Weniger Neubauten? Eigentum wird noch teurer
Österreich knackt in diesem Jahr die Neun-Millionen-Einwohner-Marke. Ein Gutteil des Bevölkerungsplus konzentriert sich dabei auf das urbane Zentrum Nummer eins, die Bundeshauptstadt. Der Drang in den Ballungsraum, die gleichzeitig steigende Anzahl der Haushalte – bedingt durch den demografischen Wandel – und vor allem die Suche nach einer pandemietauglichen Bleibe verlangen nach deutlich mehr vier Wänden. Im (teuren) Trend ist das Extrazimmer fürs Homeoffice.
Gesucht: Drei- und Vierzimmer-Wohnungen
Urbane Kleinstwohnungen für den Single und temporäre Mikroformat-Apartments sind nicht mehr der große Renner am Wiener Immobilienmarkt, wie Experten vom EHL und der Buwog jüngst bei einem gemeinsamen Medienevent bestätigten. Ins Suchradar würden vielmehr Drei- und Vierzimmerwohnungen geraten, möglichst mit Balkon. Herausfordernd – nicht nur für Neo-Besitzer, die ihre Budgets erhöhen müssen. „Architekten wie Entwickler sind angehalten, Grundrisse so effizient und wohnlich wie möglich zu gestalten“, sagt EHL-Immobilien-Chef Michael Ehlmaier.
Fertigstellungszahlen erreicht Gipfel
Knapp 20.000 neue Wohnungen sollen noch heuer schlüsselfertig übergeben werden. Ein neues Allzeithoch. Damit wird der Boom am Bau aus 2021 noch einmal um gut 2.000 Objekte übertroffen. Auch weil viele bereits verkaufte Projekte pandemiebedingt verspätet fertiggestellt werden.
Immo-Kauf – nicht warten
Die hohe Fertigstellungsrate helfe vor allem Mietern am frei finanzierten Wohnungsmarkt, die Wunschimmobilie „in einem vernünftigen Zeitrahmen in der richtigen Lage“ zu finden, meint Karina Schunker, Geschäftsführerin bei EHL Wohnen.
Wer indes in eine Wiener Immobilie investieren will, muss wohl oder übel auch jetzt schon längere Fristen in Kauf nehmen. Neue Projekte seien in einem hohen Maß vorverwertet und die Projektpipeline längst nicht mehr so voll, wie Buwog-GF Andreas Holler erklärt. Er rät deshalb jetzt zuzugreifen – bevor die Warteschleife noch länger wird. Rückläufige Baubewilligungen, die geringe Anzahl an Widmungen in der Kategorie Wohnen sowie die heuer deutlich reduzierte Zahl an Baustarts werden ab 2023 mehrere Jahre lang zu einem Rückgang der Fertigungszahlen führen.“
Die einzige Lösung, die Preise zu entspannen, ist immer mehr zu bauen. Andreas Holler, Buwog-Geschäftsführer
Kaufpreis steigt deutlich
In puncto Preise haben Mieter zurzeit bessere Karten: Die Kurve dürfte im heurigen Jahr zwar ansteigen, aber flacher als zuletzt. „Bei Neuvermietungen sind heuer Zuwächse zwischen 2 und 3 Prozent zu erwarten“, so Ehlmaier. Damit könnte der Anstieg möglicherweise sogar unter der Inflationsrate bleiben.
Beim Eigentum zündet indes weiter der Preis-Turbo. Hier erwartet der Experte – abhängig von der Lage – Steigerungen von 3 bis 5 Prozent. Um die Dynamik zumindest einbremsen zu können, setzt Holler auf eine Fortsetzung der Bauoffensive wie auch einen nachhaltigen Paradigmenwechsel. Preisdämpfend könnte sich die Digitalisierung behördlicher Prozesse und von Genehmigungen auswirken. Auch ein höherer Vorfertigungsgrad würde seiner Ansicht nach helfen, die Preisschraube etwas zu lockern. Neben den Kosten wird allerdings auch die ökologische Nachhaltigkeit von Gebäuden und Wohnungen ein immer wichtigeres Kaufmotiv. Die Immo-Profis: „Aus einem Nice-to-have ist längst ein Must-have geworden.