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Erkennungsdienstliche Aufnahme des Massemörders Franz P. in schwarz-weiß
Franz Podritschnig gilt als Sonderling und wird bereits in frühester Jugend kriminell
Franz Podritschnig gilt als Sonderling und wird bereits in frühester Jugend kriminell
Kriminalpolizeistelle Klagenfurt/Sammlung Valentin Hauser

Die grausamen Bluttaten des Franz P. entsetzen bis heute

16.08.2021 um 17:26, Stefan Kohlmaier
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Der kaltblütige Neunfachmörder wird lange Zeit von seiner Geliebten gedeckt.

Wenn am 29. August 2021 die Glocken der Pfarrkirche in Griffen ertönen, wird damit den Opfern eines der abscheulichsten Verbrechen der Kärntner Geschichte gedacht: Auf den Tag genau vor mittlerweile 80 Jahren ermordete der Gelegenheitsarbeiter Franz Podritschnig in der Petutschnig-Keusche im Wölfnitzgraben sechs Mitglieder der Familie Verschnig bestialisch – darunter fünf Kinder im Alter von zwei bis zehn Jahren. Obwohl die schreckliche Bluttat nun schon mehrere Jahrzehnte zurückliegt, hat sie sich in das kollektive Gedächtnis der Griffner eingeprägt, wie Valentin Hauser, Chronist und Historiker aus Leidenschaft, zu berichten weiß. Ihn selbst haben die Geschichten über die düsteren Vorkommnisse in seiner Heimatgemeinde bereits als Kind in Angst und Schrecken versetzt und ihn anschließend unbewusst beinahe sein ganzes Leben lang begleitet. Vor gut zehn Jahren hat er daher den Entschluss gefasst, ihnen umfassend auf den Grund zu gehen und ihnen das 2018 erschienene Buch „Die Bluttaten des Franz P.“ zu widmen.

Autor Valentin Hauser sitzt vor seinem mit unzähligen historischen Akten bedeckten sowie einem großen Computerbildschirm ausgestatteten Schreibtisch
Valentin Hauser hat für sein Buch ein Maximum an gesicherten Fakten zu dem Verbrechen zusammengetragen

Falsche Fährte

„Die Gewalttat versetzte die Bevölkerung in großen Aufruhr. Viele Familien verbarrikadierten sich aus Furcht vor dem sich auf freiem Fuß befindenden Täter nachts regelrecht in ihren Häusern,“ schildert Hauser die Reaktionen der Dorfbewohner auf das in ihrer ländlichen Idylle nahezu unvorstellbare Ereignis. Obwohl die Polizei sich relativ rasch auf die Fährte von Franz Podritschnig heftete, fokussierte sie sich in weiterer Folge auf 48 in Griffen lebende polnische Zwangsarbeiter. Verantwortlich für diese fatale Fehleinschätzung war die Falschaussage der Magd Apollonia Media, die romantische Gefühle für Podritschnig hegte und daher die Polen denunzierte. Letztere wurden daraufhin in Polizeigewahrsam genommen und von Gestapo- sowie SS-Angehörigen gefoltert, um ein Geständnis zu erpressen. Hätte der Mörder am 30. September in Töllerberg (Völkermarkt) nicht erneut zugeschlagen und die Leben zweier Frauen und eines Kleinkindes ausgelöscht, wären sie wohl allesamt exekutiert worden.

Verhaftung & Hinrichtung

Stattdessen wurde die Fahndung nach Podritschnig auf Hochtouren wieder aufgenommen und er schließlich am 01. Oktober 1941 nach einer wilden LKW-Verfolgungsjagd sowie einer regelrechten Kommando-Aktion der Polizei im Klagenfurter Stadtteil Waidmannsdorf verhaftet. Nachdem er beide Verbrechen gestanden hatte, wurde er am Neuen Platz in einem Käfig öffentlich ausgestellt und von der Bevölkerung „bestaunt“, beschimpft und bespuckt, was er laut Augenzeugen mit beinahe stoischem Gleichmut über sich ergehen ließ. Seinen letzten Atemzug hauchte er wenig später, am 22. Oktober, unter dem Fallbeil im Erdgeschoß des Landesgerichtsgebäudes Wien aus.

Täterprofil

Für Valentin Hauser war Franz Podritschnig ein Mensch mit zwei äußerst konträren Gesichtern: „Er war einerseits sehr kinderlieb, schenkte den Kindern seiner Arbeitgeber regelmäßig kostbare Süßigkeiten und spielte liebevoll mit ihnen. Zudem wurde er, ob seiner Geschicklichkeit bei der Holzverarbeitung, als Arbeitskraft geschätzt. Andererseits ging er seit seinen Jugendtagen kriminellen Aktivitäten nach und fiel durch eine Kaltblütigkeit auf, die einen erschaudern ließ. So hat er die Kinder der von ihm überfallenen Familien laut eigenem Bekunden nur deshalb umgebracht, weil ihm ihre Schreie ein Ärgernis waren. Ich denke, er war ein psychopathisch veranlagter Mensch, der die Gesellschaft verachtete.“

In memoriam

Dass den Opfern Podritschnigs zum 80. Jahrestag des Verbrechens ein offizielles Gedenken zuteilwird, erachtet Valentin Hauser als berührend würdevollen Akt. Er würde es jedoch begrüßen, wenn darüber hinaus an dem Tatort im Wölfnitzgraben eine Gedenktafel oder ein Holzkreuz – „So bescheiden wie Familie Verschnig gelebt hat!“ – an die Toten erinnern würde, damit sie nicht dem Vergessen anheimfallen.

Buchtipp - Die Bluttaten des Franz P.

Gute 900 Stunden verbrachte Valentin Hauser für seine Recherchearbeiten in Archiven (u. a. dem Kärntner Landesarchiv sowie dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes) und sprach mit über 120 Zeitzeugen. Das Endergebnis ist ein spannendes, informatives Buch über eines der dunkelsten Kapitel der heimischen Kriminalgeschichte. Zu beziehen im Buchhandel sowie direkt beim Autor (Tel.: 0664/133 33 55)

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