Gernot Deutsch: "Die Steiermark profitiert vom Klimawandel"
weekend: Dieser Tage wurde die Hoteltherme neu eröffnet. Was erwartet den Gast nun?
Gernot Deutsch: Wir verfolgen seit zehn Jahren eine klare Strategie, bei der es darum geht, aus der bestehenden Anlage ein Heiltherme-Ressort zu machen. Wir sind nun vorläufig den letzten Schritt hin zum individualisierten Tourismus gegangen. Das bedeutet, wir haben eine eigene Therme errichtet, in die nur der Hotelgast Zugang hat.
weekend: Heißt das, der Hotelgast nimmt eine bevorzugte Stellung ein?
Gernot Deutsch: Es ist klar, dass der Hotelgast aus wirtschaftlicher Sicht den höchsten Stellenwert hat. Aber auch der Tagesgast profitiert, weil ja hinkünftig die Hotelgäste nicht mehr in der öffentlichen Therme, sondern in ihrer eigenen Therme sind. Dadurch können wir auch dem Tagesgast mehr Platz und Raum bieten.
weekend: Ist der Um- und Neubau auch dem Umstand geschuldet, dass immer mehr Wellnesshotels aus dem Boden schießen?
Gernot Deutsch: Unsere Ausrichtung ist ausschließlich auf unsere Gäste bezogen. Wir orientieren uns nicht so sehr an anderen Hotels, schon gar nicht kopieren wir sie. Wir gehen konsequent den Weg der Qualitätssteigerung und verstehen uns als Ressort in einer landschaftlich wunderschönen Umgebung.
weekend: Was werden die nächsten Schritte sein?
Gernot Deutsch: Nächste Schritte werden vor allem im Bereich der Nachhaltigkeit erfolgen. Wir können mit dem Thermalwasser bereits jetzt die gesamte Anlage heizen. Und jetzt planen wir zwei weitere Photovoltaikanlagen auf unseren Dächern, um auch bei der Stromgewinnung möglichst autark und nachhaltig zu werden. Unsere Gäste erwarten das von uns.
weekend: Du bist neben deiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Heiltherme auch Landesvorsitzender der steirischen Hoteliervereinigung. Wie geht’s den steirischen Hotels?
Gernot Deutsch: Dem steirischen Tourismus geht es gut. Weil die Steiermark ein landschaftliches Naturjuwel mit einzigartigen Bergen, Wäldern und Flüssen bietet, haben wir einen Riesenvorteil gegenüber anderen Regionen.
weekend: Boomt der Urlaub in Österreich?
Gernot Deutsch: Ja, und die Prognosen sind so, dass das jedenfalls die nächsten 20 Jahre anhalten wird. Man muss natürlich immer eine gute Geschichte erzählen, eine gute Marke haben und eine klare Vision verfolgen. Das tun wir in der Steiermark und auch in Österreich.
weekend: Die Österreicher kämpfen gegen die Inflation. Wie hat sich die Teuerung auf den Tourismus ausgewirkt?
Gernot Deutsch: Die Inflation war in allen Bereichen ein Preistreiber, natürlich auch für unsere Gäste. Bei uns gingen die Preise nach oben. Wir konnten glücklicherweise als Gegenwert für die höheren Preise dem Gast neue Programme, Erweiterungen, Innovationen und somit einen Mehrwert bieten.
weekend: Der Klimawandel hat sich diesen Sommer vor allem im Süden Europas durch extreme Hitze bemerkbar gemacht. Wird die Steiermark davon profitieren?
Gernot Deutsch: So sehr ich die Entwicklung in diesem Bereich bedauere: Die Steiermark wird ein Gewinner sein. Wir sehen die Tendenz jetzt schon. Viele Gäste berichten uns etwa, dass sie nicht mehr fliegen wollen. Wir sehen auch, dass die Menschen kürzere Urlaube mit kürzerer Anreise bevorzugen. Viele Menschen, die früher ans Meer gefahren sind, kommen heute zu uns. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend noch verstärken wird.
weekend: Vom Klimawandel sind aber auch die Skigebiete betroffen. Wird es da zu Einbußen kommen?
Gernot Deutsch: Nein, die Skigebiete werden auch in Zukunft zu den Gewinnern zählen. Zum einen, weil diese Regionen mittlerweile zu Ganzjahresregionen geworden sind, zum anderen, weil der Wintertourismus seine Hausaufgaben gemacht hat. Es geht nicht mehr nur ums Schifahren, sondern um das Erlebnis am Berg, auf dem unterschiedlichste Sportarten angeboten werden.
weekend: Ganz Östereich leidet unter dem Fachkräftemangel. Speziell der Tourismus ist davon besonders stark betroffen. Welche Konzepte liegen da am Tisch?
Gernot Deutsch: Früher kamen die Mitarbeiter großeils aus der Region. Heute hingegen müssen wir in ganz Österreich und auch im Ausland suchen. Durch die anstehende Pensionierungswelle spitzt sich die Situation weiter zu.
weekend: Wollen die Menschen nicht mehr im Tourismus arbeiten?
Gernot Deutsch: Es ist sicher manchmal hart, weil man viel Flexibilität mitbringen muss. Wir als Arbeitgeber sind natürlich auch gefordert, die Bedingungen zu verbessern. Auf der anderen Seite bin ich der Ansicht, dass Menschen, die im Tourismus arbeiten, den tollsten Beruf auf der Welt haben. Man ist unter Menschen und hat neben der Arbeit oft auch eine richtige Gaudi.