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Alljährlich gibt Mariah Carey in New York ihren Weihnachtshit "All I Want For Christmas" zum Besten
Alljährlich gibt Mariah Carey in New York ihren Weihnachtshit "All I Want For Christmas" zum Besten
Sonia Moskowitz/Zuma/picturedesk.com

5 Stars: Reich allein durch Weihnachtshits

25.12.2024 um 09:45, Gert Damberger
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Wer es schafft, einen Ohrwurm wie "Last Christmas" zu komponieren, hat ausgesorgt. Und auch für die Erben sprudelt die Geldquelle munter weiter – 70 Jahre lang.

Viele lieben ihn, viele hassen ihn. Wer ihn einmal hört, dem brennt er sich ins Gehirn ein wie ein Milchrest auf dem heißen Cerankochfeld. Der Song "Last Christmas I gave you my heart, but the very next day …" handelt von einem Minidrama rund um eine Kurzzeitromanze in einem Wintersportort. Komponiert und getextet wurde der Hit von George Michael, Gründer des Duos "Wham!" im Jahr 1984. Das im selben Jahr im schweizerischen Saas-Fee gedrehte offizielle Video ist heute Kult und wirkt mit seinen kantigen Autos und Föhnfrisuren wie eine Zeitkapsel aus den Jugendjahren von MTV. Auf YouTube wurde es bis dato über 454 Millionen Mal angeklickt.

"Last Christmas"-Alleinverdiener

Auch wenn George Michael, der vor drei Jahren (zu Weihnachten) verstorben ist, viele andere Hits geschaffen hat, an keinem hat er so gut verdient wie an "Last Christmas". Weil er sowohl Musik als auch Text geschrieben hatte, gab es nichts mit "Wham!"-Partner Andrew Ridgeley zu teilen. Zwei Jahre nach Erscheinen des Hits ging das Duo jedenfalls auseinander. An die 100 Millionen Tonträger hat George Michael verkauft, welchen Anteil "Last Christmas" daran hatte, verrät sein Musikverlag nicht. Aber der ganz große Reibach kommt ohnehin mit "Airtime" herein – mit dem Radio. Jedes Mal, wenn die unverkennbaren vier Minuten 27 Sekunden irgendwo auf der Welt analog oder digital übertragen werden, wird ein Obolus an die nationale Verwertungsgesellschaft (in Österreich ist das die AKM) fällig.

AKM-Gebühren

Die hält auch dann die Hand auf, wenn der Song als Klingelton, in der Telefonwarteschleife, im Flughafen-WC oder im Supermarkt zu hören ist. Auch wenn eine der unzähligen Cover-Versionen ertönt und sogar dann, wenn in einem "Tatort" nur einige Sekunden lang das Lied in einem Radio dudelt, wird eine Gebühr fällig. Je nach Medium, Tageszeit und Reichweite liegt die Nutzungsgebühr zwischen einigen Cent bis zu rund zehn Euro pro Lied, in jedem Fall läppert es sich ­zusammen. Geschätzte neun Millionen Euro pro Jahr brachte "Last Christmas" an Tantiemen ein, was sich bis zu Michaels Tod im Jahr 2016 immerhin auf 306 Millionen Euro summierte.

Hochsaison für Kulturindustrie

Weihnachten ist Hochsaison für die Kulturindustrie. Nie während des ganzen Jahres werden so viele Bücher, Filme und Musik verkauft und downgeloadet wie in den Wochen vor dem Fest. Während der kalorienschwangeren Feiertage wird der Me­dienkonsument romantisch, schwelgt gern in Filmerinnerungen und bevorzugt die leichte Kost, denn schließlich sitzt ja auch der Nachwuchs mit am Sofa. Also nicht "Das Schweigen der Lämmer", sondern "Kevin – Allein zu Haus", "Schlaflos in Seattle", oder "Tatsächlich … Liebe".

Weihnachtsklassiker im TV

Eine wunderbare Zeit für Medienkonzerne und Verleihfirmen, mit den "Weihnachtsklassikern" Resteverwertung zu betreiben. Ob die nun in der DVD-Wühlkiste landen, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesendet oder auf Netflix gestreamt werden, vielfach handelt es sich um Altbewährtes aus dem Archiv. Jedes Land hat seine spezifischen Weihnachtsfilme. In England ist das etwa der Zeichentrickfilm "The Snowman", in Norwegen liebt man "Dinner for One", in Schweden sieht man sich gerne Disney-Klassiker an und bei uns wird alle Jahre wieder die ­"Sissi"-Trilogie gezeigt, ebenso wie "Single Bells", "O Palmenbaum" oder die "Mundl"-Weihnachtsfolge.

Keine Ansprüche

Auch die "Pippi Langstrumpf"-Filme landen gerne im Weihnachtsprogramm. Ausgerechnet an den fröhlich-anarchischen Astrid Lindgren-Verfilmungen werden auch die Schattenseiten der Filmverwertung offenbar. Zwar werden Regisseuren, Drehbuchautoren und Schauspielern per Gesetz Urheberrechte am Film zugesprochen, aber meistens werden ihnen diese Ansprüche von der Produktionsfirma oder dem produzierenden Sender mit der Gage abgekauft. Was sie natürlich von einer Umsatzbeteiligung ausschließt. So verdienen die ehemaligen Kinderstars Inger Nilsson (Pippi), Maria Persson (Annika) und Pär Sundberg (Tommy) rein gar nichts daran, dass die Pippi-­Filme seit fast 50 Jahren ungezählte Male über die TV-Schirme flimmerten.

Schlecht ausgestiegen

Am schlechtesten hat es die heute 60-jährige Annika-Darstellerin Maria Persson getroffen. Als Schauspielerin konnte sie nach ihrer Kinderrolle, mit der sie mit umgerechnet 2.000 Euro abgespeist worden war, nie Fuß fassen. Persson wurde zunächst Krankenschwester und führte später auch zusammen mit ihrem Mann eine Bar in Palma de Mallorca. Seit 2012 leidet sie an einer Arthrose und kann ihrem letzten Job als Altenpflegerin nicht mehr nachgehen. Pippi Langstrumpf-Fans starteten eine Crowdfunding-Kampagne, um den drei Hauptdarstellern – auch die beiden anderen sind nicht unbedingt auf der Butterseite des Lebens gelandet – je 10.000 Euro zukommen zu lassen. In einem Filmhit als Hauptdarsteller mitzuwirken muss also nicht unbedingt einträglich sein.

Fixes Einkommen

Als Komponist einen Hit zu schreiben ist in jedem Fall lukrativ. Das Optimum ist es, einen Weihnachtshit zu landen, da rattert der Tan­tiemenzähler pünktlich im Dezember los. Mariah Carey hat mit "All I want for Christmas" (1994) einen Goldesel in die Welt gesetzt, der ihr geschätzte 470.000 Euro pro Jahr einbringt.

Chris Rea ("Driving Home for Christmas") besang 1986 erstmals einen im Weihnachtsstau stehenden Mann. Der Song entwickelte sich zum Hitlisten-Spätzünder und wirft heute noch immer 235.000 Euro pro Jahr ab.

Auch Paul McCartney muss sich alleine wegen "Wonderful Christmas Time" (1979) keine Sorgen um die Finanzierung seiner Arthrose-Operationen machen. Über 300.000 Euro bringt ihm der Hit jede Saison ein.

Sieben Jahrzehnte Cash

Auch die zukünftigen Erben von Sir Paul werden noch daran verdienen – 70 Jahre lang. So lange nach dem Tod des Komponisten und des Textdichters und 50 Jahre nach dem Dahinscheiden des Interpreten müssen die Tantiemen fließen, das legt das moderne Urheberrecht fest. "Last Christmas" wirft also noch bis Weihnachten 2086 jedes Jahr ein rundes Sümmchen ab. Vorausgesetzt natürlich, die Fans des adretten Klingeling-Sounds sterben nicht aus. Aber das ist nicht zu erwarten, auch nach 35 Jahren Weihnachten mit "Wham!" zeichnen sich noch keine Ermüdungserscheinungen ab. Die Föhnfrisur hält.

Die Top 5 Weihnachtsverdiener

  1. Last Christmas, Wham!
  2. Do They Know It’s Christmas? Band Aid
  3. Merry Xmas Everybody, Slade
  4. All I Want For Christmas Is You, Mariah Carey
  5. Driving Home for Christmas, Chris Rea

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