Regionalitätslandesrat Christian Gantner
Weekend: Warum mehr Regionalität in einer globalisierten Welt?
Christian Gantner: In meinem Bild ist eine starke Regionalität das Fundament für lebenswerte, zukunftsfähige Regionen und Talschaften. Dazu zählen viele Faktoren wie lokale Wertschöpfungsketten, regionale Lebensmittelproduktion und gepflegte Erholungsräume am Berg und im Tal für uns selbst und unsere Gäste. Und mit jedem Euro, den wir in Vorarlberg ausgeben, stärken wir dieses Fundament und damit unseren eigenen Lebensraum. Gerade die Pandemie und der aktuelle Konflikt in der Ukraine haben uns deutlich vor Augen geführt, welche Gefahren die Globalisierung in sich birgt. Wir haben gesehen, wie schnell Lieferketten unterbrochen sein können, wenn wir von industriellen Lebensmitteln aus dem Ausland abhängig sind. Dasselbe zeigt sich aktuell auch bei der Energieversorgung. Vorarlberg hat in den vergangenen Jahren den Anteil der erneuerbaren Energien massiv ausgebaut. Wir sind deshalb aktuell auch weniger auf russisches Gas angewiesen. Regionalität schont nicht nur das Klima und stärkt die Kreisläufe im Land. Regionalität sorgt auch für Versorgungssicherheit und macht uns weiter krisensicher!
Weekend: Wie lässt sich das umsetzen?
Christian Gantner: Wir Vorarlberger:innen haben ein ausgeprägtes Bewusstsein für Regionalität, das ist Teil unsere DNA. Jetzt geht es darum, Regionalität breiter und weiter zu denken, um das volle Potenzial für uns nutzen zu können. Aktuell beschäftigen wir uns intensiv und auf breiter Basis mit der Weiterentwicklung der Tourismusstrategie sowie der Landwirtschaftsstrategie. Beide Prozesse
haben einen gemeinsamen Nenner: Mehr Regionalität!
Weekend: Geben Sie uns ein Beispiel?
Christian Gantner: Die Vorarlberger Landwirtschaft ist der Nährboden unserer Gesellschaft. Sie ist die Grundlage für unsere Lebensenergie und unseren Lebensraum. Sie versorgt uns mit gesunden Lebensmitteln und ist auch Lieferant von erneuerbarer Energie durch Biomasse. Unsere einzigartige Kulturlandschaft ist nicht allein naturgegebener Segen, sondern das Ergebnis der tagtäglichen Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern. Intakte Landschaften wiederum sind die Grundvoraussetzung für einen Tourismus nach Vorarlberger Art.
Weekend: Und was bedeutet das für den Tourismus?
Christian Gantner: Tourismus ist und war nie Selbstzweck, er ist für mich ein entscheidender Hebel für die Regionalentwicklung, besonders für den ländlichen Raum. Daher ist bei uns nie die Masse, sondern die Qualität im Vordergrund gestanden. Mit der neuen Tourismusstrategie wird das weiter zugespitzt in Richtung „Manufaktur für gutes Leben“.
Weekend: Wie kann das gelingen?
Christian Gantner: Indem wir Bereiche und Branchen, die sich gegenseitig brauchen und befruchten, noch näher zusammenbringen. Daher bezeichne ich den Tourismus und die Landwirtschaft gerne als „Zukunftszwillinge“. Auf der einen Seite ist unser Tourismus ein wichtiger Impulsgeber und bekannt für eine authentische Gastfreundschaft und ein hohes Kulinarik-Versprechen. Auf der anderen Seite liefert die heimische Landwirtschaft die Basis dazu mit hochwertigen regional produzierten Produkten und gepflegten Kulturlandschaften. Dieses Potenzial wollen wir weiter heben.
Zur Person: CHRISTIAN GANTNER
Landesrat und Bauer
- 1980, Wald am Arlberg
- verheiratet, drei Kinder
- Als Landesrat u.a. zuständig für Land- und Forstwirtschaft, Tourismus und Regionen, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz, Inneres und Sicherheit
- Politischer Werdegang: Bürgermeister der Gemeinde Dalaas (2005-2018), Landtagsabgeordneter (2014-2018), seit 2018 Landesrat in der Vorarlberger Landesregierung
- www.unserlandesrat.at