Ein Wolkenkratzer für die Steiermark
Der Bausektor scheint in eine Krise zu schlittern. Wie dramatisch ist die Situation?
Hannes Schreiner: Die Krise ist bereits da. Ich gebe Ihnen eine Zahl, damit man das Ausmaß besser einschätzen kann. In den letzten Jahren wurden in Graz im Mittel rund 2.500 bis 3.000 Wohnungen gebaut. Aktuell entstehen laut einer Umfrage der „Vereinigung Österreichischer Projektentwickler“ gerade mal 250 Wohnungen. Eine ähnliche Entwicklung ist bei Fertighaus-Herstellern zu beobachten.
Welche Auswirkungen wird dieser Rückgang habe?
Hannes Schreiner: Ich habe in den letzten Wochen mit einer Reihe von Projektentwicklern gesprochen. Fast alle werden Personal abbauen müssen. Es wird in den nächsten Monaten zu einer extrem hohen Arbeitslosigkeit am Bausektor kommen. Die Handwerksbetriebe spüren den Rückgang schon massiv.
Was sind die Gründe für diese Entwicklung?
Hannes Schreiner: Ein Grund ist natürlich die allgemeine geopolitische Lage und die damit einhergehenden hohen Kreditzinsen. Private Häuslbauer können sich Zinsen in der Höhe von fünf bis sechs Prozent einfach nicht leisten. Eine weitere Ursache ist die sogenannte Kim-Verordnung, die besagt, dass ein Kreditwerber mindestens 20 Prozent Eigenmittel aufbringen muss. Welche junge Familie soll sich das leisten können?
Für die Zinsentwicklung ist die EZB verantwortlich. Liegt dort der Fehler?
Hannes Schreiner: Ja, zu einem gewissen Grad schon, denn die Zinserhöhungen kamen viel zu spät. Die Amerikaner waren schneller und haben den Prozess der Zinserhöhungen bereits abgeschlossen.
Wann wird es Ihrer Einschätzung nach in Europa zu Zinssenkungen kommen?
Hannes Schreiner: Hoffentlich bald. Lange dachte man, dass schon im Frühjahr damit zu rechnen ist. Mittlerweile fürchte ich, dass sich vor Ende nächsten Jahres nichts nach unten bewegen wird.
Ihr Unternehmen betreibt hauptsächlich Gewerbeimmobilien. Ist in diesem Bereich die Situation ähnlich angespannt?
Hannes Schreiner: Nein, da ist die Lage deutlich besser. Wir haben in der Steiermark noch viele sehr gut funktionierende Unternehmen.
Sie vermieten aktuell knapp 100.000 Quadratmeter. Was erwartet ein gewerblicher Mieter heutzutage von einem Büro?
Hannes Schreiner: In vielen Branchen gibt es den sogenannten „war for talents“. Um sich da als Unternehmen attraktiv zu machen, müssen auch die Büroräumlichkeiten ansprechend sein. Wir bieten daher nicht das „Büro von der Stange“ an, sondern versuchen, mit jedem Mieter eine individuelle und perfekte Lösung zu finden. Nur die Fläche zur Verfügung zu stellen reicht nicht mehr aus.
Wie wichtig ist Nachhaltigkeit bei der Entscheidung des Kunden, ob er ein Objekt mietet?
Hannes Schreiner: Ja, auch das ist für viele mittlerweile ein Thema. Wir sind hier im Bereich Photovoltaik schon sehr weit. So haben wir die bestehende Anlage noch einmal um 900 kWp erweitert. Das Ziel lautet, annähernd energieautark zu werden. Nachhaltigkeit bedeutet aber auch Verdichten, das heißt in die Höhe bauen.
Wollen Sie einen Wolkenkratzer in der Steiermark bauen?
Hannes Schreiner: Ja, das ist eine Vision. Ich möchte in Raaba das höchste Gebäude der Steiermark errichten. Die Pläne sind schon weit fortgeschritten. Das Gebäude soll 110 Meter hoch und ein richtiges Statement werden, eine Art Wahrzeichen. Aktuell haben wir schon 80 Meter genehmigt bekommen. Aber das reicht uns nicht. Wir wollen noch höher hinaus.