Früher war alles besser? Klassengeflüster
Der Zugang zu Bildung ist kein Selbstverständnis. Erst 1774 hat hierzulande Maria Theresia mit der Allgemeinen Schulordnung eine Unterrichtspflicht für alle Kinder erlassen. Davor war Bildung jenen vorenthalten, die es sich leisten konnten – quasi ein Luxusgut. Und bald ist es wieder so weit: Mitte September beginnt für Tirols Schüler wieder der Ernst des Lebens – so werden unter anderem 372 Volksschulen, 106 Neuen Mittelschulen, 27 Allgemeinbildende höhere Schulen oder 28 Landesmusikschulen in ganz Tirol mit Leben erfüllt.
Nichts zu lachen.
Seit 1774 hat sich aber so einiges getan im heimischen Schulwesen. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts wurden – besonders in Dorfschulen – mehrere Jahrgänge im selben Raum unterrichtet, ältere Schüler wurden als Helfer eingesetzt. Die wichtigsten Unterrichtsziele neben dem Erlernen von Schreiben, Lesen und Rechnen waren Gehorsam, Fleiß, Ordnung und Sauberkeit – Flüstern, Kichern und Lachen wurden von gestrengen Lehrern untersagt. Auch der Religionsunterricht hatte höchste Bedeutung – in diesem wurden aber nicht etwa Ethik oder weltoffenes Religionsverständnis vermittelt, sondern streng ausgelegte Bibelkunde.
Fächer im Wandel.
Mit den neuen Anforderungen der jeweiligen Zeit entwickelten sich natürlich auch die Fächer weiter. Das Fach Naturkunde zum Beispiel wurde in den 1970er Jahren um die Materie Umweltkunde erweitert – zu dieser Zeit bildete sich zunehmend das Umweltbewusstsein aus. Oder der Sexualkundeunterricht: Wenn überhaupt wurden die wichtigsten „Fortpflanzungs-Fakten“ lange Zeit nur im Biologieunterricht angerissen. Am 24. November 1970 schließlich wurde Sexualerziehung in Österreichischen Schulen per Grundsatzerlass verankert.
Klassenzimmer.
Mit der Zeit sind aber auch Fächer verloren gegangen: Wer kann sich noch an Schönschreiben oder Steno erinnern? Natürlich sind diese Fächer im Computerzeitalter vollkommen überholt – schade eigentlich. Und auch die Schulausstattung hat sich der Zeit angepasst: Nach Spiritus riechende Matrizen, auf denen die Tinte davonrann, wurden zum Glück in den 1990er Jahren durch Kopien ersetzt (für alle, die sie nicht mehr kennen: seit Anfang des 20. Jahrhunderts ermöglichte der Matrizen-Druck das Vervielfältigen von Texten). Und gab es früher pro Schule nur wenige Röhrenfernseher und Videorecorder, die von Klasse zu Klasse gerollt wurden, haben heute schon Beamer in jede Klasse und zum Teil Notebooks für jeden Schüler Einzug gehalten.
Virtuelles Klassenzimmer.
Computerzeitalter und Digitalisierung sind aber gerade in Anbetracht des Corona-bedingten Homeschoolings des letzten Halbjahres ein wahrer Segen – denn wie hätte man Unterricht in Zeiten von Lockdown und Ausgangsbeschränkung früher wohl bewältigt? Hoffen wir für das kommende Schuljahr auf einen möglichst reibungslosen Ablauf – und den Schülern wieder viel Freude in den realen Klassenzimmern.
Wussten Sie, dass. . .
. . . die Schultüte in Österreich 1938 Eingang gefunden hat? In Deutschland hat sie bereits Anfang des 19. Jahrhunderts Einzug gehalten – 1810 hieß es in einer Überlieferung aus Sachsen zum Beispiel, dass „kleinen Menschen der Abschied vom Elternhaus mit einer ,Zuggodühde‘ versüßt“ wurde. In Anbetracht der jährlich über 80.000 Taferlklassler in ganz Österreich ist auch der wirtschaftliche Aspekt der randvoll gefüllten Schultüten nicht zu vernachlässigen.
Ältestes Gymnasium Westösterreichs
Unzählige wissensdurstige Kinder und Jugendliche wurden in den Sälen und Räumen des Akademischen Gymnasiums Innsbruck in der Angerzellgasse bereits unterrichtet: Es wurde am 12. Mai 1562 als Lateinschule der Jesuiten gegründet und ist das älteste Gymnasium Westösterreichs – somit zählt es auch zu den ältesten Schulen im deutschsprachigen Raum. Das heutige Gebäude wurde 1909–1910 auf dem Grund des ehemaligen Botanischen Gartens errichtet. 1929 wurde der Nordflügel hinzugefügt. Erst mit der Einführung der sogenannten Koedukation an öffentlichen Schulen in Österreich im Jahre 1975 durften auch Mädchen das Gymnasium besuchen.