Kommentar: Graz wird Wien
Seit Corona hat man das Gefühl, Geld sei bloß noch eine virtuelle Größe, nicht mehr als ein Buchwert. Der Staat wirft damit um sich wie ein Lottogewinner, pfeift sich nichts um das Morgen oder gar Übermorgen. Koste es was es wolle. Irgendjemand muss die Hetz freilich zahlen, wahrscheinlich unsere Kinder und vielleicht auch noch deren Kinder. Aber Corona halt.
Mittlerweile reicht die Spendierfreudigkeit sogar bis hinunter auf die Kommunalebene. Wien hat es mit dem 50 Euro Gastrogutschein vorgemacht, Graz hüpft hinter her. Da hat nun im Gemeinderat ein seltsames Konglomerat aus SPÖ, Grünen, FPÖ und KPÖ diese Maßnahme beschlossen. Kostenpunkt: Sieben Millionen Euro. Eh schon wurscht werden viele angesichts der desaströsen Grazer Finanzen sagen. Die ÖVP ist dagegen. Nicht weil sie den Grazern nichts gönnt, sondern in erster Linie wohl deshalb, weil auch die Wiener ÖVP dagegen war. So läuft das halt in der Politik.
Ja, das ist schon positiv für die Grazer Gastronomen und ich gönne es ihnen auch. Und natürlich den gebeutelten Bürgern, die sich nach Monaten des Darbens endlich wieder mal satt essen können. Aber ist das wirklich die Förderpolitik, die den Karren aus dem Dreck ziehen soll? Sollen das die Maßnahmen sein, die unsere Wirtschaft nachhaltig ins Laufen bringen soll?
Was hat man Jörg Haider dafür geprügelt, als er seinerzeit 100er an die Kärntner verteilt hat. Persönlich durfte sich das Wahlvolk damals aus der Hand des Landeshauptmanns die Almosen abholen. Das ersparte Bürgermeister Ludwig den Wienern und auch die Grazer Stadtregierung wird wohl eher auf die Post setzen. Dennoch: die Geste ist die gleiche.
Der Grazer SPÖ muss man diesen Erfolg freilich gönnen. Endlich wieder mal im Rampenlicht – noch dazu mit einer positiven Aktion. Das kommt bekanntlich nicht sehr häufig vor. Da versteht man den Griff in die böse populistische Trickkiste, die man sonst ja vollmundig verurteilt.
Man darf nun gespannt sein, ob der Grazer Gemeinderat vielleicht gar ein ganzes Gutscheinheft für seine Bürger herausbringt. Neben der Gastronomie gibt es schließlich noch jede Menge anderer kriselnder Branchen. Wie wär´s zum Beispiel mit einem Modegutschein, einem Benzingutschein, einem Urlaubsgutschein oder einem Gutschein für Elektrogeräte? Alles sinnvoll und nützlich. Mit Wirtschaftspolitik hat das freilich nichts zu tun.