Osaka zieht sich zurück - Djokovic schießt gegen Japanerin
Ihre Interviews sind witzig und kindlich-natürlich. Naomi Osaka ist eine willkommene Abwechslung in einem Tennis-Zirkus, dem die Typen fehlen und in denen es die immer gleichen Stehsätze von den Spielern zu hören gibt - vor allem bei den Damen. Welche Überwindung es Naomi Osaka kostet, vor Publikum nach einem Match oder vor der versammelten Reporter-Schar bei Pressekonferenzen zu sprechen, war nicht zu erahnen.
Darum ging Osaka, Siegerin in vier Grand-Slam-Turnieren und als legitime Nachfolgerin von Serena Williams gehandelt, vor einigen Tagen an die Öffentlichkeit. Sie werde bei den French Open keine Interviews geben und keine Pressetermine wahrnehmen, so die in den USA aufgewachsene Tochter einer japanischen Mutter und eines haitianischen Vaters. Ihrer mentalen Gesundheit zuliebe, wie sie von Anfang an betonte.
Eskalation nach Erstrunden-Sieg
Nach ihrem problemlosen Auftakt-Erfolg über die Rumänin Patricia-Maria Țig machte Osaka am Sonntag ihre Ankündigung wahr. Die Veranstalter brummten der 23-Jährigen prompt eine 15.000-Dollar-Strafe auf und kündigten den Turnier-Ausschluss an, sollte Osaka bei ihrer Linie bleiben.
Nun zog die Weltranglisten-Zweite die Konsequenzen: Sofortiger Ausstieg aus den French Open. Bis auf weiteres wird Osaka auch keine weiteren Turniere bestreiten.
Seit ihrem Durchbruch - dem Sieg bei den US Open 2018 - kämpfe sie mit Depressionen, schreibt Osaka in einem Instagram- und Twitter-Posting, und sie leidet unter eine Sozialen Angststörung. "Ich würde die mentale Gesundheit niemals banalisieren oder den Begriff leichtfertig verwenden", so Osaka.
Gemischte Reaktionen
"Wer mich kennt, weiß, dass ich ein sehr introvertierter Mensch bin. Ich habe bei Turnieren oft großen Kopfhörer auf, wenn ich nicht spiele - weil mir das hilft, meine Soziale Angststörung zu kontrollieren." Aus dem Kreis der Spieler kamen sowohl unterstützende als auch negative Rückmeldungen.
Serena Williams etwa sagte: "Ich würde sie am liebsten umarmen, weil ich weiß, wie sie sich fühlt und ich fühle mit ihr. Man muss ihr zugestehen, die Dinge so anzugehen, wie sie sich am Wohlsten fühlt!" Anders sieht es Novak Djokovic: "Das ist nicht immer lustig, aber es ist Teil des Jobs!"
Djokovic selbst verließ nach seiner Disqualifikation bei den US Open 2020 übrigens schäumend die Anlage, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Das hat ihm 7.500 Dollar an Strafe gekostet.
Unfreiwillige Pointe vom Veranstalter
Das die Pressekonferenzen nach den Partien selten einen inhaltlichen Mehrwert bieten und die Blitz-Interviews auf dem Court direkt nach dem Matchball eher Entertainment als Informations-Vermittlung sind, sehen auch reflektierte Journalisten so. Dass die Kommunikation rein über Social Media aber auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann, spricht Thiem-Manager Herwig Straka an: "Das ist eine sehr einseitige Kommunikation!"
Für eine unfreiwillige Pointe sorgte jedenfalls Turnierdirektor Gilles Moretton. Er verkündete in einer Pressekonferenz ein Statement zu Osakas Rückzug - ließ danach aber keine Fragen zu.