Paul Pfleger: "Die Fußstapfen meines Vaters gibt es nicht"
weekend: Dein Vater ist Opus-Legende Ewald Pfleger. Ist das ein Fluch oder Segen?
Paul Pfleger: Absoluter Segen. Aber als Sohn von jemandem, der im Musikbereich viel gemacht hat, bekommt man einerseits viel mehr Aufmerksamkeit als einem gebührt, und wird andererseits nicht ernst genommen. Unter dem Strich habe ich mich wahrscheinlich mehr emanzipieren müssen. Aber diese Anfangsphase als Musiker liegt schon lange hinter mir und ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu meinem Vater. Und mittlerweile genieße ich es sogar, Tipps von ihm zu bekommen (lacht).
weekend: War da also nie ein Erwartungsdruck?
Paul Pfleger: Sicher und er ist noch immer da. Aber den hat man doch bei jeder Sache, die man gerne und gut machen möchte. Mit dem Familiären kann ich gut umgehen, der Druck kommt eigentlich auch eher von außen.
weekend: Hast du das Bedürfnis, in die Fußstapfen deines Vaters zu treten?
Paul Pfleger: Naja, das ist gar nicht möglich. Es gibt die Fußstapfen nicht, weil man es nicht vergleichen kann. Aber in dem Sinne, dass ich Musiker bin, habe ich mich bereits in die Fußstapfen begeben.
weekend: Und was sagt dein Vater zu deiner Musik?
Paul Pfleger: Er findet einige Sachen sehr gut und würde einige Sachen ganz anders machen. Das beruht aber auf Gegenseitigkeit und das finde ich sehr gut. Schließlich möchte ich Dinge nicht wiederholen. Es wäre doch langweilig, zu versuchen, so zu klingen wie andere Musiker.
weekend: Apropos: Musiktechnisch wandelst du jetzt, nach zwei Bands, auf Solopfaden. Mit "You Got Me" und "Onemanshow" hast du bereits zwei Songs unter "Paul & Pets" veröffentlicht. Was inspiriert dich?
Paul Pfleger: "Onemanshow" stellt quasi meine derzeitige Situation dar: ein Typ mit einem Instrument. Das Alleinsein wird thematisiert. Zu "You Got Me" hat mich das Streichespielen inspiriert. Man spielt einen Streich und dann kommt der Vergeltungsschlag.
weekend: Zum Thema Alleinsein: Greifst du da auch Corona auf?
Paul Pfleger: Schon ja, aber die Nummer ist vor Corona entstanden. Und das Thema passt super zu unserer Zeit. Viele tun sich schwer, einen richtigen Umgang mit den Parallelrealitäten auf Social Media zu finden. Es ist ein Spagat zwischen Kontaktfindung und Selbstdarstellung. Viele spielen damit und das kann befremdlich sein und stressen. Ich für meinen Teil möchte niemals ein Influencer sein. Das würde mich wirklich fertig machen.
weekend: Ist Social Media also etwas Schlechtes?
Paul Pfleger: Nein, weil die Tools grandios sind! Aber es kann schnell zum Fluch werden! Social Media hat Suchtpotenzial und man kann schnell in diese Parallelwelt abdriften. Da scrolle ich fünf Minuten und plötzlich sind 25 vergangen. Wenn man das jeden Tag macht, ist das gefährlich.
weekend: Last but not least: Dein Solo-Album erscheint im Juni und auf Tape. Spotify hat klassische Tonträger schon längst hinter sich gelassen, Alben sind kaum noch zeitgemäß. Ist eine Kassette nicht ein großes Risiko?
Paul Pfleger: Rein von der Pragmatik her ist es begrenzt sinnvoll, das stimmt. Schon alleine, weil kaum jemand die Möglichkeit hat, eine Kassette abzuspielen. Aber ich habe die Liebe zum Tape für mich und meine Musik entdeckt. Und die Kassette ist ebenso eine Wiederentdeckung, nur mit weniger Hype als die Schallplatte.
weekend: Glaubst du, dass die Kassette die neue Schallplatte werden könnte?
Paul Pfleger: Nein, aber das liegt daran, dass die Kassette nischiger ist und vom Klang her weitaus begrenzter. Sie rauscht und das kann durchaus charmant sein. Aber bei aller Liebe zum Analogen – es gibt Arten von Musik, wo das hinderlich wäre.