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Die Algerierin Imane Khelif (in rot) schlägt die Italienerin Angela Carini im Achtelfinale des Boxkampfs der Frauen bis 66 kg während der Olympischen Spiele Paris 2024 in der North Paris Arena in Villepinte am 1. August 2024
Carini (rechts in blau) hat gegen Algeriens Imame Khelif nach 46 Sekunden aufgegeben.
Carini (rechts in blau) hat gegen Algeriens Imame Khelif nach 46 Sekunden aufgegeben.
MOHD RASFAN / AFP / picturedesk.com

Fairer Sport oder Farce? Mann prügelt Frau bei Olympia

02.08.2024 um 17:27, Anna Kirschbaum
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Olympia unter Beschuss: Eine "männliche" Boxerin gewinnt nach nur 46 Sekunden gegen eine Frau. Experten und Athleten fordern neue Regeln.

Es ist ein Kampf auf mehreren Ebenen, der die Olympischen Spiele erschüttert. Boxerin Imane Khelif, die bereits bei der Weltmeisterschaft wegen erhöhter Testosteronwerte disqualifiziert wurde, darf trotz männlicher Chromosomen bei den Olympia-Bewerben der Frauen antreten. Seither wird nicht nur in den hochkochenden Social Media-Debatten hitzig diskutiert: Ist das noch fairer Sport oder nur noch eine Farce?

Verzweiflung im Ring

Die Algerierin hat ihren Achtelfinalkampf gegen die Italienerin Angela Carini nach nur 46 Sekunden gewonnen. Nicht aber durch K.O.: Carini hat den Kampf gegen Khelif nach nur 46 Sekunden aus eigenen Stücken aufgegeben. Nachdem sie schwere Schläge auf die Nase einstecken musste, sah sie sich außerstande weiterzumachen. "Ich konnte nicht mehr atmen, der Schmerz war zu stark", so Carini weinend nach dem Kampf. Keine Handreichung nach dem Kampf, keine Fairness – nur Verzweiflung und Tränen im Ring. 

Umstrittene Teilnahme

Khelifs Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris ist über die Maßen umstritten. Die Algerien ist als Frau geboren, wuchs als Frau auf und ist auch in ihren offiziellen Papieren diese Zuschreibung. In ihrem Heimatland ist es verboten, sein Geschlecht zu ändern. Von einer Transgender-Boxerin kann damit keine Rede sein. Bei der Weltmeisterschaft im Vorjahr wurde die heute 25-Jährige aber disqualifiziert, weil sie nicht nur ein X und ein Y Chromosom aufweist, sondern ihre Testosteronwerte deutlich über den normalen Werten für Frauen lagen. Der IBA, der Internationale Box-Verband, hatte festgestellt, dass "Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen weiblichen Wettbewerbern". Die Entscheidung sei getroffen worden, um Fairness und Integrität des Wettkampfs zu wahren.

Das Internationales Olympisches Komitee –kurz IOC – hat sich dennoch dafür entschieden, Khelif für Olympia zuzulassen. Wie das IOC zu seiner anderslautenden Entscheidung gekommen ist, ist ein weiteres Problem in der Debatte. Bei Olympia herrschen andere Richtlinien, welche das sind, wird geheimgehalten. Auch Ergebnisse von Geschlechtstests werden nicht publiziert. "Sie wurde als Frau geboren, lebt als Frau, boxt als Frau und ist nach ihrem Pass eine Frau", begründet IOC-Sprecher Mark Adams auf Erklärungsdruck die Entscheidung. "Wissenschaftlich gesehen ist das kein Kampf eines Mannes gegen eine Frau", betonte Adams.

Heftige Reaktionen

Die Entscheidung des IOC hat über die Sportwelt hinaus heftige Reaktionen ausgelöst. "Dieser Kampf war unfair", hält Carinis Trainer Emanuele Renzini nach dem Aus seines Schützlings unumwunden fest. Selbst die italienische Regierung hat mittlerweile Stellung bezogen. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni: "Man muss in der Lage sein, auf gleicher Augenhöhe zu kämpfen. Das war kein Wettbewerb unter Gleichen."

Sportikonen wie die ehemalige Boxweltmeisterin Regina Halmich zeigen sich offen entsetzt. Auf Instagram schreibt sie: "Ich mache es kurz und knapp: Lasst diesen Scheiß!"

Kein einheitlicher Standard

In anderen Sportarten gibt es klare Regelungen, wie mit Athleten umzugehen ist, die erhöhte Testosteronwerte aufweisen. In der Leichtathletik müssen betroffene Athletinnen ihre Testosteronwerte medikamentös senken, um an Wettkämpfen teilnehmen zu dürfen. Im Boxen hingegen scheinen die Regeln weniger streng zu sein. Das IOC betont zwar, dass Khelif alle Teilnahme- und Zulassungsbestimmungen erfüllt habe, doch die Geheimhaltung der genauen Kriterien lässt Raum für Spekulationen und Unmut. 

 "Wissenschaftlich gesehen ist das kein Kampf eines Mannes gegen eine Frau", betont IOC-Sprecher Adams. Es gebe eben keine einfache Erklärung in dieser Frage. Ein Konsens existiere in der Geschlechterdebatte weder wissenschaftlich noch politisch. "Wenn ein gemeinsames Verständnis erreicht wird, wären wir die Ersten, die danach handeln würden", hält der IOC-Sprecher fest.

Höhere Schlagkraft

Der britische Arzt Brian Sutterer erklärt auf Youtube: "Es ist ein sehr kompliziertes Thema. Frauen haben normalerweise zwei X-Chromosomen, Männer ein X- und ein Y-Chromosom. Doch es gibt Ausnahmen." Ein Konsens in der Definition wäre aber nicht nur aufgrund sportlicher Fairness notwendig. In einzelnen Disziplinen geht es auch um die Sicherheit der Athletinnen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die durchschnittliche Schlagkraft bei Männern, die die männliche Pubertät durchlaufen haben, im Vergleich zu Frauen um 162 Prozent höher ist. 


 

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