zwischen Adolf und Rudolf Dassler zerstörte aber nicht ein Unternehmen, sondern brachte gleich zwei weltberühmte Marken hervor: adidas und Puma. Ein Bruderzwist wäre auch fast dem Goldbären an den Kragen gegangen. Hans und Paul Riegel bauten den Süßwarenkonzern auf. Hans blieb kinderlos, als sein Bruder Paul 2009 starb, kam es zum Streit. Hans wollte als seinen Nachfolger eine gemeinnützige Stiftung einsetzen, Pauls Kinder protestierten. Doch es kam zu einer gütlichen Lösung. Die Stiftung erbte einen 50 % Anteil von Hans, die Führung des Unternehmens blieb aber in Familienhand.
Familienzwist à la Denver Clan
Ob bei den Porsches/Piechs oder den Swarovskis – ein Zwist in Unternehmerfamilien hat stets einen Hauch von Seifenoper. Die fiktiven Leinwandfamilien Ewing oder Carrington werden greifbar. Doch das muss nicht sein, denn oft wollen Familienmitglieder das durchaus mit einer gewissen Bürde versehene Erbe nicht annehmen. Oft sind auch keine Nachkommen da. Bis 2027 stehen daher rund 42.000 Klein- und Mittelbetriebe vor der Übergabe. Betriebe, die rund 400.000 Menschen beschäftigen. Und sie haben Charme. Statt einer Neugründung gibt es bereits einen Personal- und Kundenstock, man beginnt nicht mehr von Null.
Das Gute ist oft nahe
Neben Familienmitgliedern sind es auch Mitarbeiter des Unternehmens, die als potenzielle Nachfolgekandidaten in Frage kommen. Dabei spricht man von Management Buy Out (MBO). Der Vorteil: Der Übergeber kennt seinen Nachfolger bereits, der Nachfolger kennt das Unternehmen. Eine weitere Form ist das Employee Buy Out (EBO), Mitarbeiter übernehmen gemeinsam die Nachfolge und werden so zu Gesellschaftern. Übernimmt eine Privatperson von außen ein Unternehmen, spricht man von Management Buy In (MBI). Bei einem MBI bringen die Übernehmer meist fachliches Branchen Know-how und Kapital mit.
Chance oder No-Go: Finanzinvestoren
Im Falle von strategischen Investoren übernehmen in der Regel ehemalige Mitbewerber das Unternehmen. Das hat den Vorteil, dass man sich und das Marktumfeld kennt, und möglicherweise schon lange beobachtet. Oft scheitern solche Übernahmen daran, dass der Übergeber sein Lebenswerk nicht einem Konkurrenten überlassen möchte. Große Übernahmen sind ein Fall für Finanzinvestoren. Ein Beispiel wäre die Übernahme des Besteckherstellers WMF durch einen der größten Vermögensverwalter der Welt, Blackrock. Die häufigste Kritik an den Finanzinvestoren, wie auch im Falle von WMF, ist es das Unternehmen zu filetieren, Mitarbeiter zu entlassen und Standorte in Niedriglohnländer zu verlegen. Das konterkariert Familienunternehmen, die auf Langfristigkeit ausgelegt sind. Egal wer ein Unternehmen übernimmt, im Zentrum steht immer der Unternehmenswert. Um diesen zu ermitteln, geht es meist in eine Due Diligence Prüfung, in der akribisch die wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnisse unter die Lupe genommen werden. Dieser Prozess kann bei einem MBO oder EBO relativ schnell gehen, bei großen Übernahmen durch Finanzinvestoren einige Monate dauern. Für kleine Unternehmen ohne großes Asset wie Grundstücke oder Anlagen, gibt es übrigens eine grobe Faustregel: Multiplizieren Sie das Durchschnitts-EBIT der letzten drei Jahre mit dem Branchen-Multiple und ziehen Sie die Schulden ab – voilà!
Interview: „Nicht die Katze im Sack kaufen“
Weekend hat mit Notar Bernd Alber über Do's and Don'ts bei Firmenübergaben gesprochen. Hier gelangen Sie zum Interview.