Von faschistisch bis weit links: So ticken Fußballklubs
Rechts: S.S. Lazio
Die Bezeichnung "S.S." im Vereinsnamen steht zwar für "Società Sportiva" - also "Sportverein" - aber er passt auch in einer anderen Interpretation zur Gesinnung der Fans. Der harte Kern bezeichnet sich selbst als "offen und stolz faschistisch". Als sich letztes Jahr Neuzugang Elseid Hysaj mit der Gesangseinlage des linken Partisanen-Kampflieds "Bella Ciao" einführte, wurde er sogleich von den Lazio-Anhängern als "elender Wurm" bezeichnet.
Einen besonders innigen Platz im Herzen der Anhänger des hellblauen Teils der italienischen Hauptstadt – die bekannteste Gruppierung nennt sich "Irriducibili" – hat Stürmer Paolo di Canio. Er feierte seine Tore mitunter mit dem faschistischen Gruß in Richtung Kurve, so geschehen gegen das kommunistische Livorno und Stadtrivale Roma.
Links: FC St. Pauli
An anderen Ende des politischen Spektrums ist der Hamburger Stadtteil-Klub FC St. Pauli angesiedelt. Dessen Farbe ist zwar braun, aber die Gesinnung ist bunt.
"Kein Fußball den Faschisten" steht groß auf der Längstribüne im Millerntor-Stadion, "Kein Mensch ist illegal" auf der Tribüne hinter dem Tor. Der Klub und seine Fans stehen deutschlandweit für Weltoffenheit, man tritt gegen Sexismus, Rassismus und Homophobie ein, Ex-Vereinsboss Corny Littmann war der erste offen schwule Präsident eines Bundesliga-Klubs. Von Fans von der anderen politischen Seite, wie etwa von an Anhängern von Hansa Rostock oder Dynamo Dresden, wird der Verein daher auch als "St. Politik" beschimpft.
Rechts: Beitar Jerusalem
"Wir kommen, wir, die rassistischste Truppe im ganzen Land!" Das ist der Schlachtruf von "La Familia", der Ultra-Gruppierung des israelischen Erstligisten Beitar Jerusalem. Während anderen Klubs (und das Nationalteam) sich immer mehr öffnen und auch arabisch-stämmige Spieler in ihren Reihen haben, kommt das für die nationalistischen Beitar-Fans absolut nicht in Frage.
Als vor zwei Jahren ein Milliardär-Scheich aus Abu Dhabi einsteigen sollte, um den verschuldeten Verein mit 80 Millionen Euro zu stützen, hagelte es Morddrohungen gegen Präsident Mosche Hagag und dessen Familie – der Deal platzte. Der Grund für die finanziellen Engpässe? Die rassistischen Fans! Sponsoren distanzierten sich in den letzten Jahren zunehmend vom sechsfachen israelischen Meister (zuletzt 2008).
Links: Portland Timbers
Der Pacific Northwest, also der Nordwesten der USA, gilt als liberale Hochburg in Amerika, vor allem die Stadt Portland. Hier kam Donald Trump niemals über 18 Prozent – und die "Timbers Army", der harte Fan-Kern der Portland Timbers, sorgt für die wohl lautstärkste Stimmung der US-Profiliga MLS. Der Klub repräsentiert den in der Region außergewöhnlich populären Fußball, war 2015 Meister sowie 2018 und 2021 Vizemeister, ist also auch ein sportliches Schwergewicht.
Die Timbers Army unterstützt auch tatkräftig Initiativen zu sozialen Veränderungen wie "Black Lives Matter", Symbole wie antifaschistische Heraldik wurden von der Liga aber wegen Verstoßes gegen das Verbot von politischen Zeichen verboten. Die Replik der Timbers Army: "Sich gegen Faschismus, Rassismus und Sexismus einzusetzen, ist nicht politisch!"
Die Lage in Österreich
Hierzulande manifestieren sich die traditionellen weltanschaulichen Unterschiede zwischen den Fußballklubs, vor allem in den Städten, eher nach ständischen Gesichtspunkten. Sprich: Bürgerliche Klubs auf der einen Seite (LASK, GAK, Austria) und Arbeitervereine auf der anderen (VÖEST bzw. Blau-Weiß, Sturm Graz, Rapid).
Es gibt allerdings sehr wohl Vereine, deren ganze Identität bzw. zumindest jene der dominanten Fan-Gruppen sich im Laufe der Zeit immer mehr als links verstanden haben. Dazu gehören vor allem der Wiener Sportclub und die einstmals ausgesprochen bürgerliche Vienna (deren Duelle als "Derby of Love" vermarktet werden) oder auch der blau-weiße Teil von Linz. Die "Verrückten Köpfe", die dominante Fangruppe von Wacker Innsbruck, steht ebenfalls eher links.
Explizit rechte Vereine gibt es in Österreich in diesem Sinne nicht, vor allem die Austria kämpft aber seit langem mit dem Fanclub "Unsterblich", der recht eindeutig rechtsextrem ist. Die Austria, in ihren Wurzeln eigentlich ein jüdisch-bürgerlicher Klub, versucht sich von der Gruppe zu distanzieren, ganz los bekommt man sie aus dem Dunstkreis aber nicht. So wurde noch 2019 während des Derbys gegen Rapid eine Reichskriegsfahne gehisst.
Davon abgesehen gibt es bei zahlreichen Klubs einzelne Fans, die sich mehr oder weniger öffentlichkeitswirksam daneben benehmen: Nazi-Grüße vor jüdischen Gedenktafeln im Trikot eines OÖ-Klubs. Eine Neonazi-Fahne bei einem Klub in der Steiermark. Ein Unterliga-Spieler in Kärnten, der auf dem Feld den Hitlergruß zeigt.
Auf solche Symbolik wird hierzulande zu Recht äußerst allergisch reagiert.