Direkt zum Inhalt
Betrunkener Mann gibt Autoschlüssel ab
iStock.com/fstop123

Selbsttest: Alkohol-Mythen im Faktencheck

12.04.2023 um 10:11, Cornelia Scheucher
min read
Die Anzeigen wegen Alkohol am Steuer sind 2022 erstmals wieder gestiegen. Deswegen lud das Kuratorium für Verkehrssicherheit zum Selbsttest und Faktencheck.

Obwohl Alkohol am Steuer mittlerweile verpönt ist, gab es im letzten Jahr erstmals wieder eine traurigen Anstieg. "Nach den Rückgängen während der Corona-Pandemie hat es 200 in der Steiermark leider wieder eine deutliche Trendumkehr gegeben. Die Anzeigen wegen Alkohol am Steuer sind im Vergleich zu 2021 um 23 Prozent auf 5.055 Fälle gestiegen", erklärt Peter Felber, KFV-Verkehrssicherheitsexperte. Was die Anzeigen wegen Alkohol am Steuer betrifft, liegt das Grüne Herz damit bundesweit am vierten Platz. 

Ein aufschlussreicher Abend

Deswegen lud das Kuratorium für Verkehrssicherheit, kurz KFV, Ende März ausgewählte Journalisten zum Trinkversuch mit Faktencheck in die Grazer Steak Boutique. Bei ein paar Gläsern Bier und Wein sowie einem leckeren Essen wurden zahlreiche Mythen genauer unter die Lupe genommen – unter anderem konnten wir unseren eigenen Alkoholspiegel sowie unsere Verkehrstüchtigkeit im Laufe des Abends immer wieder testen. Und das Ergebnis war, zugegebenermaßen, ernüchternd. 

Alkohol-Mythen im Check

Trinkstart ist um 18:40 Uhr, zur Begrüßung gibt es einen Muskateller Frizzante. Während wir noch am Studieren der Speisekarte sind, gibt es bereits den ersten Faktencheck: Hat üppige Essen eigentlich wirklich Einfluss auf unseren Alkoholpegel und damit auch auf die Verkehrstüchtigkeit? KFV-Verkehrspsychologe Rainer Kastner klärt auf: "Auch, wenn immer wieder Gerüchte kursieren, dass man durch die Einnahme von fetten bzw. üppigen Mahlzeiten mehr verträgt, ist da nicht wirklich was dran. Die Aufnahme von Alkohol aus dem Magen ins Blut wird durch Mahlzeiten nur minimal verzögert." Heißt: Objektiv ändert sich am Alkoholpegel nichts, man hat nur subjektiv im Gefühl, mehr zu vertragen. 

Von Wasser und Kaffee

Mittlerweile haben wir zum Achtel Muskateller geswitcht. Ein warmes Gefühl der Leichtigkeit breitet sich in meinem Körper aus, ins Auto gestiegen wäre ich schon längst nicht mehr. Und das, obwohl ich noch dürfte. In Österreich ist das Lenken eines Fahrzeuges bis zu einem Promillewert von 0,5 gestattet. Ein erster Alkotest ergibt einen Promillewert von ca. 0,19. Wobei ich etwas getrickst und direkt nach dem Schluck Wein zum Alkomat gegriffen habe. Wir sind bereits dabei, den nächsten Mythos zu klären: Hilft eigentlich das Trinken von Wasser dabei, den Alkoholpegel schneller zu senken? "Aus gesundheitlicher Sicht macht man mit dem Wassertrinken nichts verkehrt, der durchschnittliche Alkoholabbau von ca. 0,1 Promille pro Stunde wird dadurch aber nicht beschleunigt, so Kastner. Und auch Kaffee oder Energydrinks tragen nicht nur Ernüchterung bei. Experte Kastner: "Eher das Gegenteil ist richtig, denn solche Getränke regen die Durchblutung des Magens an und können daher die Aufnahme von Alkohol aus dem Magen ins Blut sogar noch beschleunigen." 

Alkomat
Über den ganzen Abend lang testeten wir unseren Promillewert immer wieder mittels Alkomaten.

Tricksen? Sollte man nicht probieren

Das zweite Achterl steht, mittels des Reaktionstestes des KFV überprüfe ich meine Verkehrstüchtigkeit. Laut der Auswertung ist sie einwandfrei, ich selbst fühle mich aber schon viel langsamer und unachtsamer. Könnte man bei einer Verkehrskontrolle überhaupt tricksen und den Alkomaten bzw. die Polizisten überlisten? Schließlich kursieren auch dazu einige Mythen, neben dem Kauen von Kaugummi soll auch ein schnelles und flaches Aus- und Einatmen dazu beitragen, dass die Messwerte niedriger ausfallen. "Man sollte sich immer vor Augen halten, dass die sachgemäße Abgabe der Atemproben von erfahrenen Polizeikräften überwacht wird. Zugleich sind die modernen und geeichten Alkomaten mit legalen Methoden heutzutage faktisch nicht mehr zu überlisten", versichert Experte Kastner. Man sollte es also am besten nicht einmal probieren. 

Das Fazit

Generell gilt: Wer trinkt, sollte das Auto stehen lassen. Nach einem Frizzante, drei Achterln Muskateller und einem Himbeerlikör würde der Begriff "Damenspitz" meinen Zustand wohl am besten beschreiben– die Autoschlüssel hätte ich, wie bereits erwähnt, schon nach dem ersten Glas nicht mehr angerührt. Am Ende des Abends liegt mein Promillewert bei 0,27. Als ich mich ein zweites Mal dem Reaktionstest unterziehe, fällt das Ergebnis extrem positiv aus – für mich. Ich dürfte noch locker ein Fahrzeug lenken. Verkehrssicherheitsexperte Felber beendet den Abend mit einem Appell: "Der beste Geheimtipp ist einfach der, dass man sich nur nüchtern ans Steuer setzt und nicht den jeweiligen Spielraum auszureizen versucht. Denn bereits unter 0,5 Promille ist das Unfallrisiko erhöht. Ab den für alle PKW-Lenker nicht mehr erlaubten 0,5 Promille verdoppelt sich das Risiko im Vergleich zu nüchternen Personen, bei 0,8 Promille liegt es beim 5-fachen und bei 1,6 Promille beim 25-fachen von Abstinenzlern." 

Reaktionstest zur Verkehrstüchtigkeit
Reaktionstest zur Verkehrstüchtigkeit

more