Früher war alles besser? Wanderlust
Mit über 13.000 verschiedenen Wanderrouten und mehr als 24.000 Kilometern markierter Berg- und Wanderwege ist Tirol ein wahres Wandermekka. Einheimische wie Touristen suchen heute vermehrt Entspannung in den Bergen – doch war die Begeisterung schon immer so groß? Und haben wir auch alle Platz auf unseren Bergen?
Blick zurück.
Als erster dokumentierter „zweckfreier“ Wanderer, der lediglich des Wanderns wegen einen Berg erklomm, gilt der italienische Dichter Francesco Petrarca, der im Jahr 1336 den ca. 1.900 Meter hohen Mont Ventoux in Frankreich bestieg. Im Zuge der Industrialisierung brachen dann besonders die Stadtbewohner an Wochenenden vermehrt aus und suchten Erholung im Freien. Das war auch die Zeit, in der im deutschsprachigen Raum verschiedene Wanderverbände und Gebirgsvereine gegründet wurden – vorrangige Ziele waren das Erschließen von Wanderwegen, das Erstellen von Wegweisern und Karten sowie das Bauen von Schutzhütten. Als einer der ersten Verbände wurde zum Beipsiel der Österreichische Alpenverein 1862 gegründet, 1869 folgte der Deutsche Alpenverein
Wandern als Lifestyle.
Heute ist Wandern „in“ – die Entwicklung hierzu fasst Michael Larcher, Bergführer und Leiter der Bergsportabteilung im ÖAV, zusammen: „Der Wandel vom altvatrischen-Kniebundhosen-und-rot-weißkarierten-Seniorensport (und eventuell noch Familiensport) hat sich seit Ende der 1980er Jahre vollzogen, stetig, nicht sprunghaft. Aus meiner Sicht ist die Sehnsucht nach einem Kontrastprogramm zu Technik, Naturferne und Fremdbestimmtheit ein Grund, ein anderer der Jugend- und Fitnesswahn, ein dritter das Heraufdämmern eines kollektiven ökologischen Bewusstseins.“
Sicher unterwegs.
Natürlich hat auch der technische Fortschritt vor dem Wandererlebnis nicht Halt gemacht. Waren früher noch Kompass und Karte die wichtigsten Begleiter, passt heute alles aufs Smartphone, wenn nicht sogar auf die Alleskönner-Smartwatch. Und nicht nur Wanderer trifft man heute auf den Bergen, sondern auch eine Vielzahl an Mountain- und E-Bikern – die Ausstattung auf den Hütten hat sich mit Ladestationen auch enstprechend angepasst.
Jause am Berg.
Apropos Hütten: Was immer schon beliebt war, ist das gesellige Beisammensein auf Berghütten: „Die Qualität des Speisen-Angebots hat sich aber stark verbessert, ebenso das Bewusstsein für regionale Produkte, wie die AV-Aktion ,So schmecken die Berge‘ zeigt“, erklärt Larcher. Angesichts des aktuellen Wandertrends stellt sich so manchem Bergfex auch die Frage: Haben wir denn alle auch Platz auf unseren Bergen? „Overtourism am Berg? Es gibt wahre Hotspots, wo man natürlich viele Menschen trifft. Auf weniger prominenten Routen ist man aber quasi allein – es ist enorm viel Platz in unseren Bergen“, weiß Michael Larcher.
Tirols älteste Hütten.
Die wohl älteste Alpenvereinshütte in Tirol ist das Gepatschhaus im hinteren Kaunertal. Die auf 1.928 Metern Höhe gelegene Schutzhütte (Sektion Frankfurt am Main) wurde 1873 eröffnet und wird seit 1875 bewirtschaftet. Die Muttekopfhütte (Sektion Imst-Oberland) hat 1874 eröffnet und ist damit die älteste touristisch genutzte Hütte in den Lechtaler Alpen. 1879 folgte die Einweihung der Berliner Hütte im Zillertal (Sektion Berlin), die mit über 180 Übernachtungsplätzen noch heute die größte ihrer Art in den Zillertaler Alpen ist.
Wussten Sie, dass. . .
. . . sieben von zehn Tirol-Gästen einen Wander- bzw. Bergsteigurlaub machen?
. . . 1896 nach einem Bergunfall die weltweit erste Bergrettungsstelle in der Steiermark errichtet wurde?
. . . mitten durch den Gastraum der Europahütte (im Bild) in den Zillertaler Alpen (ehemals Landshuter Hütte, auf 2.693 Metern Höhe) die Österreichisch-Italienische Grenze verläuft? Erbaut wurde sie Ende des 19. Jhdts. (Sektion Landshut). Als nach dem 2. Weltkrieg die Landesgrenze neu festgelegt wurde, führte diese direkt durch das Gebäude.